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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Schritten die Stiege hinunter.
    »Es fühlt sich gut an, wieder auf zwei Beinen zu stehen«, sagte er.
    »Dann folgt mir auf einen kleinen Rundgang durch die Weinstöcke hinter dem Haus.«
    Laure ging langsam, aber das schien nicht nötig zu sein. Die Blätter des Weins prangten in glühenden Gelb- und Rottönen, als ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolken brachen.
    »Du hast ein schönes Plätzchen hier, Laure. Trotz aller Geschäftigkeit im Gasthaus findet man Ruhe in deinem Heim.«
    »Ich bin froh darum. Und ich habe Stephan heute ebenfalls in den Wald hinaufgeschickt, denn er ist von seinem Fieber genesen und nun voller Unrast und gleichzeitig schwarzgalligem Trübsinn.«
    »Er muss aus eigener Kraft darüber hinwegkommen. Ich habe mich in den vergangenen Tagen mit ihm ein wenig unterhalten und in den langen, faulen Stunden über ihn nachgedacht. Er stand immer im Schatten seines älteren Bruders, obwohl er der klügere und wahrscheinlich auch der feinfühligere von beiden war. Dass er sich hatte dazu hin­reißen lassen, wegen des Mumienhandels gegen ihn aufzubegehren, lastet noch immer auf ihm. Vielleicht hätte er sich damit von der Übermacht seines Bruders befreien können, wäre der dumme Mensch nicht ins Meer gestürzt.«
    »Aber das ist nun schon Jahre her, und er hat es gebeichtet, hat gebüßt und sogar für seine Erlösung gezahlt.«
    »Ja, gewöhnlich hilft die Beichte den Menschen, sich ihrer Verfehlung bewusst zu werden und mit einer Wiedergutmachung ihr Gewissen zu reinigen. Aber er findet nicht zur Ruhe.«
    »Würde er sie zu Hause finden? Bei seiner Mutter?«
    »Vielleicht, aber das ist derzeit zu gefährlich. Dass er sich hier aufhält, wissen zum Glück nur wenige.«
    »Nys, die Dirne, wusste es.«
    »Ja, sie war ein Spitzel, entweder von der Mater Dolorosa oder von Gunnar.« Hagan blieb plötzlich stehen. »Sie wird auch von mir wissen, und nun, da ich ihnen entkommen bin, werden sie sie vermutlich nach weiteren Einzelheiten befragen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann ihre Leute hier auftauchen. Ich habe dein fried­liches Heim in Gefahr gebracht, Laure.«
    »Es war schon immer in Gefahr, ich wusste es nur nicht. Aber, Hagan – Ihr müsst etwas tun!«
    Sie stand vor ihm, und er nahm ihre Hände in die seinen.
    »Was immer du wünschst, Laure.«
    Was sie sich wünschte?
    Er musste es in ihren Augen gelesen haben, denn seine Arme schlangen sich um ihren Körper und schon lehnte sie an seiner Brust.
    »Das habe ich mir auch gewünscht«, wisperte sie.
    »Dann haben wir beide dieselben Wünsche.«
    Sie war schon so lange nicht mehr geküsst worden. Sie verlor sich darin, und für diesen wundersamen Augenblick war die Welt um sie herum wieder in Ordnung, war alles an seinem rechten Platze, und die goldene Herbstsonne umhüllte sie beide wie mit dem barmherzigen Mantel ­Mariens.
    Er löste sich ein wenig von ihr und streichelte mit einem Finger ihre Wange.
    »Süßer als dein Hirsebrei.«
    Sie lehnte ihren Kopf wieder an seine Schulter und hätte ihn gerne dort gelassen. Sie war so stark und verlässlich.
    Zwei Elstern zankten sich kreischend um eine Beute, und ihre häss­lichen Stimmen holten sie in die Wirklichkeit zurück.
    »Hagan, versuch herauszufinden, was Hemma verbirgt.«
    »Was?«
    Er wirkte für einen Augenblick verwirrt, als habe auch er sich von ganz anderen Gedanken und Gefühlen treiben lassen.
    »Sie wollte dir beichten. Und ich vermute, in ihrem Verhältnis zu ihrer Schwester liegt ein Schlüssel zu dem, was hier geschieht.«
    »Dann werde ich sie umgehend aufsuchen.« Und er lächelte sie an. »Obwohl ich mir weit schönere Gesellschaft vorstellen kann.«
    Das Licht spielte auf seinem bartlosen Gesicht, und Laure erkannte in den Konturen, die die Schatten warfen, eine seltsame Vertrautheit. Eine Ähnlichkeit mit einem Mann, den sie vor Jahren einige Male gesehen hatte. Einem Mann, den sie verehrt und bewundert hatte. Einem aus­gesprochen gut aussehenden Mann.
    Der Atem stockte ihr.
    Konnte das wahr sein?
    Sie machte sich los.
    »Was ist, Laure?«
    »Ihr … Ihr habt große Ähnlichkeit mit Eurem Vater.«
    »So sagt man. Aber das ist kein Grund, in Ehrfurcht zu erstarren.« Wieder streichelte er ihr die Wange. »Ich bin mein eigener Herr, Laure. Und ich treffe meine eigenen Entscheidungen.«
    Aber ihre Verwirrung legte sich nicht.
    »Geht … geht zu Frau Hemma. Ich bitte Euch.«
    Sie lief vor ihm weg, als ob sie von wilden Hunden gehetzt würde.

40. Die Beichte
    Ich

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