Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gefährtin des Medicus

Die Gefährtin des Medicus

Titel: Die Gefährtin des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
Vom Netzwerk:
verändert hat unter dem neuen Papst. Früher soll es zwei Küchen gegeben haben, aber er hat sie zu dieser einen neuen vereinigt, zur
Coquina nova.«
    »Und was geht mich das an?«, schnaubte Alaïs.
    Eben noch hatte sie das Essen verschmäht, doch nun griff sie gierig nach dem Lederbeutel und zog ihn an sich. Das Erste, auf das ihre Hände stießen, war eine rot glänzende Wurst. So verführerisch duftete sie, dass sie sofort hineinbiss. Sie konnte sich trotz ihrer schlechten Laune einen Ausruf der Begeisterung nicht verkneifen, so würzig schmeckte sie.
    »Sie ist aus reinem Schweinefleisch gemacht!«, sagte Emy begeistert.
    Derlei Verschwendung war ihr fremd. Die Würste, die sie kannte, hatten immer auch aus Hammelfleisch bestanden – undaus Gedärmen. Doch dieses Fleisch hier war rosig und weich und quoll ihr saftig und salzig aus der Haut entgegen.
    »Die Schweine kommen nicht von hier. Sie werden in Genua gezüchtet, nur für den Gebrauch des Papstes. Was für eine Verschwendung!«
    Es klang bewundernd, nicht verächtlich.
    Alaïs steckte den letzten Rest der Wurst in den Mund und kramte weiter in dem Beutel. Emy hatte ihr auch etwas Speck mitgebracht mit einer dicken, glänzenden Fettschwarte, desgleichen Früchte – und eine klebrige Masse.
    Rasch zog sie den Finger zurück. »Was ist denn das?«
    Es fühlte sich ekelhaft an, aber zumindest roch es gut. Ehe er ihr Antwort gab, leckte sie vorsichtig an ihren Fingern. Wieder entfuhr ihr ein begeisterter Laut.
    »Das ist Zuckerkonfekt, das man in Rosen – und Fenchelwasser eingelegt hat. Auch daran wird nicht gespart.«
    Sie aß den Lederbeutel bis zum letzten Krümel leer, und während der ganzen Zeit erzählte Emy ausführlich, was er gesehen, gehört, erlebt hatte, wie es im Papstpalast aussah und welche Menschen dort lebten. Nur das Wichtigste sagte er nicht.
    Solange sie mit dem Essen beschäftigt war, dachte sie selbst nicht daran. Doch als sie nichts Nahrhaftes mehr im Lederbeutel fand, fragte sie ungeduldig: »Und nun? Wie geht es nun weiter? Wo ist dein verfluchter Bruder? Er sollte doch schon längst …«
    Sie brach ab. Ihr war nicht entgangen, dass Emy rasch den Blick senkte. Sie wusste es zu deuten, noch ehe er auch nur ein Wort sagen konnte.
    »Wie?«, entfuhr es ihr. »Sag bloß, er ist noch länger Gast des Papstes! Ihm kann diese enge, dreckige, laute Stadt unmöglich gefallen!«
    Genau genommen hätte sie ihr selbst sehr gut gefallen und sie hätte sie als bunt, erregend und als Hort von Abenteuern empfunden, wäre nicht der erste Ort, den sie genauer hatte kennenlernen müssen, eine Küche gewesen.
    Emy senkte den Kopf noch tiefer. »Der gestrige Abend … warihm ganz angenehm … Und darum hat er beschlossen, vorerst hier …«
    Er kam nicht weiter. Alaïs war aufgesprungen und hatte die Hände zu Fäusten geballt. Der Lederbeutel war ihr von den Knien gerutscht. »Was redest du da?«, entfuhr es ihr. »Sag mir nicht, dass er … dass er hierbleiben will! Avignon war nur als kurze Zwischenstation gedacht! Aurel wollte doch Giacinto begleiten, auch nach Florenz!«
    Emy zuckte hilflos mit den Schultern, bekundend, dass Aurel die Pläne umgeworfen hatte, nicht er. »Ich fürchte, es hat sich seit gestern einiges geändert«, gestand er kleinlaut. »Er … Er hat den Papst für sich eingenommen. Frag mich nicht wie … er war klug genug, nur von Operationen zu sprechen, die er gerne durchführen würde, nicht von Leichen, die aufzuschneiden ihn nicht minder interessieren würde. In jedem Fall …«, er stockte. »In jedem Fall hat der Papst ihm angeboten, ihn in den Kreis seiner Leibärzte aufzunehmen.«
    »Leibarzt des Papstes?«, rief Alaïs schrill. »Lieber Himmel, was will Aurel denn bei diesem alten Mann?«
    Emy lächelte flüchtig. »Der alte Mann ist das Oberhaupt der Christenheit.«
    »Sei's drum! Er hatte doch nur diese lächerliche Wunde am Arm! Wenn sie verheilt ist, kann Aurel nichts mehr für ihn tun.«
    »Der Papst ist ein Mann des Verstandes. Aureis Dreistigkeit mag ihn abstoßen, nicht aber dessen Wissen und kluge überlegungen. Offenbar hat er einst die Juristerei studiert – mit nicht geringerem Ehrgeiz als Aurel die Medizin. Und … und du kannst dir nicht vorstellen, welches Gehalt ihm geboten wurde: ganze fünf Livres und fünfzehn Sous für ein Jahr.«
    Alaïs glaubte vor Wut zu ersticken. »Seit wann schert sich Aurel ums Geld?«, schrie sie. »Darum hat er sich doch noch nie gekümmert! Wie kann er eine Entscheidung

Weitere Kostenlose Bücher