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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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alle zehn Finger blau schlägt. Und hier habe ich noch einen Lehrling für dich. Stephan braucht etwas frischen Holzduft in der Nase.«
    »Ist mir recht, Herr Stephan. Wenn Ihr ein wenig mit anpacken würdet, ginge die Arbeit schneller voran, und ich kann mich wieder meinen gewinnbringenden Aufträgen widmen.«
    Die drei zogen los, und Laure machte ihren Rundgang durch Gaststube, Vorratsräume und Küche, sah nach dem Rechten, verteilte Pflichten und widmete sich dann wieder den Kranken.
    Hemma schlummerte, Martine nähte an einem Hemd für Melle – sehr sorgfältig gefältelt und mit einer hübschen Stickerei am Saum versehen. Hagan hingegen kämpfte mit seinem Hemd. Er hatte es geschafft, es sich über den Kopf zu ziehen, war aber schweißgebadet vor Schmerzen.
    »Ihr wünscht Euer Lager zu verlassen, um Euch den Härten des Lebens zu stellen?«
    Er stöhnte.
    Die vielen kleineren Wunden waren dank Inocentas Salbe inzwischen gut verheilt, einige eiterten noch, aber das war sicher nicht so bedenklich, dass er nicht hätte aufstehen können. Nur in der Bewegung seiner Schultern und Arme war er noch immer eingeschränkt.
    »Kann man dieses verdammte Hemd nicht auf andere Weise anziehen?«, grollte er.
    Sie sah sein Problem und dachte nach.
    »Könnte man. Aber dazu müsst Ihr es wieder über den Kopf ziehen.«
    Er sah sie kopfschüttelnd an.
    »Das geht über meine Kräfte.«
    »Über meine nicht.«
    »Dann zieht es mir um Himmels willen aus.«
    Sie fasste das Leinen und zog es hoch. Die letzten sechs Tage hatte sie ihn oft genug unbekleidet gesehen, seine Verletzungen gepflegt, ihn gewaschen und allerlei Handreichungen getan, um es ihm bequem zu machen. Doch jetzt hielt sie das weiße Hemd in der Hand und starrte ihn an. Die Brandwunde in Form einer Dornenranke war zu einer roten Narbe geworden, und plötzlich strich ihre Hand darüber.
    »Laure?«
    »Verzeiht.«
    Sie zog die Hand zurück, als ob die Wunde sie verbrannt hätte.
    »Laure, würdest du das noch einmal machen?«
    Sie schüttelte den Kopf, aber er griff nach ihrer Hand und legte sie auf seine Brust. Sein Herz schlug heftig unter ihren Fingern.
    »Ich träume von dir, Laure. Nicht erst seit ich in diesem Kerker lag. Aber dort ist mir klar geworden, wie wichtig du für mich bist.«
    »Ich …«
    »Laure, du hast nicht nur meine Wunden versorgt, nicht wahr? Ich meine mich zu erinnern, dass du mich aus grauenvollen Träumen geweckt hast.«
    Sie merkte, wie sie rot wurde.
    »Wirst du mich nur küssen und kosen, wenn ich halb bewusstlos im Fieber liege?«
    »Es war nicht recht.«
    »Doch, es war und es ist recht.«
    Sie befreite ihre Hand und griff wieder nach dem Hemd.
    »Ich richte es Euch, dass Ihr es leichter anziehen könnt.« Eilig huschte sie aus der Kammer.
    »Martine, kannst du das so aufschneiden, dass man es wie ein Wams anziehen kann?«
    Die stumme Magd nickte und legte die andere Näharbeit zur Seite. Sie deutete auf einige Nesteln und zeigte, wie sie das Problem zu lösen gedachte.
    Laure kehrte in die Küche zurück, und um ihre Verwirrung in den Griff zu bekommen, machte sie sich daran, eine Knochenbrühe zu kochen. Während sie Wurzelgemüse zerteilte, wanderten ihre Gedanken aber immer wieder zu Hagan. Es war gewiss nicht nur Mitleid mit einem verwundeten und gedemütigten Mann. Sie musste sich selbst ehrlich gegenüber sein. Es war mehr und anders als ihre dummen Träumereien von Lothar von Hane. Dem Ritter, so großmütig er auch gehandelt haben mochte, als er Hagan zur Flucht verholfen hatte, brachte sie Dankbarkeit ent­gegen, aber dieses kleine Ziehen im Herzen, das sie früher verspürt hatte, war verschwunden. Ein weit heftigeres Ziehen war nun vorhanden, wenn sie an Hagan dachte. Eines, das sie dazu trieb, dumme Dinge anzustellen. Etwa ihn zärtlich berühren zu wollen. Oder von ihm … ja, verflixt, das wollte sie mit jedem Tag mehr.
    Aber Hagan schwebte in Gefahr, solange sie nicht herausgefunden hatten, was sich hinter diesem Geheimbund wirklich verbarg. Es war ja schön und gut, dem Berater des Erzbischofs, diesem Gunnar von Erpelenz, seine Machenschaften nachzuweisen, aber so lange sie nicht wussten, welche Rollen Hemma und Brigitte dabei gespielt hatten, konnten jederzeit neue, unerwartete Gefahren auftauchen.
    Möhren und Lauch flogen in den Suppenkessel. Sie rief nach Paitze, beauftragte sie, Kohlrabi und Sellerie zu würfeln, und ging zum Wohnhaus.
    Hagan hatte sich mit Martines Hilfe angekleidet und kam mit langsamen

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