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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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schwanger geworden. Dieser Umstand wäre noch nicht weiter schlimm gewesen, denn der Ritter war standesgemäß und hätte sie, so er Kenntnis davon gehabt hätte, sicher geehelicht. Doch auch er war zum Kreuzzug aufgebrochen und gleich in den ersten Kämpfen gefallen.
    Als die Nachricht von seinem Tode kam, hatte Jutta bereits den kleinen Friedrich geboren. Sie war die ganze Zeit nicht ohne Hoffnung gewesen, doch die traurige Kunde stürzte sie in schwärzeste Tiefen, aus denen es für sie offensichtlich kein Entkommen gab. Fromm war sie schon immer gewesen; nun zerfraß ihr sündiges Gewissen ihre Seele. Auch Konstantin, der sich nach der ersten Bestürzung über den Fehltritt seiner Angebeteten wieder gefasst hatte, konnte sie mit seinem Antrag und der Versicherung seiner beständigen Liebe nicht aus dem Tal der Tränen hervor­holen.
    Jutta siechte dahin, glaubte nicht mehr an die Erlösung von ihren Sünden.
    Einige Wochen sahen Otto und Konstantin dem Jammer zu, dann erinnerten sie sich plötzlich wieder an die irrwitzige Idee, die sie bewogen hatte, dem Mumienhändler eine kostbare »Reliquie« abzukaufen.
    Konstantin brach auf, um seinen Bruder zu holen. Der war noch immer Priester, wenngleich er einige höchst wunder­liche Ansichten hegte. Wie er seinem älteren Bruder anvertraute, war er der Lehre der Katharer zugeneigt und fand Gefallen an der Vorstellung der Nicht-Auferstehung Jesu.
    Wieder einmal war Konstantin entsetzt, doch das hintersinnige Lächeln seines Bruders ließ ihn schweigen.
    »Ihr habt einen einbalsamierten Leib, Konstantin, einen Heiligen, der sicher Wunder wirken kann. Die junge Frau braucht wieder einen Halt im Leben, eine Wurzel für ihren Glauben. Es wäre einen Versuch wert, auch wenn es vielleicht nicht die ganze Wahrheit ist, die wir ihr damit sagen. Aber Glauben ist nicht Wissen, er geht tiefer und berührt die Seele, in der sich dann das Wissen dazu bildet. Wunder kommen zu denen, die an sie glauben.«
    Und so bat Konstantin seinen Bruder, ihn nach Hürth zu begleiten, wo Otto ihm den Sarg mit seinem vertrockneten Inhalt zeigte. Der Priester war beeindruckt, und so wurde die Mumie höchst achtsam auf ein mit Gold­brokat bedecktes Lager gebettet, hohe Wachskerzen zu ihrem Haupt aufgestellt, das nun ein Kranz aus dornigen Rosen schmückte. Weihrauch wurde verbrannt und leise Gebete gesprochen. Als Jutta in einem schlichten weißen Gewand hinzutrat, die Hände in geweihtem Wasser spülte und mit ihnen die altersbraunen, von Aloe und Myrrhe getränkten Binden berührte, da fühlte sie die schwere Last ihrer Schuld aus ihrem Herzen schwinden.
    Heiterkeit erfüllte ihre Seele, und beglückt sah Konstantin sie lächeln.
    Sie nahm wieder Essen zu sich und widmete ihrem kleinen Sohn Liebe und Aufmerksamkeit, doch den Antrag von Konstantin von Hane lehnte sie ab.
    Fürderhin wollte sie es übernehmen, dem Heiligen, der ihr den Glauben wiedergeschenkt hatte, in ewiger Anbetung zu dienen.
    Konstantin von Hane blieb nichts anderes übrig, als ihre Abweisung anzuerkennen, und nach einiger Zeit fand sein edelmütiges Gemüt eine stille Befriedigung darin, den minnig­lichen Wachdienst über sie auszuüben.

15. Gewürzte Zwiebeln
    September 1415
    Laure gefiel es überhaupt nicht, dass diese Fahrenden bei ihr Unterkunft nehmen wollten. Der Haufen war ebenso zusammengewürfelt wie ihre bunte Kleidung. Eine Zwergin, kleiner als Paitze, doch mit vollen Brüsten und einem wissenden Grinsen unter ihrer Knubbelnase, ein grauhaariger Löffelschnitzer mit durchdringender Stimme, ein magerer Junge mit einem Äffchen, ein hochaufgeschossener, klapperdürrer Mann, der Stelzen geschultert hatte, ein freches Mädchen in Jans Alter, ein kurzbeiniger Fiedler, eine rund­liche Flickschneiderin und eine Rattenfängerin mit zwei Frettchen bildeten die Truppe. Immerhin, die drei Letzteren würden sich bei ihr gerne ein Zubrot verdienen können. Und dann war da noch dieser einarmige Anführer mit dem harten Blick – der war irgendwie furchteinflößend. Aber das größte Misstrauen erweckte in ihr der Magister Hagan.
    Laure las viel in den Gesichtern der Gäste, und seines war eine Maske. Höflich war er, ja sogar respektvoll. Und das Geld schien er auch zu verwalten. Aber seine wahre Natur mochte ganz anders aussehen.
    Kam dazu, dass der Zeidler-Willi die Vermutung geäußert hatte, die Vaganten könnten für den Überfall auf Hemma verantwortlich sein.
    Nein, glücklich war sie nicht über deren Ankunft, obwohl

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