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Die Gegenpäpstin

Titel: Die Gegenpäpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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den Kopf hin und her, als wäre sie irrsinnig geworden, und wenn
     sie sich recht besann, war sie nicht weit davon entfernt.
    Schließlich wurde sie von ihren Bewachern überwältigt und in ihre Zelle zurückgebracht. Mit den Handschellen kettete man sie
     ans Bett und fixierte zusätzlich ihre Füße. Dann ließ man sie allein zurück.
    Doch nur wenig später wurde die Zellentür erneut geöffnet, und der alte Arzt, der Hebräisch mit ihr gesprochen hatte, erschien
     mit zwei Wachleuten. Sie hob ihren Kopf, soweit die Fesseln es zuließen. »Ihr perversen Schweine!« brüllte sie. Kaum hatte
     der Arzt sich bis auf zwei Schritte ihrem Bett genähert, spuckte sie ihm voller Verachtung ins Gesicht.
    Emotionslos wischte sich der Alte den Speichel von den faltigen Wangen und zog eine Injektionskanüle auf, die er zusammen
     mit einem kleinen Fläschchen aus seiner Kitteltasche gefischt hatte.
    |413| »Wir werden jetzt ganz brav sein und ein bißchen schlafen«, witzelte er auf Hebräisch. Er hielt die Spritze in die Höhe und
     klopfte mit Daumen und Zeigefinger ein letztes Mal die Kanüle ab, um die darin vorhandene Luft zu entfernen.
    »Sie sind Jude wie ich«, brüllte Sarah voller Verzweiflung. »Wie können Sie so etwas zulassen?« Ihr Herz begann so schnell
     zu schlagen, daß sie beinahe glaubte, nicht mehr atmen zu können.
    »Sie irren sich«, erwiderte der Alt ungerührt. »Ich bin ein Diener Belials – wie wir alle hier. Niemand von uns ist Jude oder
     Christ. Diesen Unterschied hat es für uns nie gegeben. Wir haben noch nicht einmal etwas mit den Satanisten gemein, falls
     dieser Verdacht bei Ihnen aufgekommen sein sollte. Wir nennen uns die wahren Söhne des Lichts. Hüter der neunten Dimension,
     in der eine gewaltige Energie darauf wartet, endlich freigesetzt zu werden, damit auf der Erde ein neues, besseres Zeitalter
     beginnen kann. Seien Sie stolz darauf, Teil dieses Ereignisses werden zu dürfen.«
    »Sie sind wahnsinnig«, flüsterte Sarah, und ihre Stimme brach vor lauter Anstrengung. »Wie kann es sein, daß intelligente,
     gebildete Männer sich einem solchen Schwachsinn verschreiben?«
    Der Alte sah sie beinahe belustigt an, gleichzeitig legte er mit seinen knochigen Fingern ihre Armvene frei und desinfizierte
     die vermeintliche Einstichstelle mit einem Spray. »Wir sind nicht mehr und nicht weniger wahnsinnig als alle, die an etwas
     Übersinnliches glauben«, fuhr er ungerührt fort und legte ihr die Armmanschette an. »Mit dem Unterschied, daß wir wissen,
     wovon wir sprechen und unsere Befehle direkt aus einem hochenergetischen Universum erhalten, von dem andere vielleicht faseln,
     aber nichts wissen.«
    Sarahs Armvene wölbte sich unter dem zunehmenden Druck, und der Alte stach erbarmungslos zu.
    »Dann sind Sie sozusagen ferngesteuert«, bemerkte Sarah. Für einen Moment biß sie die Zähne zusammen, während er die |414| Kanüle zügig entleerte. »Das unterscheidet uns wohl.« Sie hob ihren Kopf und sah ihm direkt in die Augen. »Ich tue, was
ich
für richtig halte, und nicht, was irgendein Meister von mit verlangt.«
    Der Alte zog die Injektionsnadel heraus, dann tupfte er das nachtropfende Blut mit einem Watteröllchen ab. »Jetzt nicht mehr«,
     sagte er und lächelte hämisch. »Ab sofort stehen Sie Belial zur Verfügung. Mit Haut und Haaren.«
     
    Festgeschnallt auf einer Trage und an Händen und Füßen angekettet, wurde Padrig in ein hellerleuchtetes Untersuchungszimmer
     gefahren. Es mußte sich um dieselben weiß gekachelten Räumlichkeiten handeln, die Sarah beschrieben hatte, als sie von ihrer
     Untersuchung und den Fotos der toten Frauen sprach. Während einer der schwarzhaarigen Schergen unentwegt eine Waffe auf ihn
     gerichtet hielt, obwohl Padrig sich ohnehin nicht rühren konnte, schnitt ihm ein blasser Mann in einem weißen Kittel die Hose
     auf. Warum man seine Wunde behandelte, wenn man ihn ohnehin früher oder später umbringen wollte, konnte er nur erahnen. Vielleicht
     wollte man, daß er das bevorstehende Martyrium bei vollem Bewußtsein erlebte.
    Es war nur ein Streifschuß, und doch brannte es höllisch, als der Arzt die Fleischwunde mit einem Jodtupfer desinfizierte.
    »Fixieren«, sagte der Arzt tonlos, und Padrig mußte es über sich ergehen lassen, daß zwei Männer sein Bein festhielten, obwohl
     es bereits gefesselt war. Ohne Betäubung säuberte der Arzt die Ränder der etwa zehn Zentimeter langen Wunde mit einem Skalpell
     und begann schließlich,

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