Die Gegenpäpstin
gar nicht, wohin, weil mich das Licht aus der Küche blendete. Daß ich getroffen hatte, sah ich
erst, als der Mann laut stöhnend am Boden lag. Im nächsten Moment hörte ich Maschinenpistolensalven. Ich habe meine Mutter
gesehen, wie sie mit dem Baby auf die Holzdielen fiel. Ich dachte, sie sei tot, und dann bin ich rausgerannt. Mein Vater wollte
mich offenbar vor den Soldaten schützen. Er hat sich von den Männern, die ihn festhielten, losgerissen und ist aufgesprungen.
Ich hörte eine zweite Salve und das Kreischen meiner Schwester und der Zwillinge. Dann wurde ich unter meinem Vater begraben.
Ich spürte, wie etwas Warmes über mein Gesicht lief. Ich bekam auch kaum |277| noch Luft. Irgend jemand hat dann meinen Vater gepackt und ihn auf den Rücken gelegt. Er hatte einen Halsdurchschuß. Er lebte
noch und hat mich angesehen. Der Krankenwagen brauchte eine Ewigkeit. Und noch bevor der Arzt eintraf, war es bereits zu spät.
Ich habe die Hand meines Vaters gehalten, als er starb.«
Padrig hatte wie in Trance geredet. Tränen liefen ihm über die Wangen.
Sarah hielt immer noch seine Hand. Der Drang, ihn zu umarmen, wurde so übermächtig, daß sie sich nicht zurückhalten konnte.
Sie legte ihre Hand auf seinen Nacken, dicht unter dem weichen Haaransatz, und zog seinen Kopf zu sich herab.
Er ließ es geschehen, und als sie ihn küßte, erwiderte er ihren Kuß, so zart und gefühlvoll, daß sie den Boden unter sich
zu verlieren schien.
Sie sank zurück und zog ihn mit sich, dabei löste sich das Band ihres Frotteemantels. Darunter blitzte nur ihre leicht gebräunte
Haut. Seine Finger tasteten sich vor, streichelten über ihre Brüste, und sie kam ihm leise stöhnend entgegen. Dann richtete
sie sich halb auf, und für einen Moment ließ er von ihr ab, offenbar verunsichert, doch sie ignorierte seinen fragenden Blick
und zog ihm wie selbstverständlich den Pullover über den Kopf. In derselben Routine knöpfte sie sein Hemd auf und ließ ihre
warmen Hände daruntergleiten. Er ließ es geschehen, hielt seine Augen geschlossen und atmete hörbar ein und aus, als sie seine
Brust streichelte. Selbst als sie den Gürtel seiner Hose öffnete, protestierte er nicht. Ihre Bewegungen waren fließend und
beinahe durchdacht wie bei einem uralten Ritual, und er folgte ihnen, begegnete ihren Berührungen, vollkommen nackt und ohne
Zurückhaltung, ganz so, als ob sie längst miteinander vertraut wären. Sie lächelte ihn an und legte sich zurück auf ein großes
Kissen, das sie vom Sofa heruntergenommen hatte. »Komm«, flüsterte sie und konnte spüren, wie er zitterte, als sie ihre Schenkel
öffnete und er ihrer Aufforderung folgte. Sein Bart kitzelte, als er mit |278| seinen Lippen ihre Brüste liebkoste, und seine Hände verhedderten sich in ihrem Haar wie in einem Netz, als er den Versuch
unternahm, sie noch näher zu sich heranzuziehen. Mit einem leisen Seufzer kam sie ihm entgegen, und zugleich wußte sie, daß
es für ihn ebensowenig ein Zurück gab wie für sie selbst. Langsam und zugleich kraftvoll drang er in sie ein. Bewegte sich
in ihr, vollkommen entrückt und doch hart und drängend zugleich, wie jemand, der lange auf einen solchen Moment gewartet hatte.
Ihr Herz drohte zu zerbersten, so sehr wollte sie eins mit ihm werden. Und während ihre Finger sich in seinen Rücken krallten,
berührte sein weicher Mund ihre Kehle. Keuchend gab sie sich seiner zärtlichen Macht hin, wobei sie ihre Hände fest um die
muskulösen Rundungen seiner Pobacken legte und ihn so dirigierte, bis sie kurz davor war, den Verstand zu verlieren. Ihm schien
es nicht anders zu ergehen. Wie in einer Welle rauschte er über sie hinweg und riß sie mit sich, haltlos aufs offene Meer.
Schwer atmend sank er auf sie herab, Brust an Brust, während ihre Herzen in einem kräftigen, gemeinsamen Takt schlugen.
»Anee ohevet otkha«
, flüsterte sie ihm in ihrer Muttersprache ins Ohr – »Ich liebe dich.«
»Anee ohev otakh«
, antwortete er ebenso leise.
Sie wunderte sich ein wenig, als ihm diese Erwiderung in Hebräisch wie von selbst über die Lippen kam.
Ja, sie liebte ihn, vom ersten Moment an, als sie ihn gesehen hatte.
|279| 32.
62 n. Chr. – Fürchte dich nicht
Wie betäubt saß Jaakov in dem stockfinsteren, naßkalten Kerker. Ratten raschelten in dem fauligen Stroh, und nicht nur das
Flüstern in den Nachbarzellen hinderte ihn daran, zumindest in einen leichten Schlaf zu fallen. Das
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