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Die Gefangenen des Korallenriffs

Die Gefangenen des Korallenriffs

Titel: Die Gefangenen des Korallenriffs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jurij Kusnezow
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der Helikopter wie eine riesige Libelle in die Höhe. Das aber keinen Moment zu früh!
    Der Lüftungsschacht war ziemlich tief. In den Höhlen unten hatten Ilsor, Kau-Ruck und Chris Tall seinerzeit die Sache mit dem Smaragdenregen vorbereitet, und sie waren durch diesen Ausgang nach oben gestiegen. Dabei hatten sie eine Pyramide gebildet, um zur Decke zu kommen. Und auch dann noch hatte der Junge Mühe gehabt, sich als erster herauszuhangeln.

    Das Tier aber kam mit einem einzigen Satz aus dem Lüftungsschacht geschossen, fast ohne sich mit den Tatzen abzustoßen. Dann folgte ein zweiter Sprung, und schon erwischte es mit den Zähnen eine Kufe des aufsteigenden Helikopters. Der Hubschrauber schwankte unter dem plötzlichen Gewicht und neigte sich bedrohlich zur Seite. Gleich darauf zerbrach knirschend die Kufe, die von den mächtigen Kiefern des Tieres schlichtweg durchgebissen worden war.
    Der Angreifer ließ verblüfft von dem Gefährt ab, und der Helikopter konnte sich wieder ausrichten. Er gewann an Höhe und war nun unerreichbar. Aus sicherer Höhe drehte er noch ein paar Runden über dem Tier.
    Erst jetzt konnten die Ramerianer den Besucher ausgiebig betrachten.
    Es war wirklich und wahrhaftig ein Höhlenlöwe! Ein gewaltiges schönes Tier mit schwarzer Mähne. Und es war wohl genauso kräftig wie der Drache Choo!

    Die Polizisten betrachteten den Löwen ganz hingerissen. Aber auch er verfolgte mit hochgereckter Schnauze, wie der Helikopter seine Runden drehte. Das sah richtig drollig aus, so als würde er die Leute mit einem Kopfnicken begrüßen.
    »Sieh an, er sagt uns guten Tag«, lachte Sor. »Ein höfliches Tier. Dabei war er nicht abgeneigt, mal kurz an unserem Hubschrauber zu knabbern.«
    »Unsinn, eher fordert er uns auf, zu ihm herunterzukommen, weil er sein Frühstück davonfliegen sieht«, erklärte der Kommandant. »Wir wären für ihn schließlich ein schmackhaftes Drei-Gänge-Menü gewesen.«
    »Möchte bloß mal wissen, wie der hierher geraten ist«, wunderte sich der Hubschrauberpilot. »Aus der Luft bestimmt nicht, er hat ja keine Flügel. Es sei denn, er hat seinen Schwanz als Propeller benutzt. Seht nur mal, wie er seine Flanken damit peitscht!«
    Unterdessen ertönte die Stimme des Dispatchers in der Kabine:
    »Patrouille-2, Patrouille-2, weshalb meldet ihr euch nicht? Ist etwas vorgefallen?«
    Die Polizisten waren vom Anblick des seltsamen Gastes so gefesselt gewesen, daß sie vergessen hatten, sich zur festgesetzten Stunde mit der Zentrale in Verbindung zu setzen.
    »Hier Patrouille-2, hier Patrouille-2«, antwortete der Kommandant schuldbewußt. »Wir sind auf einen Löwen gestoßen.«
    »Was seid ihr?!« fragte verblüfft der Dispatcher. »Wäre es möglich, daß ihr zufällig einen Sonnenstich habt?«
    »Zuerst sind wir auf Spuren gestoßen und dann auf den Höhlenlöwen selbst«, beharrte der Kommandant.
    »Ein Höhlenlöwe in der Wüste?« erwiderte der Dispatcher. »Das ist ganz unmöglich. Es muß sich um eine Fata Morgana handeln.«
    »Diese Fata Morgana hat uns immerhin eine unserer stahlverkleideten Kufen durchgebissen«, sagte der Kommandant brüsk. »Es ist noch unklar, ob wir überhaupt landen können.«
    Der Mann am anderen Ende der Leitung begriff endlich, daß er nicht auf den Arm genommen wurde und in der Tat etwas Außergewöhnliches passiert sein mußte.
    »Ich werde umgehend Meldung erstatten!« rief er aufgeregt. »Ihr aber kehrt auf schnellstem Wege zum Flughafen zurück, ihr habt wahrscheinlich nicht mehr viel Treibstoff.«
    Der Kommandant sah den Piloten fragend an, und der bestätigte die Vermutung:
    »Es reicht in der Tat mit Ach und Krach für den Rückflug. Ich wollte es Ihnen gerade mitteilen, doch der Dispatcher kam mir zuvor.«
    Sor warf mit Bedauern einen letzten Blick auf den Löwen. Er hätte gar zu gern den weiteren Weg dieses Kätzchens verfolgt. Auf jeden Fall war es wichtig, ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Hoffentlich lief er zu den Bergen. Bis er dort wäre, hätten sie Zeit, einen zweiten Hubschrauber zur Beobachtung auszuschicken. Sollte er es dagegen vorziehen, in den unterirdischen Höhlen zu verschwinden, wäre das gefährlich. Er würde womöglich direkt bei der Stadt herauskommen, denn dort gab es einen Ausgang. Ein hungriger Löwe unter Menschen – nicht auszudenken! Und dann noch dieser, der so zugebissen hatte.
    Der Kommandant hatte die Gedanken Sors erraten und schien gleichfalls besorgt.
    »Erbitte umgehend einen neuen Hubschrauber

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