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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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ist ein Schläger, er wird sich wehren, wenn er angegriffen wird. Bertrand ist flink mit Messern aller Art, der Wagner-Geselle scheint mir auch recht gewandt mit dem Hammer umzugehen.«
    »Hemma kann man nicht mehr weit fortbringen, sie ist viel zu gebrechlich. Ich könnte die Kinder zu meinen Eltern nach Porz schicken.«
    »Dann tu das.« Sie wollte sich losmachen, aber er hielt sie fest. »Geh auch zu deinen Eltern, Laure.«
    »Nein, das kann ich nicht. Dies hier ist mein Heim.«
    »Ja, dies ist dein Heim.« Er schloss die Augen und lehnte seine Stirn an ihre. »Ich habe noch nie im Leben so genau gewusst, wie wichtig es ist, ein Heim zu haben, Laure. Ein Heim voll Licht und Wärme.«
    »Aber Ihr habt doch ein Zuhause gehabt.«
    »Ich habe Wohnungen, Kammern oder Schlafstätten gehabt. Manche karg, manche bequem, manche üppig. Räume, kein Heim. Zu einem Heim, so will es mir jetzt scheinen, gehört ein Weib, das mir eine warme Mahlzeit bereitet, wenn ich zurückkehre, das die Zimmer rein und meine Kleider ordentlich hält.«
    »Ihr sucht eine Haushälterin.«
    »Nein, eine Haushälterin ist eine Bedienstete. Sie leistet diese Arbeiten für Brot und Lohn.«
    »Ihr wollt eine Leibeigene.«
    »Nein, die sind oft unwillig und träge.«
    »Melle ist gelehrig genug. Sie wird diese Aufgaben bald übernehmen können.«
    »Melle ist meine Tochter.«
    »Dann müsst Ihr Euch ein Liebchen suchen, das Kochen und Putzen kann.«
    Sie sah so niedlich kratzborstig aus, fand Hagan.
    »Ich will kein Liebchen. Liebchen sind so flatterhaft. Ich hätte so gerne ein Weib, das all diese Dinge aus Liebe zu mir macht.«
    »Um Gottes Lohn, aha.«
    »Um sie zu lieben und zu ehren in guten und in bösen Zeiten, für sie zu sorgen, sie zu beschützen und sie zum Lächeln zu bringen.« Und dann grinste er sie an. »Mit ihr zu zanken und zu tändeln, zu disputieren und zu kosen.«
    »Dann habt Ihr eine schwierige Suche vor Euch.«
    »Nein, aber offensichtlich eine schwierige Werbung.«
    »Eine unmög­liche, Herr Bischof.«
    »Sie wird möglich werden. Wenn du es zulässt.«
    Sie mochte ihn, das wusste er. Sie war einsam seit dem Tod ihres Mannes, und sie sehnte sich nach Zärtlichkeit. Aber er wünschte sich, sie möge seine Liebe erwidern. Befangen sah er zu ihr hinunter. Die Zeit der Scherze war vorüber, es verlangte ihn nach einer ernsthaften Antwort.
    Er las sie in ihren Augen.
    »Zwei Krüge Most, ein Humpen Met, eine Kanne Wein!«, rief Melle Jan zu.
    Am nächsten Mittag war die Gaststube dicht besetzt, ein großer Geleitzug hatte vor dem Haus angehalten, et­liche Stammgäste saßen hungrig auf den Bänken, einige wandernde Gesellen hatten sich eingefunden. Die beiden Schankmaiden kamen kaum nach, die gefüllten Schüsseln und Schneidbrettchen aus der Küche anzuschleppen. Alle Hände wurden gebraucht. Melle machte es Spaß, die Gäste zu bedienen; sie hatte es schon ein paar Tage lang getan. Jan war nicht ganz so begeistert, half aber willig mit. Paitze schnitt in der Küche Brote und füllte Näpfe. Im großen Kessel simmerte ein deftiger Eintopf aus allerlei Fleisch, Gemüse und Weißkohl, Elseken eilte in die Vorratskammer, um weitere Würste und einen großen Schinken zu holen, damit auch alle satt würden. Frau Laure überwachte die Bier-, Wein- und Mostvorräte.
    Ja, es ging ausgesprochen lebhaft zu an diesem Mittag.
    Und dennoch nahm Melle sich die Zeit, die Gäste zu betrachten und sich ihre Eigenarten einzuprägen. Frau Laure war sehr geschickt darin, und das geheime Büchlein mit den Bildern der Besucher faszinierte sie. Einige erkannte sie daraus inzwischen wieder. Den Töpfer mit der Knubbelnase, der so gerne süßen Kuchen aß, die Drugwarenhändlerin, die Most lieber als Wein trank. Von den beiden Brüdern, die mit Schmiedewaren handelten, mochte der mit den Pockennarben keinen Käse, der andere rümpfte bei Kümmel die Nase. Frau Laure behielt so etwas, und die Leute dankten es ihr. Heute waren viele fremde Gesichter in der Gaststube, doch die Männer aus dem Geleitzug des Tuchhändlers blieben an ihrem langen Tisch unter sich. Die Handwerksgesellen, zwei junge Männer, laut und ein wenig ungehobelt, sprachen dem Bier etwas zu heftig zu. Vermutlich würden sie später am Wegesrain ihren Rausch ausschlafen. Derzeit aber waren sie lustig und schwatzten munter mit allen Gästen. Der Wandermönch in seiner schmierigen Kutte aber war ein besonderer Fall. Er trank wenig, doch seine Augen verfolgten sie aufmerksam. Melle war es

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