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Die Gefährtin des Medicus

Die Gefährtin des Medicus

Titel: Die Gefährtin des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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des
Apothecarius
Iaquetus Melioris, der eben für sich beanspruchte, dass er und nicht etwa der Kerzenmeister das Wachs zu verwalten hätte, genauso im Übrigen wie den Honig, fiel dessen Blick auf sie. Er schien nicht mehr zu wissen, dass sie zu Aurel gehörte; es zählte einzig, dass sie eine Frau war – und als solche hier nichts zu suchen hatte.
    »Wie kannst du es wagen, auch nur in die Nähe des Palastes zu kommen?«, rief er mit zittriger Stimme. Alle anderen wandten sich ihr zu: der Edelknappe, die Ritter, der beleidigte Kerzenmeister. Sie alle stießen, ob dieses Ausmaßes an Respektlosigkeit, ein empörtes Schnaufen aus.
    Es stimmte Alaïs nicht verlegen, nur wütend. »Ich wäre gernewoanders«, rief sie unbedacht. »Das könnt Ihr mir glauben! Aber ich muss zu Aurel Autard.«
    Der Edelknappe verbiss sich ein Grinsen. Der Kerzenmeister hingegen nutzte den Augenblick, da er unbeobachtet war, und steckte rasch etwas aus dessen Lade ein – vielleicht war es jener Teil des Wachses, auf den er Anspruch erhoben hatte und den man ihm verweigerte. Der
Apothecarius
hingegen grummelte bitter: »Diesen Namen hab ich schon gestern entschieden zu oft gehört. Also halt’s Maul und verschwinde.«
    Alaïs machte keine Anstalten zu gehen. »Ich will doch nur …«
    Doch schon folgte einer der Ritter einem unausgesprochenen Befehl und trat träge auf sie zu. Noch gab er ihr die Chance, freiwillig von dannen zu ziehen, doch er ließ keinen Zweifel, dass er sie notfalls packen und vom Hof schleifen würde. Ehe sich Alaïs fügte und ehe der Mann Gewalt anwandte, war mit einem Mal eine schwache Stimme zu hören: »Tut ihr nichts! Sie … Sie gehört zu mir.«
    Der
Apothecarius
schnaubte unwillig und verdrehte seine Augen.
    Es war Emy.

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XIV. Kapitel
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    Er verzichtete auf ein Wort des Grußes, packte sie nur am Arm und zog sie mit sich, bis sie den Hof verlassen hatten und vor einer Mauer stehen blieben.
    »Komm, schnell fort!«, rief er. »Hier sind Frauen nicht geduldet!«
    Sie riss sich los. »Denkst du, das hätte ich nicht hinlänglich selbst herausgefunden?«
    Emy entging ihr gereizter Tonfall nicht. Verlegen senkte er den Blick. »Es tut mir leid«, murmelte er.
    »Was?«, fauchte sie. Zu viel Ungemach hatte sie in den letzten Tagen getroffen, um nun zu wissen, welches davon er meinte.
    »Dass wir uns gestern nicht ausreichend darum gekümmert haben, was mit dir geschah«, sagte er rasch.
    Er klang ehrlich bedauernd, aber Aläis schüttelte abweisend den Kopf. Die Wahrheit war doch: Aurel hatte sich nicht um sie geschert, Emy wäre hingegen durchaus dazu bereit gewesen. Im Zweifelsfalle hatte sich freilich seine Angst, der Bruder könnte im Gefolge des Papstes unliebsam auffallen, als größer erwiesen, als die Sorge, was ihr bei Giacinto Navale widerfahren konnte.
    Er hob – als tauge dies zur Versöhnung mehr als sämtliche Worte – seinen Ledersack. »Hier!«, sagte er stolz. »Du weißt doch, dass der Papst uns gestern zum Abendmahl eingeladen hat, und ich habe das von der Tafel mitgenommen.«
    Alaïs wollte sich davon nicht ruhig stellen lassen. Sie rümpfte die Nase, anstatt in der Tiefe des Beutels zu wühlen, obgleich ihrMagen weiterhin vor Hunger knurrte, »'s ist sicher eine Sünde, den Papst zu bestehlen!«, erklärte sie spitz.
    »Aber hier gibt es alles im überfluss!«, rief Emy beeindruckt aus. »Du kannst dir nicht denken, wie groß die Küche ist.«
    »An Küchen mag ich gar nicht denken.« Ihr Rücken schmerzte, wenn sie sich die Schufterei vom Vortag vor Augen hielt.
    Doch Emy war trotz seines schlechten Gewissens nicht davon abzubringen, fortzufahren: »Die Mauer, die sie von den Nachbarräumen trennt, ist ungeheuer dick. Und die hölzernen Pfähle erst, die sie stützen! Und das Brot und der Wein werden nicht etwa dort gelagert – nein, es gibt eigene Räume dafür. Denk dir das! Ein ganzer Raum nur für den Wein!«
    Er deutete in Richtung des Gemäuers. »Siehst du jenen Turm? Dort schläft der Papst. Im Erdgeschoss ist ein großer Saal für die Festmähler und darunter der Keller für den Wein.«
    Er beugte sich vor, um noch weiter in die Richtung zeigen zu können. »Dort sind die Latrinen, und von der Küche führt ein eigener Abfluss dorthin! Stell dir nur vor, man muss das schmutzige Wasser und den Unrat nur hineinkippen, dann fließt alles von selbst fort. Man sagte mir, das sei alles ganz neu. Erst vor zwei, drei Jahren wurde der Abfluss errichtet, so wie sich auch manch anderes

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