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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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ich bin darauf hereingefallen, Piet. Denn als ich von der Mater Dolorosa aufgefordert wurde, meine »Beichte« abzulegen, verbreitete sie einen solchen Schrecken, dass ich wie erlöst war, als ich endlich einen Zipfel dieser modrigen Mumie berühren durfte.«
    »Weshalb Stephan noch immer den Mund darüber hält.«
    »Er kommt von seiner Schuld nicht los, der arme Kerl.«
    »Martine war hilfreicher. Sie hat das Theater recht früh durchschaut. Sie war sich nur sicher, dass keiner von uns ihr glauben würde, was die Frauen dort ausgeheckt haben. Dass es einen Leib Christi im Keller gibt, war offensichtlich den Bewohnern dieses Hauses schon immer bekannt. Aber diese Messen werden erst praktiziert, seit die Mater Dolorosa die oberste Wächterin ist. Das deckt sich mit meinen anderen Auskünften – vor Zeiten war es wirklich das Wohnhaus einer alten, frommen Dame, dann für eine Weile ein Konvent für gefallene Frauen. Zu diesem Zeitpunkt hat diese Teufelin die Macht übernommen. Warum auch immer. Aber sowohl Martine als auch der Ritter bestätigen, dass Gunnar von Erpelenz sie hin und wieder aufsucht. Ich habe den Eindruck, die beiden haben das Geschäft gemeinsam aufgezogen.«
    Hagans Lebensgeister waren geweckt. Und wie es schien, wollte auch sein Gehirn wieder seine Tätigkeit aufnehmen.
    »Gunnar hat seit Jahren Pfründe und Ämter verkauft, vergeben an Priester und andere Helfer, die alle irgendein Vergehen begangen hatten. Er hat sie in der Hand.«
    »Er wird diesen Spitzeldienst der Töchter aufgezogen, die Söldner als Zuhälter rekrutiert und die korrupten Priester in die entsprechenden Ämter gehoben haben.«
    »Ja, so stelle ich mir das auch vor. Ich frage mich, worin seine Verbindung zur Mater Dolorosa besteht und wann er von der Mumie erfahren hat. Da muss einst etwas passiert sein.«
    »Etwas, das Frau Hemma dir beichten möchte.«
    »Und das vermutlich etwas mit dem geheimen Buch zu tun hat, das sie ihrer Schwester entwendet hat.«
    »Das Buch, das just zu dieser Zeit an Wichtigkeit gewonnen hat.«
    »Also steht etwas darin, das die Mumie betrifft oder die Menschen, die mit ihr zu tun haben.«
    »Oder etwas über den Konvent.«
    »Wer mag nur auf die Idee gekommen sein, dieser Mumie eine solche Bedeutung zu geben? Ich meine, Mumia wird schon seit Jahrzehnten, wenn nicht länger, aus Outremer ins Abendland geliefert. Nicht nur Stephans Bruder hat damit blendende Geschäfte gemacht.«
    »Von der Mumia, so habe ich einst in den Schriften gelesen, hat schon Abdul Latif, ein arabischer Reisender aus der Zeit der ersten Kreuzzüge, berichtet. Man hat die nach Myrrhe duftenden Mumien in Ägypten zu medizinischen Zwecken verkauft.«
    »Also mag diese Mumie schon seit langer Zeit dort lagern. Doch erst jetzt hat jemand ihre Nützlichkeit für sich erkannt.«
    »Und Geschichten darüber verbreiten lassen.«
    »Nütz­liche Geschichten, Piet, zu einer Zeit der Sedis­vakanz und dem Gebuhle um den nächsten Anwärter auf den Heiligen Stuhl.«
    »Ich werde noch einmal versuchen, einen der Kuriere abzufangen. Sie machen in Koblenz den ersten Halt. Upladhin hat einige wirklich gute Pferde herbringen lassen.«
    »Das ist ein harter Ritt.«
    »Zwei Tage. Und dort gilt es wahrscheinlich zu warten. Aber von Poppelsdorf aus gehen fast täglich Kuriere nach Konstanz, haben wir beobachtet. Dieser Gunnar scheint regen Austausch mit seinen Leuten dort zu treiben.«
    »Ich wünschte, ich könnte mitkommen.«
    »Schon wieder abenteuerlustig?«
    Hagan wollte mit den Schultern zucken, doch ein greller Schmerz in den Sehnen und Gelenken bei der kleinen Bewegung hielt ihn davon ab.
    »Sieht nicht so aus, als ob ich das schon könnte.«
    »Nein. Aber deine Aufgabe ist hier. Sieh zu, dass du Hemma die Beichte abgenommen bekommst.«
    »Morgen versuche ich aufzustehen.«
    »Ich nehme Klingsohr mit, sein Gefiedel lenkt die Leute wunderbar ab.«
    »Und Inocenta. Sie hat, wie mir scheint, sehr geschickte Hände.«
    »Sie wird schnauben und fluchen und sich weigern, auf ein Pferd zu steigen.«
    Hagan grinste schief.
    »Du wirst sie schon überzeugen.«
    »Und du wirst Melle überzeugen, dass sie diesmal nicht mitkommen kann.«
    »Das nenne ich ausgleichende Gerechtigkeit.«
    Melle hackte Rindfleisch klein. Unter Frau Laures kritischen Augen schwang sie das schwere, frisch geschärfte Küchenmesser auf dem Arbeitsbrett. Paitze schälte Äpfel und sang dabei ein Herbstlied. Frau Laure stimmte mit ein, und als Melle glaubte, die Melodie

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