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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Schnitten in den Schankraum brachte, begrüßte sie ein begeistertes Aufseufzen. Sie konnte wirklich wieder lächeln, und als sie die Leckerei verteilt hatte, fühlte sie sich besser. Die Anerkennung für ihre Arbeit heiterte sie immer auf, und so blieb sie eine Weile bei den Leuten und hörte ihren Geschichten zu. Zwei wandernde Scholaren leckten sich begeistert die Finger ab und verg­lichen sehr schmeichelhaft die Verköstigung im Gasthaus mit der der Burse in Köln. Der Bandkrämer, der immer samstags vorbeikam, erzählte einem Handwerksgesellen auf der Walz von einem unheim­lichen Riesenfisch, der den Rhein hinauf­­geschwommen war, vermutlich einer, der Leute wie Jonas verschlucken konnte. Aber ausgespuckt habe er keinen Heiligen, gestand er auf Nachfragen. Ein recht wohlhabend aussehender Händler – soweit sie wusste, waren Metallwaren sein Geschäft – unterhielt sich mit Piet und dem Fiedler. Offensichtlich versuchte er, ihnen etwas anzudrehen. Man handelte zäh mit leisen Worten.
    Sie wurde von Inocenta nach der Zubereitungsart der goldenen Schnitten gefragt und setzte sich kurz zu ihr, gab Melle einen Wink, ebenfalls zuzuhören, und erklärte ihnen dann das Rezept. Melle wusste, dass ihre Mutter etwas Ähn­liches mit Heidelbeeren gemacht hatte, Inocenta erklärte ihr, wie man Backäpfel in Teig herstellte, und darüber räumten die Schankmaiden die Tische ab, und die Gäste verließen nach und nach den Raum. Piet stand auf, ging zu der Flickschneiderin und legte ihr ein kleines Stück Stoff vor.
    »Was ist das, Janna?«
    Sie nahm es zwischen die Finger und rieb daran.
    »Mhm. Ziemlich festes Leinen, aber mit irgendwas ge­­tränkt. Dreck?«
    Laure äugte hinüber. Der Fetzen war braun, an den Rändern zerfasert, aber recht fein gewebt. Mürbe allerdings und fleckig. Sie streckte die Hand aus. Die Schneiderin reichte es ihr.
    Ein leichter Geruch entströmte dem Leinen. Sie schnüffelte daran.
    »Ich habe auch schon gemerkt, dass es duftet, Frau Laure. Was glaubt Ihr, wonach? Ihr kennt Euch mit Gewürzen und Kräutern doch aus«, wollte Piet wissen.
    Sie schnupperte daran. »Nein, keine Kräuter. Gewürze vielleicht. Aber eher noch Weihrauch, nicht wahr?«
    »Ja, den Eindruck habe ich auch. Myrrhe vielleicht.«
    Laure rieb ebenfalls den Stoff zwischen den Fingern.
    »Ziemlich alt. Aber der Duft hält sich nicht so lange, würde ich sagen.«
    Klingsohr lachte leise.
    »Wenn man dem Händler glaubt, dann hält er schon vierzehnhundert Jahre.«
    Laure betrachtete das Stück Stoff wieder.
    »Reliquie?«
    »So beteuerte er. Vom Grabtuch des Herrn.«
    »Das scheint in der letzten Zeit gerne verkauft zu werden. Elseken hat sich auch so einen Fetzen andrehen lassen.«
    »Können wir uns den mal ansehen?«
    »Sie ist unterwegs, um Vorräte zu kaufen.«
    Inocenta grinste.
    »Umso besser.«
    »Nein, das mache ich nicht. Ihr werdet sie selbst über­reden müssen, ihn Euch zu zeigen.«
    Laure erhob sich, um zurück in die Küche zu gehen. Elseken war offensichtlich gerade zurückgekommen und stemmte ein Messer durch das Käserad auf dem Tisch.
    »Holländer im Hafen«, nuschelte sie mit vollem Mund und reichte Laure ein Stück davon.
    »Schmeckt gut.«
    Inocenta war ihr gefolgt, bekam ebenfalls eine Kostprobe, aber Laure verließ die Küche, um nicht bei der nun fälligen Überredung dabei sein zu müssen. Sie suchte Hemma auf, die in einem unruhigen, leichten Fieberschlaf im Bett lag. Martine saß neben ihr, und es schien Laure, als sei die stumme Magd ein klein wenig gelöster als in den vergangenen Wochen. Das Gespräch mit Piet hatte ihr wohl gut- getan. Wie immer war sie mit einer Flickarbeit beschäftigt.
    Piet ist ein vernünftiger Mann, ging Laure durch den Kopf. Und Piet war auch oben bei Hemmas Hütte gewesen.
    Vielleicht sollte sie sich ihm auch anvertrauen. Es gab sonst niemanden. Mit ihren Eltern konnte sie nicht darüber sprechen; sie hatten kein Verständnis für Herzensnöte und Gewissenszweifel. Und ihr Bruder Olaf – nein, er war zu lange nicht hier gewesen.
    Piet war ein weitgereister, weltkluger Mann. Sie nahm ihr heim­liches Büchlein aus der Truhe und steckte es in ihre geräumige Schürzentasche. Dann fragte sie Martine leise nach Hemmas Zustand und erhielt eine beschwichtigende Handbewegung zur Antwort. Aber sie deutete auf den Krug mit verdünntem Most, der fast geleert war.
    »Gut, ich lasse dir frischen bringen.«
    Dann ging sie nach unten, musste Neuankömmlingen Unterkunft

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