Die Gefahr
späten sechziger Jahren in Kasachstan getestet haben. Er glaubt sich zu erinnern, dass damals zwanzig derartige Waffen getestet wurden. Aber jetzt wird’s wirklich interessant. Die Sowjets hängen das nicht an die große Glocke – wir übrigens auch nicht –, aber es ist so, dass nicht alle Tests auch wirklich erfolgreich waren.«
»Das erschreckt mich nicht«, erwiderte Rapp. »Darum heißen sie ja Tests, oder?«
»Ja, aber was ich Ihnen als Nächstes sage, wird Sie vielleicht ein wenig erschrecken. Wenn ich sage, die Tests haben nicht funktioniert, dann heißt das, dass zwar die kritische Masse vorhanden war, aber in manchen Fällen nicht die maximale Sprengkraft entwickelt wurde, und dass es andere Tests gab, die aus anderen Gründen nicht klappten.«
»Sie meinen, die Bomben sind nicht hochgegangen?«
»Nicht genau. Die Blindgänger, wie wir sie nennen, sind in der Regel schon hochgegangen. Sie haben nur die Kettenreaktion nicht gestartet.«
»Kann man das auch in verständlichen Worten sagen?«
»Also, in solchen Fällen passiert Folgendes«, antwortete Reimer und formte mit beiden Händen eine Kugel. »Wenn die Sprengladung rund um das radioaktive Material nicht optimal detoniert, wird die Kettenreaktion nicht ausgelöst. Ist das so weit verständlich?«
McMahon und Rapp nickten.
»Nach einer solchen missglückten Detonation sind wir normalerweise gleich zum nächsten Test übergegangen. Wir haben das radioaktive Material zwar aus dem Loch hervorgeholt, wenn es nicht zu aufwändig war – aber meistens haben wir es da unten gelassen, wo wir es vergraben hatten. Wenn man weiß, wie die Sowjets generell vorgegangen sind, kann man davon ausgehen, dass sie überhaupt nicht daran gedacht haben, das Material ihrer gescheiterten Tests wieder auszugraben.«
»Warum nicht?«, fragte McMahon.
»In den fünfziger und sechziger Jahren haben wir solche Mengen von dem Zeug produziert, dass es bedeutend einfacher war, ein neues Paket zu nehmen, als in ein solches verstrahltes Loch hinunterzusteigen, um diesen radioaktiven Schrott zu bergen, der extrem gefährlich war und dessen Wiederaufbereitung sich überhaupt nicht rentiert hätte.«
»Das heißt also«, begann Rapp, während er die verschiedenen Informationen zu einem Gesamtbild zusammenfügte, »dass auf dem Testgelände in Kasachstan … wie viele solcher Blindgänger liegen?«
»Das wissen wir nicht«, antwortete Reimer.
»Was würden Sie schätzen?«
»Vielleicht ein Dutzend, vielleicht aber auch mehr.«
Rapp sah ihn ungläubig an. »Warum zum Teufel habe ich noch nie etwas von dieser Bedrohung gehört?«
»Weil man es nicht als wirkliche Bedrohung eingeschätzt hat. Das Testgelände in Kasachstan ist radioaktiv total verseucht. Es war einfach unvorstellbar, dass jemand hingehen und versuchen könnte, eines dieser Dinger auszugraben. Ohne entsprechende Ausrüstung wird das niemand überleben. Und selbst wenn man die Ausrüstung hat, muss man ziemlich schnell sein.«
Rapp barg das Gesicht in beiden Händen. »Oder man verspricht einer Gruppe junger islamischer Fundamentalisten eine Direktfahrkarte ins Paradies.« Rapp stand auf und blickte auf sein Telefon hinunter.
»Werden auf diesem Gelände noch Tests durchgeführt?«, fragte McMahon.
»Nein.«
»Ist es bewacht?«
»Es hat über 500000 Quadratkilometer.«
»Es ist also nicht bewacht?«, fragte McMahon frustriert.
»Nein.«
»Das ist gar nicht gut«, murmelte Rapp.
»Vielleicht … vielleicht auch nicht«, entgegnete Reimer in dem Versuch, die Sache optimistisch zu sehen. »Die Russen kümmern sich darum. Mein Amtskollege ist mit seinem Team schon unterwegs, um der Sache nachzugehen.«
»Wem haben Sie das sonst noch erzählt?«, wollte Rapp wissen.
»Nur euch beiden. Nach dem Zirkus, den wir vor kurzem erlebt haben, wollte ich nicht, dass die Leute schon wieder in helle Aufregung geraten.«
Rapp nickte. »Da kann ich Ihnen nicht widersprechen. Skip, was meinen Sie dazu?«
»Haben Sie bei Ihrer Operation irgendwas gefunden, das auf eine zweite Bombe hindeutet?«
Rapp überlegte einige Augenblicke. »Nein.«
McMahon dachte an die Großfahndung, die im Augenblick lief. »Nahezu alle Polizisten in den Vereinigten Staaten kennen die Phantombilder von al-Yamani und das Bild von Zubair. Dank der Informationen, die Sie aus Afghanistan mitgebracht haben, sind wir den Terrorzellen hier im Land auf der Spur. Noch heute Nachmittag werden jede Menge Haftbefehle ausgeführt. Ich würde sagen,
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