Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Gegenpäpstin

Titel: Die Gegenpäpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
gerichtet, entzündete er in zwei Eisenkörben, die rechts und links neben dem Podest standen,
     ein Kohlefeuer. Nachdem er seine Aufgabe erfüllt hatte, zog er sich unter einer angedeuteten Verbeugung in eine dunkle Nische
     zurück. Ein leises Summen hing plötzlich in der Luft, und Padrig begriff, daß man eine moderne Klimaanlage angeschaltet hatte,
     die hier unten bei all dem Rauch für frische Luft sorgen sollte.
    »Ich fordere euch auf, mit mir zusammen eine Verbindung zu Belial herzustellen und danach das Urteil zu verkünden. Es soll
     unverzüglich vollstreckt werden«, sagte der dreizehnte Mann mit der getragenen Stimme eines Anführers.
    Dann begann er unverständliche Texte zu murmeln. Die Männer auf ihren Stühlen fielen in das Gemurmel ein, das sich bis zu
     einem sonoren Singsang steigerte. Nachdem der Gesang urplötzlich erstarb, herrschte für einen Moment eine unheilige Stille.
     Aus der Mitte der Anwesenden erhob sich die gebeugte Gestalt und ergriff das Wort. Die krächzende Stimme, die mit Gewißheit
     einem uralten Mann gehörte, war kaum zu verstehen.
    »Als Ältester verkünde ich das Urteil Belials. Unser Herrscher hat entschieden. Der Verurteilte wird die Passion Christi erleiden.«
    |420| Wieder kehrte Stille ein. Dabei schien niemand zu widersprechen oder etwas sagen zu wollen.
    Padrig durchzuckte eine unselige Ahnung. Also war sein Martyrium noch längst nicht zu Ende. Die Wunde an seinem Bein pochte
     im Takt seines Herzschlags. Ohne großen Erfolg versuchte er sich in eine bequemere Position zu bringen, um wenigstens einen
     klaren Gedanken fassen zu können.
    Der Dreizehnte stand mit erhobenen Händen von seinem Platz auf und malte mit seiner Linken eine Art Segen in die Luft. Dann
     erhob er in einem feierlichen Tonfall seine Stimme. »So sei es«, sagte er. »Das Urteil wurde gesprochen.« Er gab seinem Tempeldiener
     einen Wink, worauf dieser ging und kurze Zeit später mit einer neunschwänzigen Katze zurückkehrte, die er Nero mit einer devoten
     Verbeugung übergab, doch noch etwas anderes wechselte den Besitzer. Ein länglicher schwarzer Dolch, der aussah wie aus Edelstein
     geschliffen.
    »Wartet!« stieß Padrig hervor. Seine Worte kamen ihm über die Lippen, ohne daß er darüber nachgedacht hatte, ob er damit überhaupt
     etwas bewirken konnte. »Soweit ich weiß, hat das letzte Wort der Angeklagte. Gott ist mein Zeuge. Ich habe aus Notwehr gehandelt
     habe. Ich wollte niemanden töten.«
    Der Dreizehnte drehte seinen Kapuzenkopf zu ihm hin und verharrte einen Moment lang schweigend. »In diesem Ritual ist es nicht
     vorgesehen, daß der Angeklagte das Wort ergreift und sich auf einen Gott beruft, der für uns keine Wirkung entfaltet«, stieß
     er zornig hervor, währenddessen seine dunkle Stimme von den Wänden widerhallte. »Belial hat entschieden. Deine Schuld ist
     erwiesen.«
    Einen Moment lang überlegte Padrig, was er noch tun konnte. Sollte er schreien? Die Männer verfluchen? Nero baute sich mit
     einer bedrohlichen Geste hinter ihm auf.
    Er preßte die Lider zusammen und erwartete fast, daß Nero ihn von rückwärts erdolchen würde. Eine seltsame Gleichgültigkeit |421| befiel ihn. So war es also, wenn es zu Ende ging … Er hatte alles getan, was nur möglich war, aber im Grunde war er Nero und
     seinen Leuten in die Falle gelaufen.
    Doch statt ihn zu töten durchschnitt der Ordensmeister ihm lediglich das Hemd, um seinen Rücken zu entblößen.
    »Wir haben einen Neuen in unserer Runde«, erklärte Nero. »Es ist Tradition, daß der Neuling den ersten Schlag vollzieht.«
    Padrig spürte, wie sein Herz raste. Sie spielten mit ihm, wie eine Katze mit einer Maus spielt, die sie sicher gefangen hat.
     Suchend richtete er seinen Blick in die Menge. Ein Kapuzenträger erhob sich und trat vor. Unsicher näherte er sich dem Podest,
     dabei kämpfte der Mann umständlich mit seinem langen Gewand und stellte damit unter Beweis, daß es kein selbstverständlicher
     Bestandteil seiner alltäglichen Kleidung war.
    Nero drückte seinem neuen Ordensbruder die neunschwänzige Katze in die Hand, und plötzlich erklang eine getragene, sphärisch
     anmutende Musik aus Harfe, Panflöte und Trommel, die offenbar von einem Band abgespielt wurde.
    Etwas unbeholfen trat der schwarzgewandete Kapuzenträger hinter Padrig und holte ein wenig zu zaghaft aus. Der Schlag war
     schmerzhaft, aber durchaus zu ertragen.
    »So macht man das nicht«, belehrte ihn Nero. Dann nahm er dem

Weitere Kostenlose Bücher