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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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direkt, wie sie die Sache anging, aber auf der anderen Seite hatte sie das Gefühl, dass Hemma das Schweigen nun endlich brechen musste, um Licht in die Angelegenheiten zwischen ihr und ihrer grauenvollen Schwester Brigitte zu bringen. Laure hatte schon seit Tagen versucht, die Bruchstücke zusammenzufügen, die sie von ihr bisher erfahren hatte. Hemma war neunundsechzig Jahre alt, ihre Schwester sechs Jahre jünger, also dreiundsechzig. Hemma hatte vor fünfzig Jahren den Johannes von Iddelsfeld geheiratet, also mit neunzehn. Damals war Brigitte dreizehn gewesen, und, wie Hemma sagte, schon damals eifersüchtig und bemüht, ihr den Gatten abspenstig zu machen. Das war ihr nicht gelungen, ihren eigenen Verlobten hatte sie vergrault und war in das Adelheidis-Stift eingetreten.
    Bei dem Kölner Schöffenstreit war Johannes von Iddelsfeld gefallen, und irgendwann während ihrer elfjährigen Ehezeit war Hemmas und Brigittes Vater David gestorben.
    Nach dem Tod ihres Mannes war Hemma ebenfalls in das Stift eingetreten, weitere elf Jahre später verließ sie es, um drei Jahre bei Bela von Efferen zu leben, wo sie auch Hagan und Stephan kennengelernt hatte. Anschließend war sie in ihre erste Klause eingezogen. Von dort wurde sie neun Jahre später vertrieben und siedelte sich hier im Königsforst an.
    So weit konnte Laure ihren Werdegang nachvollziehen. Brigitte musste etwas mit Hemmas Weggang aus dem Stift zu tun gehabt haben, hatte Hagan nach seinem Besuch bei Bela berichtet.
    Zuvor hatte sich Brigitte für einige Zeit von den Damen beurlauben lassen, um ihren Vater auf dem Siechenbett zu pflegen, erinnerte sich Laure. Dann war sie aber zurückgekehrt und hatte irgendwann später das Stift endgültig verlassen, um dem eigenen Konvent vorzustehen.
    Warum?
    Wer oder was hatte den Ausschlag gegeben?
    Und – war mög­licherweise Hemma auf ihr Betreiben hin aus ihrer ersten Klause vertrieben worden?
    Stephan stieß noch immer Blätter mit der Schuhspitze vor sich her. Ihre Frage schien er nicht beantworten zu wollen, oder er hatte, so geistesabwesend wie er oft war, sie gar nicht wahrgenommen. Also wiederholte Laure sie noch einmal: »Hat Frau Hemma Euch vielleicht anvertraut, was so sehr auf ihr lastet?«
    »Was? Oh … nein … ich weiß nicht.«
    »Ich glaube, etwas ist einst zwischen ihr und ihrer Schwester vorgefallen, sodass sie zu Eurer Mutter gezogen ist. Habt Ihr noch Erinnerungen an diese Zeit?«
    »Ja, ja sicher. Sie war niedergeschlagen, sehr ruhig. Aber – richtig, wo Ihr es sagt – mir schien es manchmal so, als ob ein brütender Zorn unter ihrer Oberfläche brodelte. Vielleicht sah man es an ihren Augen oder so. Nicht an ihrem Verhalten. Das war immer sehr friedfertig und würdevoll. Aber dennoch, es wirkte manchmal, als koste sie das Kraft. Wahrscheinlich hatte sie einen Streit mit den Damen im Stift. Ja, ich erinnere mich, einmal hörte ich meine Mutter davon sprechen, dass man ihr Übles nachgeredet hatte. Sie habe ein Verhältnis mit einem Mann dort gehabt. Mich hat das damals nicht sonderlich interessiert. Uns Knaben gegenüber gab sie sich hilfsbereit und von freund­licher Strenge.«
    »Nun, da Ihr ihre Schwester Brigitte – die Mater Dolorosa – kennengelernt habt, was glaubt Ihr, könnte sie mit Hemmas Weggang aus dem Stift zu tun haben?«
    Stephan schaute sie fassungslos an.
    »Oh Gott, daran habe ich gar nicht mehr gedacht!«
    »Dann denkt jetzt mal darüber nach. Und am besten tut Ihr das, während Ihr meinen Bruder Olaf hoch zur Klause begleitet. Ich glaube, dort könnt Ihr Euch ein wenig nützlich machen, und die Arbeit im Freien wird Euren Geist klären.«
    »Ja, wenn Ihr mein …«
    Energisch nickte Laure.
    »Ja, ich meine, dass es Euch guttun wird. Kein Mensch sollte sich zu schade sein, red­liche Arbeit zu leisten.«
    »Das stimmt wohl.«
    »Und die frische Waldluft vertreibt die schwarze Galle zuverlässig. Das weiß ich aus eigener Erfahrung.« Dann fügte sie aus einer plötz­lichen Eingebung hinzu: »Wie auch Hemma Euch bestätigen wird. Sie hat dort ihren Frieden gefunden, einen solch tiefen Frieden, dass sie anderen Trost und Zuspruch spenden konnte und in den Ruf eines Friedensengels kam.«
    Sie wies mit der Hand auf die Pforte, die vom Obstgarten in den Hof führte, und Stephan folgte ihr willig.
    Olaf war bereits eingetroffen und alberte mit Paitze und Jan herum.
    »Jan möchte mitkommen und den Hammer schwingen lernen, Laure.«
    »Dann pass auf, dass er sich nicht

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