Die Gefährtin des Vaganten
weben.«
»Und hier?«
»Darf ich Eier sammeln und Pilze und Obst dörren und Kräuter verlesen. Und Pferde füttern und Flusskrebse fangen.«
Ein weiteres Schmunzeln versteckte sich unter seinem Bart. Ein höflicher Wildfang.
»Und Paitze und Jan das Buchstabieren beibringen!«
Trotzig.
»Das halte ich für besonders löblich. Dann sollte ich euch Wachstafeln und Griffel mitbringen. Ich reise morgen wieder nach Köln; ich will sehen, was ich finde. Aber achte drauf, dass du nicht in den Ruf einer Federwacklerin kommst, Melle, wenn du so gelehrsam tust.«
Erstmals seit er mit ihr sprach, stahl sich ein Lächeln in ihre Mundwinkel.
»Da pass ich schon auf, Magister Vater.«
Er hätte sich gerne länger mit ihr unterhalten, aber es fiel ihm so wenig ein, worüber er mit ihr hätte sprechen können. Und plötzlich ging ihm auf, dass er sich jungen Mädchen wie ihr gegenüber einfach unsicher fühlte.
Das war eine närrische Regung. Sicher, aber daran konnte er im Augenblick nichts ändern. Es gab so viel zu erledigen.
Als er am nächsten Tag mit der Fähre nach Köln übersetzte, erkundigte er sich, wann sie das letzte Mal am Tag den Strom überquerte. Man riet ihm, vor Sonnenuntergang an der Anlegestelle zu erscheinen. Da er keine Lust verspürte, noch eine Nacht in dem schäbigen Gasthaus am Hafen zu verbringen, erkundigte er sich nach anderen Möglichkeiten und wurde an die Schiffer verwiesen, die mit ihren Nachen auch noch später Personen übersetzten. Er fand einen knorrigen alten Mann, der sich bereiterklärte, ihn, wann immer er erscheinen wollte, zum anderen Ufer zu rudern, vorausgesetzt, er war in der Lage, den entsprechenden Lohn zu zahlen.
Zufrieden mit dieser Lösung mietete Hagan wieder den Wallach und ritt hinaus nach Lindenthal, um den Hauptmann Upladhin aufzusuchen.
Der alte Kämpe freute sich, ihn zu sehen, und grummelte auch diesmal nicht zu sehr über die Qualität des Pferdes. Nach einem herzhaften Essen berichtete Hagan über seine Entscheidungen.
»Ich habe hier für Euch eine Abschrift meiner Anweisungen, falls mir etwas zustoßen sollte, Hauptmann. Mit Frau Bela von Horne habe ich auch bereits gesprochen. Sie wird sich meiner Tochter annehmen.«
»Gute Wahl.«
»Und dann habe ich hier zwei Zeichnungen, die die beiden Söldner darstellen, die in der ›Bischofsmütze‹ dann und wann auftauchen.«
Upladhin betrachtete die Bilder und nickte.
»Die beiden hier sind mir zwar nicht bekannt, aber diese Art Männer kenne ich mehr als genug. Gewissenlose, brutale Mörder und Schänder, die ihren Sold von jedem nehmen, der ihrer Dienste bedarf. Verroht und gotteslästerlich. Dergleichen, Hagan, sind derzeit als Zuhälter tätig, habe ich von meinen Gewährsleuten im Turm erfahren. Es hat in den vergangenen Jahren einige Zwischenfälle gegeben. Nur – wer schert sich schon um eine erdrosselte Dirne, die man in der Gosse findet? Oder solche, die einfach spurlos verschwinden?«
»Verschwinden welche?«
»Derzeit mehr als sonst. Irgendetwas tut sich, auch wenn niemand den Finger drauf legen kann. Es sind auch Männer überfallen und ermordet worden, die vermutlich mit einer bestimmten Sorte Dirnen zusammen waren. Ein Gewandschneider, ein Weihrauchhändler, ein Goldschläger. Anscheinend um ihrer Habe willen. Aber es könnte auch andere Zusammenhänge geben.«
»Ihr denkt weiter als die Turmmeister?«
»Anders. Sie sehen nur den einzelnen Fall. Und über den Besuch der Dirnen macht sich keiner von ihnen große Gedanken. Aber du hast von den Töchtern der Nacht gesprochen, und ich habe daraufhin meine Fragen abgestimmt. Von den Töchtern wusste keiner, aber dass diese Männer Verbindungen zum Hurenvolk hatten, zeigte sich.«
»Wohlhabende Männer?«
»Recht wohlhabende. Es kann Zufall sein, vielleicht waren sie leichtsinnig, protzten mit ihrem Wohlstand, machten reiche Geschenke – so etwas zieht das Raub- und Diebsgesindel an.«
»Habt Ihr etwas über das Grabtuch Christi gehört?«
Upladhin schnaubte verächtlich.
»Abergläubischer Humbug. Ja, ich habe gehört, es sei gefunden worden, und jetzt verhökert jeder Reliquienhändler, der was auf sich hält, alte schmutzige Lappen. Übrigens wohl auch dieser Goldschläger.«
»Es sind Fetzen von Mumienbinden.«
Röhrend lachte der Hauptmann auf.
»Das ist ja noch besser als die Knochen aus dem Gräberfeld hinten an der alten Stadtmauer.«
»Ja, und wie es heißt, klagen schon die Apotheker über einen Mangel an
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