Die Gefährtin des Vaganten
Mansura zogen, um die Heiden zu besiegen. Dort erhielten sie von einem frommen Händler eine heilige Reliquie, die der Mann den Christen übergeben wollte, um sie zu retten. Diese kostbare Reliquie heilte dann auch die Schwester des einen Ritters von ihrer Schwermut, die sie ergriffen hatte, weil ihr Versprochener auf dem Kreuzzug gefallen war und sie mit ihrem Sohn alleine zurückblieb. Der Bruder eines der Ritter, ein Priester, habe es bezeugen können, dass die bloße Berührung des in Binden eingewickelten Leibes des Heiligen sie von ihren seelischen und körperlichen Leiden erlöst habe. Doch einer der edlen Ritter war unedel und verriet den Priester als Ketzer, der daraufhin verbrannt wurde. Die Reliquie sei danach an einen sicheren Ort verbracht worden, an dem die Töchter und Schwestern der Ritter für ewige Anbetung sorgten, und über die die Nachkommen der Kreuzritter wachten.«
»Daher stammt also diese Mumie, die Ihr in den Kellergewölben gesehen habt?«
»So ungefähr, vermute ich. Doch die Geschichte scheint mir zu anrührend, und vor allem wird diese Reliquie nicht mit dem in Verbindung gebracht, wofür sie heute gilt. Allerdings standen und stehen die Nachkommen der drei Kreuzritter wohl noch immer in einer gewissen Verbindung zueinander. Es sind die Familien Hürth, Iddelsfeld und Hane. Hemma hat einen der Nachkommen dieser Kreuzritter geheiratet, Johannes von Iddelsfeld. Ihm hat sie diese Mär dann auch erzählt, und er hat darin etwas zurechtgerückt – der fromme Händler war ein Geschäftemacher, die Reliquie nichts anderes als eine der vielen Mumien, die ansonsten zu Arzneimitteln zermahlen worden wären. Der Priester sei deshalb als Ketzer angeklagt worden, weil er einen falschen Heiligen angebetet und das Osterfest geleugnet habe – er habe zu den Katharern gehört.«
»Woher wusste er das?«
»Es scheint, dass die Überlieferung auch in seiner Familie lebendig war. Und noch etwas – die sterbende Großmutter hat Hemma das Versprechen abgenommen, diese Geschichte niemals ihrer Schwester weiterzuerzählen, weil die nur das Böse darin sehen würde.«
»Ich sehe aber erstmal nichts Böses darin.«
»Nein, Laure, denn du bist ja auch keine selbstsüchtige Schlange, sondern eine niedliche Gastwirtin.«
»Niedlich?«
»Das war mein erster Eindruck, den ich von dir hatte, als ich dich das erste Mal sah.«
»Ich glaube, ich kniete im Gemüsebeet, hatte einen schmutzigen Kittel an und Lehm an den Fingern.«
»Scheint, dass mich das nicht gestört hat.«
»Ihr kommt vom Thema ab!«
»Ich würde gerne dabei bleiben. Aber du hast recht. Diese Angelegenheit ist zu ernst, und wir müssen überlegen, welche Folgen unser Wissen hat.«
»Ja, denn offensichtlich hat Brigitte doch Kenntnis von der Geschichte bekommen und tatsächlich etwas Böses daraus gemacht.«
»Sie bekam Kenntnis davon, als ihr Vater starb. In dessen Nachlass befand sich nämlich das besagte Buch. Sie hat es nach seinem Tod an sich genommen und wie einen Schatz gehütet. Darum hat Hemma es ihr gestohlen, als sie das Stift verließ. Es schien ihr die einzige Sache zu sein, an der Brigittes Herz hing. Und nun glaubt sie, dass sie mit dieser rachsüchtigen Tat eine schwere Schuld auf sich geladen hat, und sie hat mich gebeten, dieses Buch der Mater Dolorosa zurückzugeben. Es befindet sich noch bei Bela von Efferen.«
»Bei der Dornenkrone Christi!«
»Es grenzt an Aberwitz, ich stimme dir zu. Wir können ihr ihren Wunsch nicht erfüllen. Sie weiß weder, was für eine unmenschliche Kreatur Brigitte wirklich ist, noch ist ihr klar, welche Bedeutung dieses Buch hat.«
»Das allerdings verstehe ich auch nicht so ganz.«
»Hemma hat es nicht gelesen, es interessierte sie der Inhalt nicht. Aber ich vermute, dass darin die Wahrheit über diese ominöse Mumie steht, ähnlich wie ihr Ehemann sie geschildert hatte. Das Ganze ist ein riesiger Schwindel, den Brigitte, vermutlich zusammen mit Gunnar, aufgezogen hat. Und wenn dieses Buch jemandem in die Hände fällt, fliegt die Betrügerei auf. Also muss es vom Erdboden verschwinden.«
Laure faltete sorgsam ein Leinentuch zusammen, strich die Ränder glatt und legte es auf den Stapel der sauberen Laken. Bedächtig nahm sie sich das nächste Tuch vor, prüfte es und faltete es wieder.
»Brigitte muss herausgefunden haben, an welchen geheimen Ort man die Mumie gebracht hat.«
Hagan nickte. Laure war flink von Witz.
»Entweder steht das in dem Buch, oder sie hat
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