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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Kranken­lager befand; auch ein Trüppchen Vaganten hielt sich dort seit zwei Monaten auf. Und ein Mann, der sich Magister Hagan nannte, zusammen mit einem ungeratenen Mädchen namens Melle, das seine Tochter zu sein schien. Und die Gastwirtin rief man Laure.
    »Laure!«, schnaubte die Mater Dolorosa. »Nach einer Laure schrie er, als die Pein zu groß wurde.«
    »Sieh an. Dann wissen wir ja, wo er sich aufhält.«
    »Nein, das wissen wir nicht. Ich glaube kaum, dass er es bis dorthin zurückgeschafft hat.«
    »Das wird sich zeigen. Auf jeden Fall finden wir dort zwei Faustpfänder: eine Geliebte und eine Tochter.«
    »Mhm, ja.«
    »Mit Verlaub, hochwürdigster Herr«, sagte die Dirne, und Gunnar wandte sich ihr zu. »Die Wirtin braucht Mägde. Sie hat sogar eine stumme Magd aufgenommen, eine Martine ohne Zunge. Es wäre …«
    »Martine? Ohne Zunge?«
    Die Mater Dolorosa wäre trotz ihres großen Gewichts fast aus dem Sessel aufgefahren. »Diese verdammte Ver­räterin hat überlebt?«
    Diesmal war es Gunnar, der ruhig blieb. In die Angelegenheiten des Konvents mischte er sich nicht ein, die Oberin hatte ihre eigenen, sehr nütz­lichen Methoden, sie zu regeln. Immerhin hatte auch sie nun einen Grund, dort Untersuchungen anzustellen.
    »Mägde. Gut. Dich aber wird sie nicht mehr aufnehmen, denke ich. Aber versuchen wir es mit einem fleißigen Knecht.«
    »Es wird ein Gast reichen, der ein, zwei Tage dort bleibt.«
    »Stimmt auch wieder. Ich sehe drauf.«
    »Und dann?«
    »Dann wird der Tag des Zornes anbrechen, Mater Dolorosa.«

38. Heidentorten
    In den Fieberträumen kehrte alles zurück.
    Doch immer, wenn er schweißgebadet und schreiend aufwachte, war jemand bei ihm. Melle, die mit den Tränen kämpfte, Inocenta, die ihn rau anfuhr, er solle sich nicht so anstellen, Stephan, der ihm mit zitternden Händen den Becher mit Most oder verdünntem Wein an die Lippen führte – und Laure. Laure, die ihm sanft mit einem kühlen Tuch über die Stirn wischte, die seine Decken mit leichter Hand richtete und die – er mochte es kaum glauben, dann und wann seine Wangen streichelte. Ja, er vermeinte sogar, dass sie ihn in den bösesten und dunkelsten Träumen zärtlich küsste.
    Es vertrieb das Grauen – wenn auch nicht ganz, aber es erfüllte die Finsternis mit einem kleinen Lichtlein.
    Zeit verging, er wusste nicht, wie viel. Manchmal war es hell, manchmal dunkel. Sein Körper schmerzte weiterhin, sein Geist war wie umnebelt. Doch schien es ihm, dass er jedes Mal, wenn er aufwachte, ein wenig länger bei Sinnen blieb.
    »Vier Tage faulenzt du nun schon hier herum, ohne etwas Nütz­liches zur Wirtschaft beizutragen«, raunzte Piet ihn an diesem Morgen an.
    »Immerhin kann ich selbst den Löffel halten.«
    Sein Freund nickte.
    »Die Folgen der Fesselung sind grausam, ich weiß. Aber wir brauchen deinen Bericht, Hagan. Ich habe Stephan ausgequetscht wie eine Weintraube, aber nur wenig mehr aus ihm herausbekommen. Ich habe auch Martine noch einmal befragt, sie hat ja eine Zeit lang in dem Konvent gelebt. Mit dem, was ich von Hane erfahren habe, konnte ich ihr noch etwas mehr entlocken. Ist es richtig, dass sie in dem Keller eine Mumie aufgebahrt haben, die sie den Dummtröpfen als Leib Jesu verkaufen?«
    »Verkaufen tun sie Mumienbinden. In dem Gelass, in dem sie mich festhielten, lagen Gebeine und Mumien herum.«
    »Nicht sehr wohnlich.«
    »Nein. Aber es ist richtig, hinter dem Vorhang befindet sich ein kostbar ausgestatteter Raum, ein gewaltiges Gewölbe mit golddurchwirkten Gobelins an den Wänden, einem Prunkbaldachin und darunter einer Mumie mit Blutflecken an Händen und Füßen und einem Dornenkranz auf dem Haupt.«
    »Wie albern.«
    »Du sagst es. Aber alles andere ist überhaupt nicht albern. Piet, wir wissen, wie eine pompöse Liturgie wirkt: Du hast Theologie studiert, ich habe als Bischof herum­gekaspert. Man kann mit volltönendem Gesang, geheimnisvollen Worthülsen, emphatischen Anrufungen, großen Gesten, betäubendem Rauch und prachtvollen Gewändern die Leute so beeindrucken, dass sie sich leiten lassen wie eine Herde Schafe.«
    Piet gluckste. »Die Aufgabe eines Bischofs mit seinem Hirtenstab.«
    »Richtig. Und wenn die Lämmer auch noch ungebildet, abergläubisch und einfältig sind, nehmen sie jedes Wort für bare Münze, das man ihnen vorsagt. Nimm dazu, dass jene, die an dem Hokuspokus teilnehmen dürfen, schuldbeladen sind, von ihrem Gewissen verfolgt, nach Vergebung und Erlösung suchen. Selbst

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