Die Gefahr
Nachttisch hinüber. Als sie nach dem Pager griff, wurde ihr klar, warum sie geträumt hatte, wie sie ihren Karatelehrer vermöbelte. Peggy verzog das Gesicht, als sie an die Schmerzen in ihrer linken Brust erinnert wurde. In ihrem Ehrgeiz, sich ständig zu verbessern, war die Trägerin des schwarzen Gürtels etwas zu übermütig geworden, während sie gegen ihren Lehrer kämpfte, und brachte einen Schlag an, der den älteren Mann jedoch nur am Kopf streifte. In der Folge war ihre Deckung weit offen, was Meister Jing ihr nicht ungestraft durchgehen ließ. Er antwortete mit einem blitzschnellen Tritt, der sie von den Beinen riss. Peggy erinnerte sich nur zu gut, wie Meister Jing über ihr stand und ihr vorhielt, was für einen dummen Fehler sie gerade begangen hatte. Sie hätte gern etwas geantwortet, wenn sie noch ein klein wenig Luft in der Lunge gehabt hätte.
Peggy nahm den Pager und blickte auf die kleine Anzeige. »Oh, Scheiße«, murmelte sie, als sie die Nummer las.
Sie lief rasch aus dem Schlafzimmer hinaus. Das Justizministerium hatte eine Kommandozentrale, die rund um die Uhr besetzt war – und es gab nur zwei mögliche Gründe, warum man sie mitten in der Nacht anrief. Als sie in die Küche kam, sah sie sogleich das Blinklicht am Anrufbeantworter. Sie drückte auf die Play-Taste und griff nach ihrem Handy, um es einzuschalten. Nachts stellte sie grundsätzlich die Telefonklingel ab, damit sie ungestört schlafen konnte. Den Pager hatte sie nur für dringende Fälle im Schlafzimmer liegen.
Die Stimme des Justizministers drang aus dem kleinen Lautsprecher des Anrufbeantworters. Er sagte nur, dass sie ihn sofort anrufen solle. Auch wenn die Nachricht nichts Konkretes verriet, spürte sie doch, dass etwas nicht in Ordnung war.
Sie griff nach dem Telefon und wählte seine Handynummer. Er meldete sich bereits nach dem ersten Klingeln. »Peg, von wo rufst du an?«
»Äh … von zu Hause.«
»Wo zum Teufel hast du gesteckt?«
Sie strich ihr Haar zurück und versuchte sich rasch eine Ausrede einfallen zu lassen, beschloss dann aber doch, die Wahrheit zu sagen. »Ich habe geschlafen.«
»Hör zu, ich kann das nicht über eine ungeschützte Verbindung mit dir besprechen. Fahr gleich ins Joint Counterterrorism Center und ruf mich zurück.«
Sie wollte noch fragen, was los war, doch die Verbindung war bereits unterbrochen.
Peggy Stealey stand etwas verwirrt in der Küche und starrte auf das Telefon hinunter. Das neue Joint Counterterrorism Center war nur einige Kilometer von ihrer Wohnung entfernt. Es lag am Tyson’s Corner und war erst kürzlich eröffnet worden. Mit dieser streng geheimen Einrichtung verfolgte man zwei Ziele; zum einen sollten FBI und CIA im Kampf gegen den Terrorismus verstärkt zusammenarbeiten, zum anderen wollte man die Antiterror-Leute des FBI aus der Innenstadt hinausbekommen. Letzteres erschien deshalb wünschenswert, weil das FBI-Hauptquartier ein besonders interessantes Ziel für Terroristen darstellte. Wenn sie dieses Gebäude erwischten, konnten sie damit genau die Leute ausschalten, die die Hintergründe von Anschlägen analysieren sollten.
Nach und nach wurde Peggy klar, dass etwas wirklich Schwerwiegendes geschehen sein musste. Sie hätte eigentlich für derartige Situationen jederzeit eine bestimmte Ausrüstung bereithalten sollen, um schnell reagieren zu können. Man hatte ihr drei Telefone und zwei Pager gegeben, die sie stets bei sich tragen sollte, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein – eine Anordnung, die ihr immer reichlich übertrieben erschienen war.
Dabei wollte sie doch nicht mehr, als fünf Stunden ungestört schlafen. Sie legte das Telefon in die Station zurück. »Gnade euch Gott, wenn das bloß eine Übung ist«, murmelte sie.
Doch während sie ins Schlafzimmer zurückging, um sich anzuziehen, war ihr bereits klar, dass es unmöglich eine Übung sein konnte. Stokes hätte es ihr vorher gesagt, außerdem hätte man den Justizminister nicht wegen einer Übung mitten in der Nacht geweckt. Stealey schlüpfte rasch in einen grauen Hosenanzug und stopfte einige Toilettenartikel und Kleidungsstücke in die Tasche, die sie eigentlich für solche Fälle schon gepackt haben sollte. Dann eilte sie ins Wohnzimmer zurück und betrachtete sich kurz im Spiegel neben der Tür. Ihre Frisur sah schrecklich aus, und ihr Gesicht war noch zerknittert vom Schlaf. Scheiß drauf , sagte sie sich, dann muss ich mich eben im Auto schminken.
Peggy riss die Tür des
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