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Die Gegenpäpstin

Titel: Die Gegenpäpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sie mit geübten Stichen zu nähen.
    Padrig preßte die Lippen zusammen. Trotz der anhaltenden Schmerzen mußte er unentwegt an Sarah denken. Gab es noch eine Möglichkeit,
     sie zu retten? Und was war mit Morgenstern? Wenn ihm sein unbemerkter Rückzug gelungen war, könnte er versuchen, die italienische
     Polizei zu einem Eingreifen zu überreden. Ob ihm das so einfach gelingen konnte, blieb jedoch fraglich. |415| Was konnte ein einzelner israelischer Polizist, der in einem fremden Land auf eigene Faust ermittelte, schon ausrichten? Es
     bedurfte ohne Frage einer göttlichen Fügung, damit diese Sache gut ausging. Jedoch das einzige, was ihm bisher wie ein Wunder
     erschien, war die Tatsache, daß man bei all den merkwürdigen Untersuchungen Sarahs Schwangerschaft noch nicht entdeckt hatte.
     Doch schon morgen konnte sich das Blatt wenden. Nicht auszudenken, wenn Nero sie vergewaltigte, und bei der nächsten Untersuchung
     davon ausging, daß es sein Kind war, das sie unter dem Herzen trug.
    Immer noch an Händen und Füßen zusammengekettet, brachten ihn seine Aufpasser in eine Zelle, die noch kärglicher war als die,
     in der er Sarah vorgefunden hatte. Der Arzt hatte ihm lediglich ein Pflaster auf die Wunde geklebt, und bis auf die Unterwäsche
     und sein Priesterhemd hatte man ihm nichts gelassen. Das nackte Gemäuer war kalt, und nur eine spärliche Notbeleuchtung erhellte
     den Raum. Er fror, und das Gefühl, eingesperrt zu sein, machte ihn ebenso wütend wie die Ungewißheit darüber, was man weiter
     mit ihm vorhatte.
    Unter heftigen Schmerzen stand er von seiner Pritsche auf und hüpfte mühsam zum Waschbecken, um sich das Blut von den Händen
     zu waschen und etwas zu trinken. Dann sah er sich noch einmal um. Der Raum war gut zwei Meter fünfzig hoch und zehn Meter
     lang. Ein Fenster gab es nicht. In der Ecke gegenüber dem Bett hatte man eine schwenkbare Kamera installiert. Ein Entkommen
     schien schier unmöglich.
    Im Zweifel hilft beten, hatte seine Großmutter immer gesagt und damit nicht nur die Bibel gemeint.
    Selbst wenn sich Padrig den Franziskanern und ihrem Gründer, dem heiligen Franz von Assisi, äußerst verbunden fühlte, war
     es der alte Glaube seiner Großmutter, der ihm in schwierigen Zeiten oft Trost spendete. In ihrer ganz eigenen Philosophie
     hatten nicht nur Jesus Christus und alle Heiligen Platz gefunden, sondern |416| auch Elfen und Kobolde. Seine Großmutter hatte nicht nur an die Existenz solcher Wesen geglaubt, sondern auch die geistige
     Kommunikation zwischen Menschen über Tausende von Meilen für möglich gehalten.
Wenn du kraft deiner Gedanken in der Not einen Menschen rufst, wird er dich hören, auch wenn er noch so weit von dir entfernt
     ist,
hatte sie stets gesagt und wohl darauf angespielt, daß sie die Todesstunde naher Angehöriger im nachhinein exakt bestimmen
     konnte, selbst wenn diese Mitglieder ihrer Familie vor langer Zeit in die USA ausgewandert waren.
    Padrig legte sich der Länge nach auf seine Pritsche und schloß die Augen. Unter äußerster Konzentration rief er sich das Gesicht
     von Inspektor Morgenstern ins Gedächtnis.
Wenn Sie mich hören können, alter Junge,
dachte er inbrünstig,
bewegen sie Ihren Arsch so schnell es geht hierher, und am besten bringen sie eine ganze Armee von Polizisten mit!
     
    Sarah kam allmählich zu sich. Es war, als müßte sie sich aus einem schrecklichen Traum in die Wirklichkeit zurückkämpfen,
     nur daß die Wirklichkeit weit schlimmer war, als es jeder Alptraum hätte sein können. Der Uhr am DVD-Player nach zu urteilen
     waren mehr als acht Stunden vergangen, seit sie die Injektion erhalten hatte.
    Ihr Kopf dröhnte. Eine plötzliche Angst erfaßte sie. Was wäre, wenn die bisher verabreichten Medikamente dem Kind schadeten?
     Und wer, verdammt, sollte sie aus diesem Gefängnis befreien? Morgenstern konnte anscheinend nichts ausrichten, sonst hätte
     er schon lange zurück sein müssen. Nero dagegen wiegte sich allem Anschein nach in einer geradezu arroganten Sicherheit. Wahrscheinlich
     hatte er überall seine Leute sitzen und mußte kaum etwas befürchten. Ansonsten hätte er sie aus Angst vor Entdeckung längst
     an einen anderen Ort bringen müssen, um sein Vorhaben ungestört fortsetzen zu können.
    Mit geschlossenen Augen lag sie auf ihrem Bett und begann zu |417| beten. In den letzten drei Tagen hatte sie mehr gebetet als irgendwann sonst in ihrem Leben. Dabei war ihr nie wirklich klargewesen,
     zu wem sie

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