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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Rattenfängerin die aberwitzige Geschichte, wie er die Kollekten seiner Pfründe geplündert hatte.
    Das erheiterte Melle eine Weile, doch dann wurde ihr klar, dass ihr Vater weit mehr aufgegeben hatte, als ihr bislang bewusst gewesen war. Das, was er aus Speyer mitgenommen hatte, war alles, was er besaß. Und dorthin konnte er nicht zurück. Der Bischof Hagan galt als ertrunken.
    Gedankenverloren schlenderte sie wieder über den Hof. Als sie am Backes vorbeischaute, zog ein würziger Duft aus der Ofenkammer. Ein Blick hinein zeigte ihr, dass das Gebäck bereits einen schönen goldenen Farbton angenommen hatte. Mit dem Spatel holte sie eine der Fleischtaschen heraus und betrachtete sie. Dann piekte sie vorsichtig mit dem Messer hinein.
    Heißer Fleischsaft tropfte heraus, und sie verbrannte sich fast die Hand daran, als sie ihn auffangen wollte. Aber als sie sich die Finger ableckte, fand sie ihn überaus köstlich.
    Laure gab ihr ein Holzbrett, auf das sie die Heidenkuchen zum Abkühlen legen konnte, und lächelte sie freundlich an.
    »Bring deinem Vater zwei davon, oder auch drei, wenn er mag. Und den Mannen könntest du auch je eine bringen. Den Rest darfst du an Jan und Paitze verfüttern. Wie viel du dabei für dich retten kannst, bleibt dir überlassen.«
    »Ich könnte mit ihnen raufen!«
    »Könntest du. Aber du könntest auch disputieren. Oder handeln.«
    »Mh, ja, das ginge auch.«
    Frau Laure war eine so verständige Frau. Nein, sie würde nicht mit ihren Freunden raufen. Nur ein bisschen zanken. Das war lustig. Aber zuerst würde sie den Mannen von Upladhin die Torten bringen. Vielleicht verzichtete einer von ihnen ja auf seine.
    Tat leider keiner der vier Männer. Aber das war auch nicht so schlimm. Sie mochte die vier. Sie waren erfahrene Kämpen, das sah man ihnen an. Wettergegerbt, mit zähen, harten Muskeln, die Waffen immer griffbereit am Gürtel, zweie hatten sogar Armbrüste dabei. Sie wachten immer zwei und zwei, Tag und Nacht.
    Sie waren sicher raue Kerle, und ihre Sprache war un­­gehobelt. Aber sie ließen es an Höflichkeit nicht fehlen. Genau wie der Ritter nannten sie sie Jungfer Melle.
    Warum auch immer.
    Ihr gefiel es. Sie fühlte sich erwachsen dabei.
    Dieses Gefühl verschwand schlagartig, als sie mit den Fleischtorten zu Jan und Paitze kam und erbittert um ihren Anteil kämpfen musste.
    Mit Worten.
    Immerhin bekam sie von den vier Stücken anderthalb ab.
    Gesättigt nahm sie die verbleibenden vier, die Frau Laure neben den Herd zum Warmhalten gestellt hatte, und brachte sie ihrem Vater.
    Er war wach und blätterte bedächtig in Frau Laures heim­lichem Büchlein herum. Und dann traf es sie wie ein Schlag.
    Der Bart war weg.
    »Herr Vater? Ihr seht … mhm … geschoren aus.«
    Er lächelte sie an.
    »Bertrand ist nicht nur mit dem Schnitzmesser gewandt.«
    »Nein, er hat Euch ein anderes Gesicht geschnitzt, wie’s scheint.«
    »Gefällt es dir?«
    Diese Frage hatte sie nun wirklich nicht erwartet. Darum überlegte sie einen Moment.
    »Ich glaube schon. Ihr seht … mhm … weniger … mhm … würdig aus?«
    »Oh weh, dann wirst du noch weit seltener auf meine Worte hören.«
    »Kommt das nicht auf Eure Worte an?«
    Sie erntete einen überraschten Blick.
    »Du bist zum Entgegenkommen bereit?«
    Sie setzte sich auf den Schemel neben dem Bett und erlaubte sich eine freche Antwort.
    »Wenn Ihr brav Euren heidnischen Kuchen aufesst, den ich für Euch gebacken habe.«
    Es freute sie, dass er grinste.
    »Ist das eine Drohung? Schmeckt er so grässlich?«
    »Ganz furchtbar grässlich.«
    Sie stellte das Brettchen auf seinen Schoß, und er bemühte sich, die warme Pastete anzuheben und zum Mund zu führen. Kurz vor den Lippen musste er innehalten.
    »Mit dem Löffel geht es schon, aber – uh, Melle, ich werde ihn wohl doch nicht essen können.«
    »Es sei denn, ich schneide Euch Happen ab und …« Sie hielt kurz inne. Nein, füttern würde sie ihn nicht. Das könnte seinen Stolz noch mehr verletzen. Und der war schon verwundet genug. Also ergänzte sie: »… und Ihr spießt sie mit dem Messer auf.«
    Sie zückte den Dolch, den Piet ihr gegeben hatte, und schnitt die Pastete in vier Stücke. Dann reichte sie ihm das Messer, und tatsächlich gelang es ihm, die Happen zum Munde zu führen. Auch wenn er wohl Schmerzen dabei hatte.
    »Wirklich grässlich. Aber wenn du mir den zweiten Ku­­chen auch noch zerteilst, werde ich ihn herunterwürgen.«
    »Pff. Ihr könntet wirklich zugeben,

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