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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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ist umgebracht worden.«
    »Oh mein Gott!«
    »Hemma ist ganz furchtbar traurig.«
    »Aber ihr ist nichts passiert?«
    »Nein, ihr nicht. Aber sie sagt, man hätte schon häufiger versucht, sie zu erschrecken.«
    »Das hat sie mir neulich nicht erzählt.«
    Paitze machte sich aus ihrer Umarmung frei und schniefte.
    »Hat sie auch nur gesagt, weil sie so unglücklich war. Wir haben ihr geholfen, den Brummbären zu begraben.«
    »Das war lieb von euch.« Dann sah Laure ihren Sohn an. »Wodurch ist er gestorben?«
    »Einen Stich ins Herz. Ich glaube, mit einem langen Messer.«
    »Wer tut so was bloß, Mama?«, schnupfte Paitze.
    »Jemand, der sehr wagemutig war. Der Bär mag zwar friedlich gewesen sein, aber so einfach ist es nicht, ein solch großes Tier zu erstechen.«
    »Er war so sanftmütig. Und schlief immer neben ihrer Hütte.«
    »Aber umgebracht wurde er im Wald, bald hundert Schritt entfernt.«
    »Da haben wir ihn gefunden, Mama. Es war so schrecklich.«
    Laure empfand ebenfalls tiefe Traurigkeit, nicht nur um des alten Bären willen, sondern auch, weil er Hemma so lange begleitet hatte. Sie hatte ihn einst als verlassenes Junges gefunden und selbst aufgezogen. Aber erst einmal galt es, die Kinder zu trösten, und später würde sie zu der Einsiedlerin gehen und weitere Fragen stellen. Dass man sie bedrohte, gefiel ihr überhaupt nicht. Warum nur? Sie war doch als Friedensstifterin bekannt und tat wahrlich niemandem einen Harm.
    Aber es gab Menschen, die Lust am Töten hatten.
    Alard und Cord waren seit einiger Zeit nicht mehr im Gasthaus gewesen, und das hatte sie im Grunde erleichtert.
    Diese Erleichterung wandelte sich nun in Grauen.

11. Ein Bad in Limburg
    Es wäre besser für die Kirche, es gäbe keine Päpste und Prälaten, ­sondern nach Abschaffung dieser ganzen kaiser­lichen Einrichtung ­lehrten nur arme Priester mittellos und freundlich das Gesetz Christi.
    Wiclif
    Melle zog ein kleines Knäuel an einem Faden hinter sich her, und das Kätzchen hoppelte auf seinen drei Beinen munter hinterher, um es zu haschen. Drei Monate war es jetzt bei ihr, und die Wunde am Hinterlauf war gut verheilt. Matti, so hatte sie den jungen Kater genannt und sich gegen die Muhm durchgesetzt, die ihn hatte ersäufen wollen. Mit Zähnen und Klauen hatte sie das hilflose Tier verteidigt. Sie hatte sich selbst das Essen vom Mund abgespart, um es zu füttern, seine Wunde gewaschen, mit Salbe bestrichen und verbunden – auch wenn Matti das Leinen immer wieder abgezupft hatte.
    Er war gewachsen und hatte sich mit seiner Behinderung abgefunden. Ja, er hatte sogar die eine oder andere Maus aus der Vorratskammer gefangen, und seither duldete Melles Tante ihn.
    Das Leben war ein klein wenig heller dadurch geworden, dass Melle Matti hatte, um den sie sich kümmern konnte. Auch wenn die Weberei ihr noch immer verhasst war und sie oft mit Groll an ihre Mutter dachte. Die war, so hatte sie erfahren, gar nicht mehr in Köln. Sie war schon Anfang des Jahres nach Konstanz zu einem Konzil gezogen. Vermutlich war der Hurenlohn, den Bischöfe und Kardinäle zahlten, höher als das, was sich die Priester hier leisten konnten.
    Die Muhm glaubte, dass die Männer, die der Kirche dienten, das in gottgefälliger Art taten und dass sie sich um das Heil der Gläubigen kümmerten. Aber Melle war sich da nicht so sicher. Gut, Pfarrer Daniel hatte sich um seinen Sprengel gekümmert. Er hatte die Reichen um Almosen gebeten, um den Ärmsten Essen und Kleidung zukommen zu lassen. Er hatte sich um Kranke und Sterbende gekümmert, hatte Waisen und Witwen getröstet, hatte Kinder getauft und sich um ihren Werdegang gekümmert. Sogar eine Pfarrschule hatte er betreut, in der sie selbst auch Buchstabieren, Rechnen und Singen gelernt hatte. Und als er bemerkt hatte, dass sie in diesen Dingen gelehrig war, hatte er ihr selbst Unterricht in allen mög­lichen Fächern gegeben.
    Er hatte ihr auch erklärt, was es mit der Kirche auf sich hatte.
    Weshalb sie das schlichte Vertrauen der Muhm in die Geist­lichen nicht teilte.
    Die Kirche, das waren die Männer, die das Wort Gottes kannten und verbreiteten. Aber nicht einfach so, sondern sie mussten das auch lernen. Es gab solche wie Pfarrer Daniel, der in einer Gemeinde wirkte. Ihm dienten aber auch Helfer, die Mesner, die sich um die Pfarrschüler und den Altar und die Kapelle kümmerten. Über dem Pfarrer hingegen stand der Bischof, der für mehrere Pfarreien zuständig war. Und den Erzbischof, den gab es

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