Die Gefahr
drückte auf den Knopf, um das Garagentor zu öffnen, und schloss das Tor gleich wieder, sobald der Wagen draußen war. Im nächsten Augenblick brach das gesamte Videoüberwachungssystem zusammen und die Monitore wurden dunkel.
Deputy Jones saß regungslos da und wagte es nicht, irgendetwas anzurühren. Er hielt den Atem an und hoffte, dass das System von allein wieder anspringen würde. Fünf Sekunden verstrichen, dann zehn, doch nach zwanzig Sekunden lieferten die Kameras wieder Bilder. Jones wischte sich den Schweiß von der Stirn und seufzte erleichtert auf. Das System war ungefähr zu der Zeit installiert worden, als Jones hier zu arbeiten begonnen hatte, und es hatte noch nie einen solchen Aussetzer gegeben. Der Zeitpunkt des Zusammenbruchs kam ihm ein wenig verdächtig vor, deshalb begann er im Archiv nachzusehen, wo alles digital gespeichert war.
Das Bildmaterial von fünf Minuten war weg, einfach so verschwunden. Das konnte dieser Kerl jemand anderem erzählen, dass er vom Justizministerium war, dachte er bei sich. Für wen hielten sich diese Kerle eigentlich, dass sie hier reinplatzten und eine solche Schau abzogen? Jones nahm seine Geldbörse zur Hand und zog die Karte heraus. Er hatte den Mann sowieso anrufen wollen. Der Mouth of the South war ein berühmter Mann, und er hatte den Deputys hier seine Visitenkarte hinterlassen, weil er für den Prozess jede Menge Sicherheitsleute brauchte, die sich in der Freizeit etwas dazuverdienen wollten. Fünfzig Dollar die Stunde für bloßes Herumsitzen und Lesen hörte sich nicht schlecht an.
Es würde den Mann bestimmt interessieren, dass die CIA gerade eine kleine Spritztour mit seinem Klienten machte. Er dachte daran, wie nett es wäre, fünfzig Dollar die Stunde zu verdienen. Wenn er dem Mouth of the South mitteilte, was hier lief, dann war ihm der Job so gut wie sicher. Jones rechnete sich schon aus, wie viel ihm der Nebenjob einbringen würde, als er die Nummer wählte.
78
VIRGINIA
Nachdem sie das Gefängnis verlassen hatten, fuhren sie auf dem U.S. 50 westwärts und bogen dann nach Norden auf den Highway 28 ab. McMahon war fast die ganze Strecke mit 130 km/h unterwegs. Als sie bei Dulles den Hirst Brault Expressway erreichten, kamen sie bei einem Streifenwagen am Straßenrand vorbei. Der Polizist wollte schon losfahren, als McMahon das Blinklicht einschaltete und mit unverminderter Geschwindigkeit weiterfuhr. Das Einzige, was Rapp ihm verraten hatte, war, dass sie zu einem Haus fuhren, das es offiziell gar nicht gab und das McMahon niemandem gegenüber erwähnen durfte.
Dr. Akram hatte Rapp schon mehrmals versichert, dass die Androhung der Folter oft wirkungsvoller war als die Folter selbst – und nach der Reaktion, die er bisher an al-Adel beobachtet hatte, konnte das bei diesem Mann durchaus zutreffen. Rapp hatte sich kurz mit Akram abgesprochen, dessen Ratschläge recht eindeutig waren. Man durfte al-Adel nicht zeigen, wie sehr man auf seine Aussage angewiesen war; man musste vielmehr einen ruhigen, beherrschten Eindruck vermitteln und ihm das Gefühl geben, dass man viel mehr über ihn wusste, als er sich vorstellen konnte. Die Folter sollte dabei als ständige Drohung im Raum stehen. Alles in allem musste man dem Mann das Gefühl geben, dass er unwichtig war.
Das Einzige an diesem Plan, was Rapp nicht ganz leicht fiel, war, sich jede Art von Gewalt zu verkneifen. McMahons Beschreibung des Mannes war insofern richtig gewesen, als al-Adel tatsächlich ein unerträglich dreistes Auftreten an den Tag legte. In den gut zwanzig Minuten, die Rapp nun mit dem Einwanderer aus Saudi-Arabien zusammen war, hatte der Mann fast jede Minute gefordert, seinen Anwalt anrufen zu dürfen. Er tat das in einem höchst arroganten Ton, sodass Rapp sich sehr beherrschen musste. Er hätte dem Mann am liebsten das Nasenbein gebrochen. Wenn sie tatsächlich zur Folter greifen mussten, so wusste Rapp, dass es subtilere Methoden gab, die genauso schmerzhaft waren, aber keine Spuren hinterließen.
Und körperliche Spuren durften in diesem Fall keine zurückbleiben. Wenn an der Sache nichts dran war und es in Wirklichkeit keine zweite Bombe gab, dann mussten sie al-Adel wieder der Justiz übergeben – und wenn er Spuren einer Folterung aufwies, so würde es eine Untersuchung geben. Körperliche Gewalt war jedoch schwer zu beweisen, wenn es keine sichtbaren Spuren gab. Es würde Rapps Aussage gegen die eines islamischen Fundamentalisten stehen – eines Mannes, der immerhin
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