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Die Gefährtin des Medicus

Die Gefährtin des Medicus

Titel: Die Gefährtin des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Getreidebrei. Und zu trinken gebt ihm Wein, aber nicht den starken von Auxerre oder Montpellier … Ach ja, und wenn die Wunde sich entzündet, so spült den ganzen Kopf mit warmem Essig und Rosenöl.«
    Forsch blickte er sie an, doch die Männer wichen immer weiter zurück.
    »Wir müssen uns um ihn kümmern?«, fragte schließlich einer und schauderte sichtlich. Dass der Mann immer noch lebte, mochte zwar ihr Misstrauen vor ihm zerstreut haben – unheimlich war ihnen die Sache trotzdem.
    »Von einem Verletzten gehen giftige Dämpfe aus!«, erklärte ein anderer erschrocken.
    »Was ist, wenn er nicht mehr richtig im Kopf ist und den bösen Blick hat?«
    »Ja genau!«, wurde ihm zugestimmt. »Seine Seele mag im Zustand tiefer Ohnmacht von einem Teufel entführt worden sein, und statt ihrer wohnt nun ein Dämon in seiner Brust.«
    »Was für ein Unsinn!«, gab Aurel zurück, und fragte erneut, als genügte jener knappe Ausruf, um sämtliches Unbehagen zu zerstreuen: »Also, wer kümmert sich um ihn?«
    Die Männer schwiegen, scharrten mit den Füßen, duckten sich. Manch einer warf einen verstohlenen Blick zu dem Verwundeten, der wieder reglos schlief.
    »Ich werde dafür Sorge tragen«, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihnen. »Und als Dank, dass Ihr einen meiner Männer gerettet habt, gewährt mir die Gunst, dass ihr meine Gäste seid.«

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XI. Kapitel
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    Alaïs wusste nicht, ob der Mann eben erst zu ihnen getreten war oder die ganze Zeit die komplizierte Operation verfolgt hatte. In seinem Gesicht standen nicht der Ekel und das Unbehagen der anderen geschrieben, sondern ehrlicher Respekt. Ein anerkennendes Lächeln umspielte seine Lippen – doch es erreichte die Augen nicht. Jene wirkten wach, aber zugleich kalt. Die spitze Nase verstärkte den Eindruck einer gewissen Rohheit. Doch glichen die harten Züge auch denen eines einfachen Mannes, der täglich um sein Brot zu kämpfen hat, so kündete das Gewand des Fremden von ganz anderem – nämlich von Eleganz und Reichtum, wie ihn Alaïs niemals zuvor in ihrem Leben gesehen hatte. Selbst der Comte de Robessard, bislang der ranghöchste Mensch, den sie getroffen hatte, war nicht so erlesen gekleidet gewesen.
    Der Mann trug fast unanständig enge Beinkleider, durch die sich nicht nur jeder seiner Muskeln abzeichnete, sondern auch sein Geschlecht. Sie glitzerten, als wären sie mit goldenen Fäden durchwirkt. Die Tunika darüber war von durchdringendem Purpur und viel sauberer, als man es von der Kleidung eines reisenden Mannes erwarten konnte: Kein Fleck verunreinigte sie, kein Riss ging durch den Stoff. Auf dem Kopf trug er eine Mütze, wie sie Alaïs noch nie gesehen hatte – ein sonderbares Gebilde aus mehreren Stoffballen, das sich bei genauem Betrachten als Mütze mit einem langen Zipfel herausstellte, der jedoch zusammengerollt war. Am auffälligsten war sein breiter, gleichfalls golden glänzender Gürtel, an dem ein großer Dolch und eine ebenso große Geldbörse befestigt waren. Fortwährend spieltendie Hände des Mannes entweder mit dem einen oder mit dem anderen. Auch später sah Alaïs seine Finger niemals ruhig stehen, stets schien er sich vergewissern zu wollen, dass er reich war – und dass er eine Waffe besaß, um diesen Reichtum, wenn nötig, bis aufs Blut zu verteidigen.
    »Also«, wiederholte er eben, »ich trage Sorge dafür, dass sich jemand des Unglückseligen annimmt. Seid Ihr mein Gast?«
    Aurel schien sich nicht sicher zu sein, was von dem Mann zu halten war. Anstatt zu antworten, beugte er sich wieder über den Verwundeten. Alaïs indes trat unauffällig zu Emy. »Siehst du die sonderbare Mütze?«, murmelte sie.
    »Wahrscheinlich stammt er nicht von hier. Und in fremden Ländern gibt es wohl eine andere Tracht …«
    Gleichwohl sie leise gesprochen hatten, hatte der Fremde sie gehört. Er musste die Ohren eines Luchses haben.
    Wieder grinste er – diesmal nicht anerkennend, sondern etwas abfällig.
    »Das ist richtig«, erklärte er. »Ich bin nicht von hier. Ich bin ein Kaufmann aus Florenz.«
    Alaïs hatte den Namen dieser Stadt noch nicht gehört. Er klang nicht so, als befände sich diese hier in der Provence.
    Auch in Aureis Blick breitete sich keinerlei Verständnis aus, ein Zeichen, dass es in der besagten Stadt keine medizinische Fakultät gab, die sein Interesse köderte.
    Das abfällige Grinsen des Kaufmanns verstärkte sich. »Ihr scheint nicht viel von der Welt zu wissen«, deutete er ihre unbeeindruckten

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