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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Küche schaute, sah sie, dass die Hollermilch inzwischen angedickt war, wenn auch einige Löffel voll davon fehlten.
    »Geht ihr heute zu Hemma und bringt ihr die Hollermilch?«, bat Laure ihre Kinder.
    »Ja, Mama.« Als die beiden nach einem Imbiss aufgebrochen waren, trat sie in das Geviert, das Gasthaus, Ställe und Gesindeunterkünfte bildeten. Dort bemerkte sie den Weinhändler, der mit einem Knecht das letzte Fass von seinem Wagen rollte. Erfreut nickte sie dem untersetzten Mann zu.
    »Rheinwein, zwei Fässer, ein guter Roter aus Burgund und ein schwerer aus dem Süden, so wie Ihr bestellt habt.«
    »Das ist recht. Wartet, ich hole Euch gleich Euren Lohn. Wollt Ihr derweil ein Bier aufs Haus trinken?«
    »Da sag ich nicht nein.«
    Er ging in die Gaststube, und Laure eilte zu ihrer Kammer. Sie schloss jeden Tag, wie Kornel es sie gelehrt hatte, die überschüssigen Münzen in ihre Truhe ein, um sie vor Langfingern zu schützen. Als sie jetzt den Lederbeutel ergriff, stutzte sie.
    Er war bis auf zwei kleine Kupfermünzen leer.
    Verdattert starrte sie ihn an. Noch am Tag zuvor war er gut gefüllt gewesen, und sie hatte erwogen, für sich und die Kinder gute Tuche für neue Gewänder zu kaufen. Und nun konnte sie noch nicht einmal den Wein bezahlen.
    Irgendjemand hatte, während sie bei ihren Eltern zu Besuch gewesen war, ihre Truhe geplündert.
    Sie unterdrückte den jäh aufsteigenden Zorn. Eins nach dem anderen. Zunächst musste der Weinhändler vertröstet werden, dann musste sie nachforschen, wer in ihre Kammer eingedrungen war.
    »Lasst nur, Frau Wirtin, Ihr seid nie eine säumige Zahlerin gewesen, und einen Engpass kann jeder mal haben. Zahlt bei der nächsten Lieferung.«
    Dankbar stimmte Laure zu und winkte der Schankmaid, dem Weinhändler auch noch ein ordent­liches Stück Räucherfisch und Brot zu reichen. Dann begab sie sich in die Küche. Hier hackte, wie üblich mürrisch, Elseken Gemüse klein.
    »Ach, Euer Gnaden begeben sich auch mal wieder an die Arbeit?«
    »Wie jeden Tag, Elseken. Und nun sag mir, wer die Einnahmen gestern gezählt hat?«
    »Was weiß denn ich? Du hattest ja Besseres zu tun, als dich um die Wirtschaft zu kümmern.«
    »Elseken, hör auf, so herumzugiften. Wer hat die Münzen gezählt?«
    »Ich sag dir, ich weiß es nicht.«
    »Der Beutel in meiner Truhe ist leer, Elseken. Jemand ist gestern in meine Kammer gegangen und hat das Geld herausgenommen.«
    »Was lässt du es da auch unbeaufsichtigt herumliegen?«
    »Es ist nicht ohne Aufsicht, denn wer immer hier arbeitet, kann sehen, wer in meine Kammer geht. Wir haben einen Dieb im Haus.«
    »Sicher. Die tumbe Magd. Die Martine.«
    »Hast du gesehen, wie sie den Beutel geleert hat?«
    »Brauch ich nicht sehen. Die ist eine Diebin und Schmarotzerin.«
    Laure beobachtete Elseken, die während ihrer bösen Worte eifrig weitergehackt und sie kein einziges Mal angesehen hatte. Ein übler Verdacht flog sie an.
    Wortlos verließ sie die Küche und fragte eine der Mägde nach Martine. Die wies sie zum Gemüsegarten. Dort kniete die Stumme und lockerte die Erde zwischen den Reihen von Bohnen und Gurken auf.
    »Martine, auf ein Wort.«
    Die Frau erhob sich und neigte grüßend den Kopf.
    »Lass uns nach hinten zu den Obstbäumen gehen.«
    Sie ging voraus, Martine folgte ihr. Hier, in dem mit Kirsch-, Apfel-, Pflaumen- und Birnenbäumen bestandenen Areal, waren sie ungestört.
    »Ich habe gestern zusammen mit meinem Bruder und den Kindern meine Eltern besucht.«
    Martine nickte, malte mit den Händen eine große, breitschultrige Figur in die Luft und lächelte dabei.
    »Ja, er ist ein prächtiges Mannsbild geworden, der Meister Olaf Timmermann. Der Vater ist stolz auf ihn, und ich auch. Nur – während ich fort war, Martine, bist du da in meine Kammer gegangen?«
    Martine sah sie ungläubig an und schüttelte dann vehement den Kopf.
    »Hast du jemanden in meine Kammer gehen sehen?«
    Jetzt nickte sie.
    »Wen, Martine?«
    Martine fuhr sich mit der gespreizten Hand von oben über das Gesicht, und als die Hand unten war, trug sie die gräm­liche Miene von Elseken.
    Laures Verdacht sollte sich wohl bestätigen.
    »Elseken ist in meine Kammer gegangen? Du hast sie bestimmt gesehen? Hat sie dich auch gesehen?«
    Kopfschütteln, die Handbewegung deutete Nähen an.
    »Du hast im Hof gesessen und genäht.«
    Martine deutete auf die Sonne und zog ihre Bahn nach unten nach.
    »Im letzten Licht des Tages.«
    Nicken.
    »Elseken beschuldigt dich, du

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