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Die Gefährtin des Medicus

Die Gefährtin des Medicus

Titel: Die Gefährtin des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Nacken und ihre Knie schmerzten. IhreHaut kribbelte, als sie aufstand und sich streckte. Sie hatte kein Gefühl für die Zeit, die vergangen war, gewahrte nur, dass die Sonne nicht mehr so hoch am Himmel stand.
    Wenn es um einfache Nähte ging, um Säfte gegen Fieber oder Salben für Abszesse, hatte ihr Emy kaum etwas voraus. Dieses Rezept freilich, das er ihr nun kundtat, kannte sie noch nicht. Man müsse Wegerich und Sellerie mit etwas Harz und geschmolzenem Wachs vermischen und dann Pistazienkerne hinzufügen, ehe ein Stück Leinen in jene Paste getaucht wurde, erklärte er ihr.
    Als das Pflaster fertig war, begnügte sich Aurel nicht damit. »Wir müssen nicht nur seine Wunde behandeln, wir müssen ihn von innen stärken. Bereitet ihm einen Trank!«
    Emy fragte nicht nach, welchen er wünschte, sondern schien es von allein zu wissen. Er fertigte den Wundtrank, indem er eine Unze frischen Zimt und eine halbe Unze frischen Ingwer und Paprikapulver, Galgant und Kardamom, Gewürznelken und schwarzen Pfeffer zerrieb, um zuletzt Wein unter die Zutaten zu mischen.
    »Mach Feuer!«, hieß er Alaïs.
    Er erhitzte die Mischung, bis kleine Bläschen entstanden, gab den Rest des Pulvers hinzu, den er zunächst noch übrig gelassen hatte, und rührte noch etwas Wein hinein.
    »Eigentlich gehört noch Honig dazu … aber den haben wir eben nicht«, erklärte er.
    Er ließ die Masse so lange kochen, bis eine klebrige Paste entstand.
    »Wenn er tatsächlich genesen sollte, können wir ihm später noch ein anderes Pulver machen«, sprach er, »aus Nelkenwurz, Baldrian und Enzian, dazu ein wenig Habichtskraut. Auch das stärkt den Kranken.«
    Emy reichte Alaïs den Becher. Der Verwundete schlief noch immer benebelt vom Schlafschwamm.
    »Soll ich … Soll ich versuchen, ihm den Trank einzuträufeln?«, fragte sie.
    Aurel verzog nachdenklich die Stirn. »Schlaf ist eines der besten Heilmittel. Doch er allein wird nicht reichen … Wir wecken ihn also auf, damit er etwas von dem Trunk nehmen kann.«
    Der Wirkung des Schlafschwamms war nicht beizukommen, indem man den Ohnmächtigen rüttelte, ihm kaltes Wasser ins Gesicht oder in den Nacken träufelte. Stattdessen nahm Aurel ein Stück Baumwolle, tränkte es mit einem Sud von Fenchel, etwas Essig und Baumöl und schob sie dem Mann direkt in die Nase. Eine Weile röchelte er, ehe er mit dem Mund nach frischer Luft schnappte. Nur einen winzigen Spalt weit öffneten sich die Lider. Seine Augen tränten, ihre Farbe schien wie verwässert, sein Blick war so leer wie der eines Betrunkenen. Ob dies allein auf die Wirkung des Schlafschwamms zurückzuführen war?, fragte sich Alaïs. Oder ob das Herumwerken an seinem Kopf dazu geführt hatte, dass er sämtlichen Verstandes verlustig gegangen war?
    Noch ließ sich nicht überprüfen, ob er jemals wieder ein vernünftiges Wort würde sagen können. Schwer genug war es, ihm ein paar Tropfen des Trankes einzuflößen. Er wehrte sich nicht, als sie den Becher an seine ausgedörrten Lippen setzte, doch anstatt zu schlucken, hustete er und spuckte zunächst alles wieder aus. Als der Becher endlich geleert war, war sie sich sicher, dass mindestens die Hälfte des Inhalts im Boden und in der Kleidung versickert war.
    Aurel war indes nun auch aufgestanden. Er ging jedoch so forsch auf die Umstehenden zu, dass es nicht den Eindruck machte, als hätten auch seine Glieder unter der angespannten Arbeit gelitten.
    »Zwei oder drei von euch müssen ihn unter strenger Aufsicht halten«, gab er seine Anweisungen. »Die nächsten drei Tage ist nichts anderes angeraten als dieser Trank. Danach darf er wieder Kost zu sich nehmen, aber nur leichte, versteht ihr?«
    Die Männer wichen etwas zurück, senkten ihren Blick. »Brot darf er essen, aber nur aus Weizenmehl, und es darf weder zu frisch gebacken noch zu hart sein. Hühner und Kapaunen, Ziegen und sämtliche Wiesenvögel mit schmalem Schnabel darf er essen, auch Hühnereier, die in ihren Schalen gekocht wurden.Aber die Kruste vom Fleisch muss entfernt werden, und er sollte nur zweimal etwas essen, am Morgen und am Abend.«
    Alaïs hatte nicht den Eindruck, dass sich in den verschlossenen, immer noch misstrauischen Mienen Verständnis abzeichnete. Auch sie konnte sich den Unglücklichen nur schwerlich essend vorstellen, hielt es für ein Wunder, wenn er überhaupt bis zum nächsten Tag überlebte.
    Doch Aurel fuhr fort: »Haltet alles von ihm fern, was schwer verdaulich ist, dicke Erbsensuppe, Mandelcreme oder

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