Die Gegenpäpstin
ihren Ermittlungen
vorangekommen, und wir wissen genug, um uns ein abschließendes Urteil bilden zu können.«
Frau Professor Vidar erhob sich und bat Sarah mit einer höflichen, aber bestimmten Geste, ihr Büro zu verlassen.
Kurze Zeit später packte Sarah in ihrem Büro ihren Laptop ein und die beiden CDs mit den Kopien der Pergamente, ganz so, wie
Aaron es ihr empfohlen hatte. Nur, wo sie die Sachen verstecken sollte, wußte sie noch nicht. Im Grunde genommen kam ihr die
ganze Angelegenheit absurd vor. Im Laufschritt eilte sie durch die Kellerräume der Molekularbiologischen Abteilung, um zu
Aarons Büro zu gelangen.
Seine Sekretärin war längst gegangen, und auch im Labor war ausnahmsweise schon alles finster. Nur die Notbeleuchtung erhellte
Sarah den Weg.
Mit einem unguten Gefühl, weil sie sich wie ein Einbrecher vorkam, nahm sie die Chipkarte, um Aarons Bürotür zu öffnen. Bevor
sie die Schubladen seines Schreibtischs aufzog, stellte sie mit einem raschen Blick sicher, daß niemand sie stören würde.
Anstatt die Deckenbeleuchtung anzuschalten, benutzte sie nur die Lampe auf dem Schreibtisch. Erst nach längerem Suchen stieß
sie auf einen achtzigseitigen Untersuchungsbericht, der den Fund der beiden Toten vom Jebel Tur’an beschrieb. Darunter lag
eine Notiz, in der die mehrmalige Untersuchung der besonderen Verwandtschaftsbeziehung zwischen der Mitochondrien-DNA der |97| aufgefundenen Mumie und der DNA-Probe der Doktor Sarah Rosenthal angeordnet worden war. Bei nochmaligem Durchblättern des
Berichtes stellte sie fest, daß alleine die Beschreibung der abweichenden genetischen Herkunft der Mumie und die zufällig
festgestellte definitive Verbindung zur ebenfalls abnormalen genetischen Disposition der Doktor Sarah Rosenthal acht Seiten
in Anspruch nahmen.
Rasch verstaute Sarah die Mappe in ihrem Rucksack. An ihre Verwandtschaft mit der sagenumwobenen Mirjam von Taricheae hatte
sie bei all der Aufregung kaum mehr gedacht.
Bevor sie die Schublade wieder verschloß, fiel ihr ein älteres Foto in die Hände, das sie und Aaron in einer verliebten Pose
auf einer Reise durch Frankreich zeigte, die nun schon über drei Jahre zurücklag. Einen Moment hielt sie inne. Es war ihr
nie klargewesen, wie sehr Aaron immer noch an ihr hing.
Als Sarah sich schließlich anschickte, den Reinraum zu betreten, packte sie erneut das schlechte Gewissen. Normalerweise war
in diesen Räumlichkeiten strikte Hygiene vonnöten, und als sich nach dem eingegebenen Code die Sicherheitsschleuse öffnete,
zögerte sie, bevor sie hindurchschlüpfte.
Zwischen Reagenzgläsern und Apparaturen bahnte sie sich ihren Weg zum sogenannten Eiscafé, das im zweiten Untergeschoß lag
und nur über einen Aufzug zu erreichen war. Hier unten wurden die Leichenteile in besonderen Schubschränken aufbewahrt. In
einem Seitengang befand sich ein Tresor, in dem jeder Wissenschaftler sein eigenes Fach besaß. Über jede Entnahme und Bestückung
wurde Buch geführt. Mit dem Eingangscode öffnete Sarah die Tür und nahm die kleine, unscheinbare Styroporbox heraus, in der
sich ein beinahe unversehrter Unterkieferzahn mit der Bezeichnung 47 befand.
Auf dem Weg zurück, durch neonbeleuchtete Gänge, beschlich sie das ungute Gefühl, beobachtet zu werden, obwohl weit und breit
niemand zu sehen war. Sie beschleunigte ihre Schritte, um |98| in das unbeleuchtete Treppenhaus zu gelangen. Plötzlich erschrak sie, als sie über einen Besen stolperte, und noch bevor sie
das Licht einschalten konnte, sagte jemand: »Sorry, Miss.«
Sarah zuckte zusammen, als ob sie ein Stromschlag getroffen hätte.
Ein schneeweißes Gebiß blitzte im Dunkeln auf. Dann sprangen die Lampen an, und sie sah, daß sie einem der dunkelhäutigen
Mitarbeiter der Gebäudereinigungsfirma in die Arme gelaufen war. Hastig murmelte sie einen Gruß und eilte weiter.
Auf dem Weg hinunter nach Haifa schrillte erneut ihr Mobiltelefon. Doch niemand meldete sich. Sie glaubte aber, jemanden atmen
zu hören, bevor die Verbindung unterbrochen wurde.
Das Haus ihres Vaters war hell erleuchtet, als Sarah in ihre Straße einbog. Ein Polizeiwagen blockierte die Einfahrt. Voller
Panik stellte sie ihren Wagen am Straßenrand ab und rannte die Treppenstufen zum Eingang hinauf.
Leah kam ihr entgegen. »Sarah, wo bleibst du denn? Immer wenn man dich braucht, bist du nicht zu erreichen.«
»Was ist denn hier los?« Sarah horchte auf die Männerstimmen,
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