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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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weiteres, niedriges Wohnhaus mit Wirtschaftsräumen.
    Sie betraten den Hof, und der Magister sah sich nach dem Gastwirt um. Eine Magd mit einem Joch über der Schulter, an dem zwei Eimer mit Wasser hingen, antwortete auf seine Frage freundlich: »Fragt nach Frau Laure, sie führt die Wirtschaft hier. Wahrscheinlich ist sie im Garten dort.«
    Mit dem Kinn wies sie zu dem Durchgang zwischen Haus und Werkstatt.
    Melle folgte dem Magister neugierig in die angegebene Richtung, und sie gelangten in einen von hohen Hecken umgebenen Gemüsegarten, dem sich weiter hinten ein Obstgarten anschloss. Zwischen den Kräutern kniete eine zier­liche Frau, der einige Löckchen rotblonder Haare unter einem weißen Tuch hervorgerutscht waren. Sie wühlte in der Erde herum und warf Knollen in einen Korb. Dabei summte sie leise eine traurige Melodie.
    Sollte das die Wirtin sein? Sie war fast noch ein Kind. Ein nied­liches allerdings. Melle hatte eine stämmige Matrone mit breiten Hüften und roten Wangen erwartet, ein Weib, energisch genug, einen großen Hof zu führen.
    Jetzt sah sie hoch, stellte das Summen ein, und goldbraune Augen musterten sie beide von oben bis unten.
    »Herr?«
    »Magister Hagan, zu Diensten. Ich suche die Wirtin.«
    »Habt Ihr gefunden, Magister.«

Zweiter Teil

Prolog
    Mê dann hundert tûsent wunder
    hie in disem lande sint,
    dâ von ich niht mê besunder
    kan gesagen als ein kint.
    Palästinalied, Walther von der Vogelweide
    Köln 1254
    Die Überfahrt aus dem Heiligen Land war verhältnismäßig ereignislos verlaufen, doch der Landweg von Italien über die Alpen erwies sich als hart und beschwerlich. Erst als die drei jungen Ritter mit ihrer kostbaren Fracht die weitere Fahrt auf einem Rheinschiff antraten, konnten sie sich von dem Mangel und den Entbehrungen erholen. Trotz allem aber waren sie guten Mutes, denn nach vier Jahren endlich würden sie die Heimat wiedersehen und zu ihren Familien zurückkehren.
    Unterwegs aber hatten sie oft und viel darüber gesprochen, was sie mit der Mumie, die sie in ihrem hölzernen, versiegelten Sarg begleitete, anfangen sollten. Was sie sich in einem Anfall von Übermut ausgedacht hatten, schien ihnen mehr und mehr unwürdig zu sein, und gerade Martin von Iddelsfeld knurrte manchmal, man solle die dröge Fracht einfach über Bord werfen. Oder einem Apotheker verkaufen, der die Mumie zermahlen und zu einer Heilsalbe verarbeiten würde. Seine Freunde waren dagegen; es kam ihnen allzu sehr wie Leichenschändung vor. Schließlich war es Konstantin von Hane, der einen brauchbaren Vorschlag machte.
    »Wenn einer weiß, wie man mit Reliquien umzugehen hat, dann mein Bruder. Der ist Priester. Oder zumindest war er es noch, als wir aufbrachen.«
    »Gut, dann lassen wir ihn entscheiden. Ich will mit dem toten Heiden da nichts mehr zu tun haben«, meinte Martin. »War eine irrwitzige Idee, uns das Ding andrehen zu lassen.«
    Doch als so ganz irrwitzig erwies sich die Idee dann doch nicht.
    In Köln trennten sich die jungen Recken. Martin von Iddelsfeld kehrte auf den Stammsitz seiner Familie zurück, Konstantin begleitete jedoch zunächst Otto nach Hürth. Denn er hatte den Wunsch, Ottos Schwester Jutta wiederzusehen, der er in tiefer Minne ergeben war.
    Man empfing sie mit Freuden, man hörte mit Staunen und Hingabe den Schilderungen zu, die nun, in der Erinnerung von Sand und Flöhen gereinigt, weit farbenprächtiger und leuchtender, ruhmreicher und glanzvoller waren als zu der Zeit, als sie im Staub des Heiligen Landes entstanden. Mit besonders großen Ohren und glänzenden Augen lauschte vor allem Ottos kleiner Bruder Max diesen Geschichten.
    Über den Mumienhändler schwiegen Otto und Kon­stantin sich aus, der Sarg war heimlich in ein Kellergewölbe geschafft worden und ruhte dort zwischen Erbsen- und Mehlsäcken.
    Doch nicht nur reine Freude barg die Rückkehr der Helden, denn Konstantin, der Jutta die Ehe hatte antragen wollen, fand seine Angebetete in tiefe Melancholie versunken. Auch Otto war entsetzt, seine einst so lebensfrohe Schwester blass und abgehärmt anzutreffen, und als er seine Mutter nach dem Grund fragte, kam eine traurige Geschichte heraus.
    Just einen Monat nach seinem Aufbruch gen Palästina war Jutta in leidenschaft­licher Liebe zu einem Ordens­ritter entbrannt und hatte sich – hier seufzte Ottos Mutter zutiefst und sandte Konstantin schuldbewusste Blicke zu – über alle Schranken der christ­lichen Erziehung hinweggesetzt. Kurzum, Jutta war

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