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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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habest den Beutel mit Geld gestohlen, den ich in meiner Truhe aufbewahre.«
    Martine sank auf die Knie und hob flehend die Hände.
    »Nein, das unterstelle ich dir nicht. Aber wenn es Elseken selbst war, Martine, wozu hat sie das Geld gebraucht?«
    Die Magd blieb auf den Knien, ihr Gesicht war blass geworden. Aber sie sammelte sich und machte eine geldzählende Handbewegung und dann rieb sie die Handflächen gegeneinander.
    »Sie hat einen Handel abgeschlossen?«
    Nicken.
    »Mit einem der Gäste?«
    Nicken.
    »Wofür?«
    Jetzt wurde es irgendwie irrsinnig, bis Laure verstand, was Martine meinte. Sie hob nämlich ihre Schürze und tat, als wolle sie ein Stück herausreißen.
    »Sie brauchte eine neue Schürze?«
    Kopfschütteln. Wieder wies Martine auf das Leinen, dann bekreuzigte sie sich und faltete die Hände zum Gebet.
    »Leinen für ein Sonntagskleid?«
    Kopfschütteln. Doch wieder zeigte Martine auf das Leinen, deutete einen Fetzen davon an. Hob ihn an ihr Herz, bekreuzigte sich.
    »Ein heiliges Stück Stoff?«
    Nicken.
    »Eine Reliquie?«
    Nicken.
    »Elseken hat eine Reliquie in Form eines Stofffetzens gekauft und dafür das Geld aus meiner Truhe entwendet? Na, ist sie denn von Witz und Sinnen?«
    Martine stieß einen gutturalen Laut aus, der vielleicht ein Lachen war.
    Laure hingegen schnaubte vor Wut.
    »Danke Martine. Das werden wir gleich klären.« Sie wollte davonstürmen, aber die Magd hielt sie am Ärmel fest. Sie deutete auf sich und ihren Mund, schüttelte den Kopf und machte eine flehende Geste. Laure hielt inne und sah sie an. Richtig, sie hatte genug unter Elsekens Bitterkeit zu leiden.
    »Nein, Martine, natürlich nicht. Von dir kann ich es nicht erfahren haben. Du kannst ja nicht sprechen.«
    Erleichterung malte sich in Martines Zügen ab.
    Der Rest war schnell herausgefunden. Eine der Schankmaiden berichtete von dem Schwartemuul, der seine Reliquien allen andrehen wollte und tolle Geschichten von dem blutgetränkten Grabtuch Jesu zu erzählen wusste. Ein Knecht berichtete, dass der Mann unter großer Heimlich­tuerei Stofffetzen angeboten hatte, die angeblich von besagtem Grabtuch stammten, aber keiner hatte das so recht glauben wollen.
    Eine aber wohl schon, dachte Laure und machte sich ihrerseits auf, Elsekens Kammer zu besuchen.
    Es war nicht schwer, den Fetzen altersbraunen Leinens zu finden. Er lag in dem geschnitzten Kästchen, in dem sie auch das elfenbeinerne Kreuz an der silbernen Kette auf­bewahrte, ihren einzigen Schmuck, den sie sonntags anzulegen pflegte. Laure klaubte das Stückchen Stoff heraus und machte sich auf den Weg in die Küche. Als sie den Hof überquerte, kam eben ein Buntwörter zur Werkstatt, in der Goswin die Wagen reparierte. Er nickte ihr lächelnd zu, und Laure riss sich zusammen, um ihm seine Freundlichkeit nicht mit ihrer Wut zu vergelten.
    »Ihr sucht den Wagner, Meister Joos?«
    »Ja, Frau Wirtin. Der Karren ist fertig, sagte mir der Geselle, und ich wollte den Meister entlohnen.«
    Ein böser Geist zwickte sie, und sie sagte: »Ihr könnt mir das Geld dalassen, Meister Joos. Ich gebe es ihm, sowie er zurückkommt.«
    Sie kannten einander schon seit Jahren, und so hatte der Kürschner keine Bedenken, ihr die Münzen auszuhändigen. Sie verabschiedete sich von ihm und strebte zur Küche. Neben ihr tauchte plötzlich Martine auf.
    »Besser, du gehst zu deinen Näharbeiten«, sagte Laure, aber die Magd schüttelte nur wieder den Kopf. Sie wies auf die Küche und führte die Hand zum Mund, als wolle sie etwas essen.
    »Jetzt nicht. Es wird Zank geben.«
    Leicht lag Martines Hand auf ihrem Arm.
    »Na gut, wenn du meinst.«
    Sie traten in die Küche.
    Elseken nahm Fische aus, die später gebraten werden sollten, über der Feuerstelle hing der Kessel mit Suppe, und ein Käse wartete darauf, in Stücke geschnitten zu werden.
    »Wie ich hörte, Elseken, ist gestern ein Reliquienhändler hier eingekehrt.«
    »Ja und?«
    »Der mit allerlei Lumpenzeug versucht hat, den Leuten Münzen abzuzwacken.«
    »Ja und?«
    »Diesen Fetzen hast du von ihm erworben, richtig?«
    Endlich sah Elseken auf.
    Und erstarrte.
    Dann sprang sie auf.
    Laure wich aus.
    »Gib das her!«
    »Nein, Elseken. Dieser Schmierlappen ist von meinem Geld gekauft worden. Du hast den Münzbeutel aus meiner Truhe entwendet, also habe ich den Lappen aus deinem Kästchen genommen.«
    »Das ist das Grabtuch Jesu!«, kreischte Elseken und versuchte, das Leinenstückchen wieder an sich zu bringen.
    »Du fällst

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