Die Gefährtin des Vaganten
hat sie bestraft und für tot liegen lassen. Aber, soweit ich verstanden habe, hat eine Bettlerin sie gefunden und ihr geholfen.«
»Was zusätzlich erklärt, dass sie sich immer versteckt, wenn Fremde auftauchen, und nie in den Schankraum geht«, ergänzte Inocenta.
»Söldner, die als Zuhälter arbeiten. Züchtiger, die bei Notwendigkeit die Frauen umbringen. Gobel, Coen, Curt, Alard. Gelichter aus den bergischen Kriegen. Und Dietrich hat die Finger darin.«
»Welche Rolle spielen diese Verschleierten?«, fragte Inocenta.
»Reliquien-Hokuspokus. Oh, war doch nützlich, dass ich den alten Schlebusch aufgesucht habe.«
Hagan erzählte von dessen festem Glauben, dass er genügend Geld für seine Erlösung ausgegeben habe. »Ich dachte an Ablasszettel, aber möglicherweise handeln diese Damen auch mit Reliquien. Wenn sie wirklich einen Lappen besitzen, der als Grabtuch Christi durchgeht, dann fallen solche Tröpfe wie Richmont ganz gewiss darauf rein.«
»Was macht dieses Grabtuch denn so außergewöhnlich heilig? Es ist doch vermutlich auch nur irgendein modriges Stück Leinwand?«
»Nicht, wenn seine Echtheit beglaubigt ist.«
»Von wem?«
»Papst oder Bischof.«
»Aha, es fängt an, Umrisse zu bekommen.«
»Oh ja.«
»Aber, Magister, warum waren sie dann hinter dir her?«
Hagan seufzte.
»Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht.« Er dachte nach. Angestrengt. Es gab Gründe, warum Dietrich ihn äußerst gerne aus dem Weg haben wollte. Aber mit dem Bischofsamt in Speyer war er kein Hindernis für ihn. Also musste irgendjemand in Konstanz angenommen haben, dass Hanna ihm noch etwas weit Brisanteres hätte anvertrauen können. Was hatte Hanna in Erfahrung gebracht? Und wann?
Er ließ die anderen seinem Gedankengang folgen.
»Du sagtest, in Straßburg hättest du den Berater des Erzbischofs gesehen. Es gibt Kuriere, die Botschaften schicken. Vielleicht ist sie an eine solche zwischen Dietrich und seinem Berater gekommen«, meinte Piet.
»Könnte sein. Offensichtlich zieht er etwas ungeheuer Großes und verdammt Unheiliges auf. Und dieses Grabtuch spielt dabei eine Rolle.«
»Er hat es und verbreitet über seine ihm hörigen Priester Wundermärchen darüber.«
»Geld und Macht und Ehrgeiz. Dietrich hat Landhunger. Paderborn hat er sich schon einverleibt. Die von Berg bekommt er auch noch mürbe. Immerhin hat sein größter Widersacher, Wilhelm, sich aus der Fehde zurückgezogen und überlässt den Schlamassel seinem Bruder Adolph. Kriege kosten Geld. Nicht nur Waffen und Söldner, sondern auch Schmiergelder.«
» Ad maiorem dei gloriam. «
»Ja, zur höheren Ehre Gottes, Amen.«
22. Äpfel und Birnenmus zwischen Brotscheiben, ausgebacken
»Ich geh in keinen Konvent. Nie, auf gar keinen Fall.«
Paitze und Melle arbeiteten zusammen im Gemüsegarten und banden Kräutersträuße zusammen, die getrocknet werden sollten. Der Duft von Minze und Salbei lag in der Luft.
»Aber die Damen führen ein feines Leben, Melle. Die haben Mägde und Köchinnen und schöne Kleider und dürfen singen und lesen und feine Handarbeiten machen. So hat es Frau Hemma mir geschildert.«
»Ich will aber lieber Bohnen pflücken und Kürbis einlegen als edle Gewänder tragen und ständig beten müssen. Und mich mit hochnäsigen Schnepfen herumärgern.«
»Dann musst du zu den Beginen gehen. Da kannst du das. Und ich glaube, die beten auch nicht so viel.«
»Ich mag aber nicht eingesperrt sein. Meinst du nicht, dass deine Mutter mich hierbehalten würde?«
»Mich würde es freuen, Melle. Aber ich glaube, dein Vater möchte, dass du ein vornehmeres Leben führst denn als Magd in einem Gasthaus. Er ist doch ein Magister.«
»Der mit Vaganten umherzieht.«
»Glaubst du?«
Melle sah ihre Freundin fragend an.
»Was meinst du damit?«
»Ich weiß nicht, Melle. Du siehst ihn immer nur als Schreiberling, aber um Magister zu werden, muss man eine Weile studieren, nicht? Und Studieren kostet Geld.«
»Es gibt Bettelscholaren.«
»Schon. Aber ich könnte mir auch vorstellen, dass er Geld hat. Wen sucht er denn in Köln auf?«
»Einen alten Hauptmann und jetzt – mhm – den Vater seines Freundes. Einen Ritter.«
Melle zupfte Rautenblättchen ab, und der süße Duft stieg von ihren Fingern auf.
»Meine Mutter hat mal erzählt, dass sie ihn bei einem Turnier kennengelernt hat.«
»Tja.«
»Mist.«
Jan kam mit einem weiteren Korb in den Garten, stellte ihn vor Paitze ab und sagte: »Elseken will
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