Die gefangene Braut
liebe. Es spielt keine Rolle, daß du das Kind eines anderen austrägst. Ich möchte dich trotzdem heiraten. Ich werde dein Kind akzeptieren und es wie mein eigenes großziehen. Bald wirst du diesen anderen Mann vergessen. Du wirst es lernen, mich zu lieben – ich weiß, daß es so kommen wird. Ich will jetzt gar keine Antwort von dir haben. Ich möchte, daß du es dir eine Zeitlang überlegst.« Er unterbrach sich und griff nach ihrer Hand. »Ich kann dich glücklich machen, Christina. Du würdest es nie bereuen, meine Frau geworden zu sein.«
»Es tut mir leid, daß du immer noch so für mich empfindest«, sagte Christina. »Ich hatte gehofft, wir könnten weiterhin Freunde sein. Aber ich kann dich nicht heiraten, Tommy, und ich werde es mir nie anders überlegen. Die Liebe, die ich für den Vater meines Kindes empfinde, ist zu groß. Ich werde ihn zwar niemals wiedersehen, aber ich kann ihn nicht vergessen.«
»Verdammt nochmal! Christina – du kannst nicht in deinen Erinnerungen leben. Er ist weit weg, und ich bin hier. Findest du denn in deinem Herzen keinen Raum für eine neue Liebe?«
»Nicht für diese Art von Liebe.«
»Und was ist mit deinem Kind? Ich würde ihm einen Namen geben. Der Junge müßte sich nicht als Bastard durch sein Leben kämpfen.«
»Die Neuigkeiten, daß ich schwanger bin, haben sich wahrscheinlich schon in ganz Halstead verbreitet. Selbst wenn ich dich heiraten würde, würde mein Kind immer noch als Bastard gelten. Nur sein richtiger Vater könnte dieses Unrecht gutmachen.«
»Trotzdem, Crissy – das Kind braucht einen Vater. Ich könnte den Jungen lieben – und sei es nur deinetwegen. Du mußt an das Kind denken.«
Christina rückte von Tommy ab und stellte sich vor das Kaminfeuer. Es war ihr verhaßt, Tommy zu verletzen.
»Tommy, ich habe dir doch schon gesagt … «
»Nein, Christina – sag es nicht.« Er stellte sich hinter sie und hielt sie an den Schultern fest. »Ich bitte dich – überleg es dir! Du bist alles, was ich je wollte, was ich mir je erträumt habe. So leichtfertig kannst du meine Hoffnungen nicht zerstören. Ich liebe dich, Crissy – ich kann nichts dagegen tun.«
Er wandte sich ab und verließ den Raum, ehe sie etwas darauf sagen konnte.
Christina aß allein und blickte auf die leeren Stühle. Sie fühlte sich fett und aufgedunsen, elend und unglücklich. Verdammt, warum mußte Tommy ihr solche Schuldgefühle einflößen? Sie wollte ihn nicht heiraten, denn es war ihr schier unerträglich, sich nach Philip das Leben mit einem anderen Mann vorzustellen. Warum mußte Tommy sie ausgerechnet lieben? Sie würde ihn nicht heiraten, ihn nicht und auch keinen anderen.
Wenn sie ihr Kind hier nicht in Frieden bekommen konnte, hätte sie ebenso gut in Kairo bleiben können.
26
Die kommenden Monate zogen sich dahin. Das Kinderzimmer war fertig, die kleinen Kleidungsstücke waren genäht, und Christina, die nichts mehr zu tun hatte, langweilte sich.
Sie konnte kaum noch etwas tun, und sie fragte sich schon, ob sie wirklich jemals wieder schlank sein würde. Ihren Spiegel drehte sie zur Wand. Sie konnte sich selbst nicht mehr sehen.
Tommy machte ihr das Leben zur Qual. Täglich suchte er sie auf, und täglich wieder war es dasselbe. Er gab einfach nicht auf.
Immer wieder sagte sie ihm, daß sie ihn nicht heiraten würde, und immer wieder verschloß er seine Ohren davor.
Es war Ende September, als Christina endgültig einen Entschluß faßte. Sie suchte Johnsy im Haus.
»Ich muß von hier fortgehen«, teilte sie ihr aus heiterem Himmel mit.
»Wovon um alles in der Welt sprichst du, mein Liebes?«
»Ich kann hier einfach nicht mehr bleiben. Tommy bringt mich um den Verstand. Immer wieder ist es dasselbe. Ich halte das nicht mehr aus.«
»Ich lasse ihn nicht mehr zu dir.«
»Das hilft nicht, allein die Vorstellung, daß er demnächst wieder auftauchen wird, macht mich ganz nervös.«
»Das ist nicht gut für das Baby.«
»Ich weiß, und deshalb will ich ja fortgehen. Ich gehe nach London und miete mir ein Hotelzimmer. Bis es soweit ist, habe ich auch einen Arzt gefunden. Aber mein Entschluß steht fest. Ich gehe.«
»Das kommt überhaupt nicht in Frage. Du wirst nicht nach London gehen – an einen Ort, an dem es von Leuten wimmelt, die für niemand anderen als sich selbst Zeit haben – und dann noch ganz allein«, erwiderte Johnsy.
»Ich muß gehen. Ich komme schon zurecht.«
»Du hast mich nicht ausreden lassen, mein Liebes. Ich sehe ein, daß
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