Die Gefährtin des Vaganten
an den richtigen Stellen gesucht. Auf jeden Fall hat sie, kurz nachdem Hemma das Stift verlassen hat, ihren eigenen Konvent in der Witschgasse gegründet. In dem Haus, in dem zuvor eine Consuela von Hürth ein zurückgezogenes, frommes Leben geführt hatte und dort von frommen Rittern beschützt wurde.«
»Ich nehme an, diese Consuela ist bald darauf gestorben.«
»So ist es.«
»Und diese Geschichte, dass jene schwermütige Schwester durch die Berührung der Reliquie geheilt wurde und Erlösung fand, hat sie auf die Idee gebracht, damit Geld zu verdienen.«
»Sie oder Gunnar. Er vor allem scheint wohlhabende Anwärter auf Erlösung gesucht und diese über die Huren – die Töchter der Nacht – und seine korrupten Priester ausfindig gemacht zu haben.«
»Und wenn jene dann darüber mit anderen sprachen, hat er sie als Ketzer umbringen lassen. Das allerdings will mir nicht ganz einleuchten. Andere Reliquien werden doch ganz offen angebetet.«
»Diese, Laure, ist aber wirklich eine ketzerische Reliquie. Denn der Besitz des mumifizierten Leibes Christi verleiht ungeheure Macht. Die darf man nicht leichtfertig verspielen. Dahinter wiederum vermute ich Gunnars Betreiben. Brigitte war es zufrieden, ihre Rolle als Mater Dolorosa zu spielen und ihre perfiden Triebe an den Erlösungssuchenden zu befriedigen. Was er mit dem Wissen um die Mumie macht, dürfte ihr weidlich egal sein.«
»Aber wer, um Gottes willen, wird denn diese Mär vom Leib Christi glauben, Hagan?«
»Sie wird schon auf den Straßen und Märkten verbreitet, und das abergläubische Volk weidet sich an der Vorstellung, dass man auf billige Weise seine Sünden loswerden kann. Das ist sehr nützlich für den Besitzer dieser überaus heiligen Reliquie. Er kann Erlösung gewähren oder verweigern. Jedem, Laure.«
»Ja, aber …«
»Ganz recht, die Kardinäle glauben nicht an dieses Wunder, sie sind ganz nüchterne Geschäftemacher. Sie wissen jedoch sehr genau, was man beim Volk damit erreichen kann. Ich frage mich, welches Ziel Gunnar hat. Will er selbst auf den Papstthron? Will er ein Königreich? Will er einen besonderen Kandidaten unterstützen? Ich hoffe, dass Piet wirklich eine Botschaft abfängt, die uns einen gewissen Aufschluss darüber gibt.«
»Und dann?«
»Dann besuche ich Dietrich von Moers.«
»Und dann?«
»Dietrich, mein Lieb, ist ein äußerst ehrgeiziger Mann. Und wenn jemand neben ihm eine derartige Wirtschaft im Schatten aufbaut, könnte ich mir vorstellen, dass er ziemlich gereizt reagiert.«
»Ehrgeizig genug, um selbst Papst werden zu wollen?«
»Dann haben wir Pech gehabt. Aber er mag willensstark sein und einem Kampf nicht eben aus dem Weg gehen. Die Art, wie Gunnar und Brigitte ihre Geschäfte betreiben, wird auch ihn anwidern.«
»Du kennst ihn gut.«
»Ja, ich kenne meinen Vetter gut.«
»Und Ihr glaubt, er wird Euch – uns helfen?«
»Es sind zwei Paar Stiefel, Laure. Das eine ist, Gunnars Machtspiel zu beenden und Brigittes Treiben Einhalt zu gebieten, das andere ist, die Bedrohung von diesem Gasthaus abzuwenden. Ersteres wird er sicher unterstützen, die ›Bischofsmütze‹ allerdings müssen wir selbst verteidigen.«
»Welche Gefahr droht uns?«
Sie war blass geworden, und Hagan legte ihr den Arm um die Taille. Sie sträubte sich ein wenig, gab dann aber nach und lehnte sich an ihn.
»Laure, du bist verständig. Ja, es droht Gefahr, denn meine und Lothars Flucht blieb ja nicht unbemerkt. Sie werden nach uns suchen, denn wir wissen von dem, was sich in dem Kellergewölbe verbirgt. Wie bald sie darauf kommen, dass ich mich hier aufhalte, wissen wir natürlich nicht. Aber schon einmal sind hier zwei Männer aufgetaucht, weil sie wussten, dass Hemma sich hier aufhält. Nys, die Dirne, hat mich gesehen, Stephan hat sich auch nicht versteckt gehalten. Wir dürfen Gunnar und Brigitte nicht unterschätzen. Sie sind nicht dumm, es steht viel zu viel für sie auf dem Spiel, und sie verfügen über eine ganze Reihe skrupelloser Handlanger.«
»Und wir führen ein offenes Haus, Gäste kommen und gehen …«
»So ist es.«
»Was können wir tun?«
»Wachsam sein. Ich habe schon einen von Upladhins Männern zurück zu dem Hauptmann geschickt, mit der Bitte, er möge das Buch von Efferen holen. Ich habe ihm auch von der Gefahr berichtet, in der wir uns befinden. Ich bin sicher, er wird uns zu Hilfe kommen.«
»Wir haben nicht viele wehrhafte Männer hier. Wenn sie das Gasthaus überfallen …«
»Goswin
Weitere Kostenlose Bücher