Die Gefährtin des Vaganten
kam nach Hause. Ein gutes Essen wartete, Feuer würde im Kamin brennen, die Öllampen auf den Tischen den Raum erhellen, ein Krug gewürzter Wein stand bereit, freundliche Geselligkeit würde ihn empfangen.
Und er brachte Unglück und Leid mit sich hinein. Möglicherweise sogar Gefahr.
Aber zunächst wurde seinem Begleiter Hilfe zuteil. Frau Laure kümmerte sich sogleich um heißen Wein, brachte eine weiche Decke, in die Stephan, seiner nassen Kleider ledig, gehüllt an den Kamin gebeten wurde. Er klapperte noch mit den Zähnen, und Hagan gab den Anwesenden nur zu verstehen, dass er ihn bei der Überquerung des Flusses aus dem Wasser gezogen hatte. Über die Verfolger schwieg er.
Die warme Suppe weckte Stephans Lebensgeister wieder, und aus irgendeiner versteckten Truhe hatte die Wirtin ihm ein paar Kleidungsstücke hergezaubert. Als er sie angezogen hatte, bat Hagan sie, mit ihm und Piet in der Küche sprechen zu dürfen. Sofern Elseken sie bereits verlassen hatte.
»Ihr seid ungestört, Magister Hagan. Elseken geht früh zu Bett.«
»Dann gesellt Euch zu uns, Frau Laure.«
»Ich weiß nicht, ob das dem Herrn recht ist.«
»Wird es. Kommt. Einen Schluck Wein habt Ihr nach Eurem langen Tag sicher auch verdient.«
Stephan wirkte noch immer bedrückt, auch wenn er nun nicht mehr zitterte. Dennoch überließ Hagan ihm den Platz in der Nähe des Herds, auf dem noch die Glut unter dem Kessel schwelte, in dem der Morgenbrei aufquoll. Er hatte seinem Vetter bereits Piet als seinen Freund vorgestellt.
»Seid Ihr bereit, uns zu berichten, was die beiden Männer von Euch wollten, die Euch gejagt haben?«
»Ich weiß es nicht. Wirklich, ich weiß es nicht. Vielleicht dachten sie, ich sei ein reicher Mann mit einem schweren Geldbeutel.«
»Habt Ihr eine schwere Börse bei Euch?«
»Nein, doch nicht nachts.«
»Ihr hattet vermutlich Geschäfte zu regeln, dass Ihr noch nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs wart?«
Piet sah Stephan freundlich an.
»Nein … ja.«
»Wolltet Ihr noch nach Efferen zurück? Oder habt Ihr Unterkunft in Köln gesucht, Vetter?«
»Ich hatte Unterkunft gesucht.«
Abwechselnd stellten Piet und er Stephan Fragen, wollten wissen, was er getan hatte, wo er gewesen war, wen er getroffen hatte. Doch es schien, als ob man ihm jede Antwort mit Zangen herausziehen müsse.
Laure verhielt sich ruhig, doch Hagan bemerkte, dass sie das Gesicht seines Vetters unaufdringlich musterte. Sie schenkte wieder Wein aus, nun den schweren Roten, der selten in der Gaststube serviert wurde und den sie offensichtlich besonderen Ereignissen vorbehielt. Er nippte vorsichtig daran, denn er hatte bemerkt, dass er schnell zu Kopf stieg. Stephan hingegen trank ihn mit großen Schlucken.
»Seid bedächtig damit, Herr von Horne«, mahnte Laure und legte ihm sacht die Hand auf den Arm. »Und nun sagt uns doch, was Euch so quält. Schaut, der Magister und Piet haben allen Grund, Euch diese Fragen zu stellen, denn wie es aussieht, sind jene Männer, die Euch bedrohten, auch Schuld daran, dass meinem Haus, meinem Heim Gefahr droht. Was habt Ihr getan, Herr, dass man Euch nachstellte?«
Die sanften Worte, die sachte Berührung schienen weit mehr Wirkung zu zeigen als die nüchternen Fragen. Stephan hob noch einmal mit zitternder Hand den Becher zu den Lippen, setzte ihn aber wieder ab, ohne getrunken zu haben. Dann schlug er beide Hände vor das Gesicht und schluchzte trocken auf.
Hagan blieb ganz ruhig und Piet schien ebenfalls in vollkommener Regungslosigkeit erstarrt. Laure legte ihren Arm um den erschütterten Mann.
»Kommt, erleichtert Euer Herz, Stephan. Ihr seid unter Freunden. Wir wollen Euch helfen.«
»Mir kann keiner mehr helfen. Wäre ich doch nur ertrunken …«
»Nein, Stephan, nein. Uns wurde das Leben zu treuen Händen gegeben, wir dürfen es nicht verschwenden.«
»Und doch habe ich eines vernichtet«, schluchzte er. »Ich habe meinen Bruder umgebracht. Oh, mein Gott, ich habe ihn getötet.«
Hagan sah Laure zusammenzucken. Trotzdem hielt sie weiter ihren Arm mütterlich um ihn gelegt.
»Doch nicht heute, Stephan.«
»Nein, nein, nein. Vor zwei Jahren war es. Auf See war es. Heilige Jungfrau Maria, es war auf See. Nach einem bösen Streit. So böse und so hässlich. Und ich war im Unrecht. Bestimmt war ich im Unrecht.«
»Worum ging denn dieser Streit?«
»Um die Mumia. Immer ging es um solche Fragen. Gert wollte Geschäfte machen, egal womit. Er sah immer nur den Profit. Er war auch
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