Die gefangene Braut
sie nicht verstehen, und immer wieder ging ihr diese Frage durch den Kopf, ohne daß sie eine Antwort darauf finden konnte.
Als sie daran dachte, wie weit Philip Caxton gegangen war, um sie hierher zu holen, wurde sie wieder wütend. Sich vorzustellen, daß sie die ganze Reise über das Meer nur zurückgelegt hatte, um von einem Verrückten entführt zu werden! Jedenfalls würde sie nicht lange hier sein, wenn sie etwas dagegen tun konnte. Fluchtgedanken gingen ihr durch den Kopf, als sie endlich einschlief.
7
Verdammt, Christina konnte wirklich eine Hexe sein, wenn sie wollte, dachte Philip. Aber ihr Tag würde kommen und es würde ihm großes Vergnügen bereiten, sie eingestehen zu lassen, daß sie ihn begehrte.
Trotz der späten Stunde verließ Philip das Zelt, um Scheich Yasir Alhamar aufzusuchen, seinen Vater, denn er wußte, daß der alte Mann ihn erwartete.
Yasir Alhamar war jetzt seit mehr als fünfunddreißig Jahren der Scheich dieses Stammes. Seine erste Frau, eine Engländerin aus adliger Familie, hatte er beim Überfall auf eine Karawane gefangengenommen. Sie hatte fünf Jahre lang mit Yasir zusammengelebt und ihm zwei Söhne geboren, Philip und Paul.
Damals hatte der Stamm ein Nomadenleben in der Wüste geführt, und das Klima und das rauhe Leben hatten Philips Mutter schnell altern lassen. Sie hatte ihn darum gebeten, sie mit ihren Söhnen nach England gehen zu lassen. Yasir, der sie sehr geliebt hatte, hatte sie gehen lassen. Doch sie hatte ihm versprochen, ihre Söhne nach Ägypten zurückkehren zu lassen, wenn sie volljährig waren und sich selbst dazu entschlossen.
Philip war in England aufgewachsen und zur Schule gegangen. Als er einundzwanzig Jahre alt war, hatte seine Mutter ihm von seinem Vater erzählt. Philip hatte sich entschlossen, Yasir zu finden und bei ihm zu leben. Als Philips Mutter vor fünf Jahren gestorben war, hatte er das Anwesen geerbt und es in der Obhut des Pächters der Caxtons zurückgelassen, da er nicht in England leben wollte und sein Bruder noch zur Schule ging.
Philip hatte elf Jahre lang beim Stamm seines Vaters gelebt, doch vor einem Jahr war er nach England zurückgegangen, um der Hochzeit seines Bruders beizuwohnen. Paul hatte ihn überredet, eine Weile zu bleiben. Dann hatte er Christina Wakefield kennengelernt und beschlossen, sie zur Seinen zu machen.
Philip war Christina und John zum Hafen gefolgt und hatte geduldig abgewartet, bis ihr Schiff abgelegt hatte. Es war reine Glückssache, daß es ihm gelungen war, auf einem Frachter als Passagier mitgenommen zu werden. Er reiste noch am selben Tag, kam aber eine Woche eher an als Christinas Schiff.
Nach seiner Ankunft hatte er Kontakt zu Saadi und Ahmed aufgenommen und sich von ihnen sein Pferd, Victory, bringen lassen, mit dem sie ihn in Kairo abholten. Saadi und Ahmed waren gute Kameraden; sie waren entfernte Cousins von ihm. Der ganze Stamm war entfernt mit ihm verwandt.
Philip hatte hier einen Halbbruder, der acht Jahre jünger war als er. Aber die beiden kamen nicht allzu gut miteinander aus. Er konnte die Gründe verstehen, denn Rashid wäre das Oberhaupt des Stammes geworden, wenn Philip in England geblieben wäre.
Yasir Alhamar setzte sich auf den Schafsfellen auf, die ihm als Bett dienten. Er lebte immer noch das herkömmliche Nomadenleben, mit wenigen Einrichtungsgegenständen und nur wenig Komfort. Philip erinnerte sich noch daran, wie sein Vater ihn ausgelacht hatte, als er sein Bett und die Möbel in das Lager in den Bergen gekarrt hatte.
»Du bist also immer noch ein Engländer, Abu. Ich dachte schon, du hättest dich nach so langer Zeit daran gewöhnt, auf dem Boden zu schlafen und zu essen«, hatte Yasir gesagt.
»Wenigstens habe ich die Gegenstände gestohlen, Vater«, hatte Philip entgegnet.
»Es besteht also doch noch Hoffnung für dich«, hatte Yasir lachend erwidert.
Als Yasir Philip erblickte, bedeutete er ihm, einzutreten und sich neben ihn zu setzen. »Es ist lange her, mein Sohn. Ich habe von der Frau gehört, die du in das Lager mitgebracht hast. Ist sie deine Frau?«
»Sie wird es werden, Vater. Ich habe sie in London gesehen, und ich wußte, daß ich sie haben muß. Ich habe dafür gesorgt, daß ihr Bruder hierher geschickt wird, und jetzt gehört sie mir. Im Moment widersetzt sie sich mir, aber es wird nicht allzu lange dauern, bis ich sie gezähmt habe.«
Yasir lachte. »Du bist wahrhaft mein Sohn. Du hast dir deine Frau gestohlen, genauso, wie ich deine Mutter geraubt
Weitere Kostenlose Bücher