Die Gefahr
Dunkelheit mit 100 km/h durch die enge Schlucht. In den vier Maschinen saßen sechzehn der bestausgebildeten und erfahrensten Soldaten der Welt. Sie saßen, zwei auf jeder Seite der wendigen kleinen Helikopter, in den offenen Luken und ließen ihre abgetragenen Kampfstiefel in der kühlen Gebirgsluft baumeln. Ihre Uniformen wiesen leichte Unterschiede auf; manche trugen Fliegerkombis, andere wieder hatten sich für die Wüstentarnuniformen der U.S. Army entschieden. Alle a ber trugen kugelsichere Westen, Knie- und Ellbogenschützer sowie Spezialhelme mit Nachtsichtbrillen.
Sie waren mit einem ganzen Waffenarsenal ausgerüstet: Pistolen, Schrotflinten und Scharfschützengewehre und sogar leichte und schwere Maschinengewehre. Auf Schalldämpfer hatten sie grundsätzlich verzichtet, um Gewicht zu sparen; wenn sie ihr Ziel erreicht hatten, würde ihre Anwesenheit höchstens einige Sekunden geheim bleiben – und dann würden sie jede Patrone und Handgranate brauchen, die sie tragen konnten. Sie waren unterwegs in die Höhle des Löwen.
Die wendigen Hubschrauber brausten mit ständigen jähen Richtungsänderungen durch die kühle Nachtluft, doch die Männer, die auf den eigens angefertigten Plattformen saßen, waren es gewohnt, auf diese wenig komfortable Weise zu reisen. Sie bewegten sich hier fernab der Zivilisation in einer Landschaft, die zu den unwirtlichsten und trostlosesten Gegenden der Erde gehörte, und jeder Einzelne von ihnen konnte es kaum erwarten, in die Schlacht zu ziehen, die ihnen bevorstand.
Eine Stimme in ihren Ohrhörern verkündete, dass sie noch eine Minute vom Ziel entfernt waren. Rasch wurden Zielgeräte, Nachtsichtbrillen und andere Teile der Ausrüstung noch ein letztes Mal überprüft. Die Piloten hatten die Männer in den Besprechungen vor dem gewarnt, was als Nächstes passieren würde. Die Hubschrauber gingen in die Querlage, um eine Kurve im Gebirgspass zu nehmen, und tauchten in einem steilen Sturzflug hinab, um sich nahe der Felswand zu halten, die hinunter in ein rund neunhundert Meter tiefer gelegenes Tal führte.
In dem abgelegenen Dorf, das vor ihnen auftauchte, gab es zu dieser frühen Morgenstunde noch keine Anzeichen von Leben. Der Pilot im Führungshubschrauber ließ seine Maschine wieder hochsteigen, während die drei anderen Little Birds weiter knapp über dem Boden flogen, um in einem Wettlauf gegen die Uhr die zwölf menschlichen Kampfmaschinen zu ihrem Ziel zu bringen, bevor der Feind etwas tun konnte, um ihre Ankunft zu verhindern.
General Kevin Harley konzentrierte sich ganz auf den mittleren der drei Bildschirme, die er vor sich hatte. Er wusste, dass die beiden anderen ihm frühestens in einer Minute interessante Bilder liefern würden. Die vier Hubschrauber kamen genau im erwarteten Moment ins Bild. Harley beobachtete, wie die Little Birds langsamer wurden und die Formation auflösten. Drei Maschinen schlichen knapp über dem Boden dahin, während die vierte an Höhe gewann. Auf dem Bild, das von einer kleinen Aufklärungsdrohne in dreitausend Metern Höhe gesendet wurde, hätte man das kaum erkennen können, doch Harley wusste es trotzdem ganz genau, weil er den Schlachtplan selbst ausgearbeitet hatte.
General Harley trug einen Kopfhörer, damit er sich bei dem Lärm der Triebwerke, die direkt über ihm dröhnten, mit seinen Männern verständigen konnte. In der dünnen Gebirgsluft mussten die Motoren Schwerarbeit verrichten, um zu verhindern, dass der fünfeinhalb Tonnen schwere Befehls- und Führungshubschrauber wie ein Stein zu Boden fiel. Der Boden des UH-60 Black Hawk war mit kugelsicheren Kevlarplatten verstärkt, und jeder der Männer trug eine Splitterweste, auch wenn sie laut Plan fernab des Kampfgeschehens bleiben und von dort bei dem modernen militärischen Ballett Regie führen sollten. Der Befehls- und Führungshubschrauber war für fünf der sechs Passagiere eine Art zweites Zuhause geworden.
Einige von ihnen waren seit fast zwei Jahren in Afghanistan stationiert, wo sie zahllose Stunden an ihren fliegenden Konsolen verbracht hatten. Sie hatten damals nicht nur Al-Kaida-Mitglieder und Taliban gejagt, sondern auch Drogenhändler und Banditen – kurz gesagt all jene, die die Autorität der neuen, von den USA unterstützten Regierung untergruben.
Die bestgehassten Feinde waren jedoch die Al-Kaida-Leute, die die amerikanischen Soldaten nicht nur aus patriotischen, sondern auch aus persönlichen Gründen bekämpften. Während ihre amerikanischen
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