Die gefangene Braut
Stamm.«
»Dann sind Sie also ein halber Araber?« fragte Christina, der es schwerfiel, das zu glauben.
»Ja, und mein Vater hat meine Mutter gefangengenommen, genauso, wie ich dich geraubt habe. Er hat später zugelassen, daß sie mit mir und meinem Bruder nach England zurückkehrt. Daher bin ich in England aufgewachsen, bis ich volljährig war. Dann habe ich mich entschieden, hierherzukommen und bei meinem Vater zu leben.«
»Ihr Vater lebt hier?«
»Ja, du wirst ihn nachher kennenlernen.«
»Ihr Vater billigt es doch bestimmt nicht, daß Sie mich einfach entführt haben?« fragte sie mit einem Hoffnungsschimmer in der Stimme.
»Ich habe dir bisher nichts angetan – aber mein Vater billigt mein Vorgehen«, sagte er, und ein Lächeln spielte auf seinen Lippen. »Du vergißt, Tina, daß das hier nicht England ist. Es liegt in der Natur meines Volkes, sich das zu nehmen, was es haben will. Und ich habe dafür gesorgt, daß du für mich zu haben bist. Wenn du erst eine Zeitlang hier bist, wirst du das besser verstehen.«
Er brachte sie in sein Zelt zurück und ließ sie dort allein.
Würde sie Philip Caxton jemals verstehen? Christina sah sich im Zelt um und fragte sich, was sie hier mit sich selbst anfangen sollte. Plötzlich fühlte sie sich sehr einsam, und das ärgerte sie.
Ohne nachzudenken, stürzte Christina aus dem Zelt und sah, daß Philip gemeinsam mit vier anderen Reitern dabei war, die Pferde zu besteigen. Sie lief auf ihn zu und umklammerte sein Bein. »Wohin gehen Sie«, fragte sie.
»Ich bin bald wieder da.«
»Aber was soll ich mit mir anfangen, solange Sie fort sind?«
»Das ist eine absurde Frage, Tina. Tu, was ihr Frauen sonst auch tut, wenn ihr allein seid.«
»Ach so, natürlich, Mr. Caxton«, sagte sie schnippisch. »Weshalb bin ich darauf nicht selbst gekommen? Ich kann Ihr Nähzimmer benutzen, wenn auch kein wirklicher Bedarf dafür besteht – ich bin es gewohnt, fertige Kleider zu tragen, die andere abgelegt haben. Vielleicht könnte ich mich auch um Ihre Korrespondenzen kümmern. Ich bin sicher, daß Sie ein vielbeschäftigter Mann sind, der selbst nicht die Zeit dafür findet. Aber wenn es Ihnen lieber ist, kann ich auch in Ihrer gutsortierten Bibliothek herumstöbern. Ich bin sicher, daß ich dort interessanten Lesestoff finden werde. Ich besitze nämlich nicht nur einen Körper, sondern auch einen Geist, Mr. Caxton!«
»Sarkasmus steht dir nicht, Christina«, sagte Philip zornig.
»Mir hätte klar sein müssen, daß Sie besser wissen als ich, was zu mir paßt«, gab Christina zurück.
»Christina, ich werde diese Tiraden nicht länger dulden. In deinem Zelt kannst du dich benehmen, wie es dir paßt, aber in der Öffentlichkeit wirst du mir Respekt erweisen!« erwiderte er, und seine Kiefermuskeln zuckte bedrohlich.
»Respekt!« Sie trat einen Schritt zurück, um ihn zu mustern. Es belustigte sie nahezu. »So, wie du mich behandelt hast, erwartest du Respekt von mir?«
»In diesem Land schlägt man eine Frau, die ihrem Mann keinen Respekt erweist.«
»Du bist nicht mein Mann«, verbesserte sie ihn.
»Nein, aber das entspricht sich. Ich bin dein Herr, und du gehörst mir. Wenn du wünschst, daß ich eine Peitsche suche und öffentlich deine Rückseite entblöße, dann komme ich deinen Wünschen mit Vergnügen nach. Wenn nicht, kehrst du jetzt in mein Zelt zurück.«
Er sagte das so kühl, daß Christina es nicht darauf ankommen ließ, sich zu vergewissern, ob er seine Drohung wahr machen würde. Sie eilte ins Zelt, warf sich auf das Bett und weinte sich aus. Nie würde sie diesem Schurken etwas anderes als Haß und Verachtung entgegenbringen. Sie wußte weder was sie anfangen sollte, wenn Philip fort war, noch was sie anfangen sollte, wenn er da war. Sie weinte sich in den Schlaf.
Christina erwachte durch einen festen Klaps auf ihren Hintern. Als sie sich umdrehte, stand Philip neben dem Bett, die Hände in die Hüften gestemmt, und auf seinem schönen Gesicht stand ein schelmisches Lächeln.
»Du verbringst viel Zeit damit, in diesem Bett zu schlafen, mein Liebling. Möchtest du, daß ich dir einen anderen Verwendungszweck dieses Betts zeige?«
Christina sprang auf. Es fiel ihr inzwischen schon leichter, seine rauhe Ausdrucksweise zu verstehen.
»Ich bin sicher, daß ich gut ohne dieses Wissen zurechtkomme, Mr. Caxton.« Christina stemmte ebenfalls ihre Hände in die Hüften und fühlte sich sicher, weil das Bett zwischen ihnen stand.
»Du wirst es so und so bald
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