Die gefangene Braut
war, diesem Mann ihre Schwäche zu zeigen. Er hatte einen Sieg über sie errungen, indem er sie zum Weinen gebracht hatte. Er zog sie roh auf die Füße und zerrte sie zurück ins Lager.
Christina wurde in das größte Zelt geführt und auf ein niedriges Sofa ohne Rückenlehne gesetzt, das an beiden Seiten abgerundete Armlehnen hatte. Augenblicklich versuchte sie, ihre Fassung wiederzugewinnen. Sie strich sich ihr wirres Haar aus dem Gesicht und wischte sich die Tränen von den Wangen.
Ihr gegenüber stand ein zweites Sofa, und auf dem Boden lagen dicke Teppiche und viele bunte Kissen. Christina beobachtete ihren Entführer, der ihr den Rücken zugewandt hatte, als er seine kufijah und sein Gewand ablegte. Darunter trug er kniehohe Wildlederstiefel, eine weite Hose, die in seinen Stiefeln steckte, und eine lose, kurze Tunika.
Christina war verblüfft, als der Mann sie in fließendem, fehlerlosem Englisch ansprach.
»Ich sehe schon, daß der Umgang mit dir schwierig wird, Tina. Aber jetzt bist du hier, und du weißt, daß du mir gehörst, und vielleicht wirst du weniger oft versuchen, fortzulaufen.«
Christina traute ihren Ohren nicht. Der Mann drehte sich zu ihr um. Ihre Augen wurden kugelrund, und ihr Kiefer fiel herunter.
Er brach in Lachen aus. »Ich habe lange darauf gewartet, diesen Ausdruck auf deinem Gesicht zu sehen, Tina, schon seit dem Moment, in dem du mich an jenem Abend in London hast stehenlassen.«
Wovon sprach er? Er mußte verrückt sein.
Ihre Wangen erröteten vor Zorn, und ihr ganzer Körper bebte. »Sie!« schrie sie. »Was tun Sie denn hier, und wie können Sie es wagen, mich zu entführen und mich an diesen gottverfluchten Ort zu bringen? Mein Bruder wird Sie umbringen, Philip Caxton!«
Wieder lachte er. »Du fürchtest dich also nicht mehr vor mir, Tina. Das ist gut so. Ich glaube nicht, daß es mir Spaß machen würde, dich um Gnade flehen und winseln zu hören.«
»Diese Befriedigung würde ich Ihnen niemals gönnen, Mr. Caxton.« Christina stand auf und trat vor ihn hin. Ihr Haar floß um ihre Hüften. »Würden Sie mir jetzt freundlicherweise sagen, warum Sie mich hierher gebracht haben? Wenn Sie auf Lösegeld aus sind, wird mein Bruder jede Ihrer Forderungen erfüllen. Mir wäre es nur lieb, die Sache schnell zu regeln, damit ich diesen Ort verlassen kann und Ihre Gesellschaft nicht länger ertragen muß.«
Er lächelte sie an. Seine ungewöhnlichen Augen zogen sie in ihren hypnotischen Bann. Warum mußte er so verdammt gut aussehen, dachte sie.
»Ich nehme an, ich sollte dich darüber aufklären, warum ich dich hierher gebracht habe.« Philip setzte sich auf das Sofa, das ihrem gegenüberstand, und bedeutete ihr, sich ebenfalls zu setzen. Er trank das Gefäß leer, das er sich eingeschenkt hatte, und sah sie prüfend an, bevor er fortfuhr.
»Gewöhnlich gebe ich keine Erklärungen ab, aber ich denke, in deinem Fall kann ich eine Ausnahme machen.« Er unterbrach sich, als suche er nach den Worten, die er jetzt brauchte. »Christina, als ich auf diesem Ball in London den ersten Blick auf dich geworfen habe, wußte ich, daß ich dich haben will. Daher habe ich es auf deine Art versucht. Ich habe dir meine Gefühle erklärt und dir eine Heirat angeboten. Als du abgelehnt hast, habe ich beschlossen, dich auf meine Weise zu holen, und zwar schnell. Ich habe dafür gesorgt, daß dein Bruder noch in der Nacht, in der du mich abgewiesen hattest, in dieses Land geschickt wird.«
»Sie waren es also, der meinen Bruder hierher geholt hat!« Sie schnappte nach Luft.
»Du wirst mich nicht mehr unterbrechen, bis ich ausgeredet habe. Ist das klar?« sagte Philip barsch.
Christina nickte, aber nur, weil ihre Neugier ihr gebot, ihn anzuhören.
»Wie ich schon sagte, ich habe dafür gesorgt, daß dein Bruder hierher geschickt wird. Es war nur die Frage, die richtigen Leute zu kennen. Wenn du dich entschlossen hättest, in England zu bleiben, hätte es mir keine allzu großen Schwierigkeiten bereitet, dich in meine Heimat zu bringen, wenn dein Bruder nicht da ist. Dort wäre es dir leichter gefallen, mir zu entkommen, aber ich hätte dich schneller gehabt. Hier stehen deine Chancen schlechter, mir davonzulaufen. In diesem Land ist es üblich, Gefangene zu nehmen, und daher hast du von den Leuten hier im Lager keine Hilfe zu erwarten.« Philip lächelte sie ironisch an. »Du gehörst jetzt mir, Tina. Je eher dir das klar wird, desto besser ist es für dich.«
Christina sprang auf und lief
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