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Die Gegenpäpstin

Titel: Die Gegenpäpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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vorsichtig.
    »Ist es nur das?« Sie brach ein Stück von Brot ab und schob es sich mit einer eleganten Geste in den Mund, eine Eigenart,
     die sie schon immer von gewöhnlichen Frauen unterschieden hatte.
    |124| »Nein«, gab er mit einem zerknirschten Ausdruck in der Stimme zurück. »Wir sind hier nicht sicher. Es ist wie die unselige
     Ruhe vor dem Sturm, von dem niemand weiß, wann er hereinbrechen wird.« Ein wenig ungelenk hockte er sich auf den Boden neben
     ihr Lager. »Es ist schön, daß du hier bist, Mirjam, aber außer den wenigen Menschen, die es bereits mitbekommen haben, sollte
     es niemand wissen.«
    »Hast du Angst um mich? Oder vielmehr um deinen Frieden mit den Anhängern des alten Glaubens?« Ihre Augen blitzten für einen
     Moment auf.
    Jaakov fühlte sich unbehaglich. »Wie kommst du darauf?«
    »Ich frage mich unentwegt, wie es um deine Verbindung zum Sanhedrin steht. Immerhin bist du ein geschätzter Anführer unserer
     Brüder und Schwestern in Jeruschalajim, und es ist nicht ungefährlich, unter der ständigen Beobachtung von Sadduzäern und
     Pharisäern das Richtige zu tun.«
    »Es war nicht einfach für mich, hier auszuharren, nach dem Tod von Jeschua und nachdem die meisten von uns geflohen waren.
     Der Widerstand gegen unsere Feinde im alten Glauben ist eine gerechte Sache, aber es ist das Wasser, das den Stein höhlt,
     und nicht umgekehrt.«
    »Du brauchst dich vor mir nicht zu rechtfertigen«, entgegnete Mirjam leise. »Du warst immer derjenige, der versucht hat, alle
     Gegensätze zu einen. Da hast du Jeschua in nichts nachgestanden. Aber ich habe ernsthafte Bedenken, ob man mit einer solchen
     Einstellung immer Erfolg haben kann. Wer sich mit den Wölfen einläßt, läuft Gefahr, irgendwann von ihnen zerfetzt zu werden.
     Solange die Römer die Herrschaft über Jeruschalajim haben, wird sich niemand von den Vertretern des alten Glaubens trauen,
     einen Aufstand gegen unseresgleichen zu entfachen, aber sobald der römische Statthalter Schwächen zeigt oder abzieht, wird
     das Blatt sich zugunsten des Hohepriesters im Sanhedrin wenden.«
    |125| Jaakov lächelte. »Mirjam, meine kämpferische Hellenin. Du bist immer noch die, die ich für ihre Entschlossenheit, ihren Mut
     und nicht zuletzt ihre Weitsicht seit jeher bewundert habe.«
    »Es hat nichts mit Mut zu tun, wenn man seine Meinung vertritt, solange man klug genug ist, zu wissen, wo der Feind steht,
     und weiß, wann es besser ist, das Feld zu räumen.«
    Jaakov sah sie nachdenklich an, während ihre schlanken Hände nach dem Becher mit Milch griffen.
    »Was ist?« fragte sie. »Habe ich etwas Falsches gesagt?«
    »Nein, nein«, beeilte er sich zu erwidern und hob beschwichtigend die Hände. »Alle, die Jeschua gefolgt sind, waren in ihrer
     Natur völlig verschieden, und vielleicht war es das, was uns in seinem Sinne geeint hat – diese Vielseitigkeit des einen Geistes
     in all den verschiedenen Köpfen der Menschen, die einem Mann folgten und zu einer Stimme wurden.«
    »Das hast du schön gesagt.« Mirjam griff nach Jaakovs Hand.
    »Er hat uns alle geliebt«, sagte er und strich mit seinem Daumen sanft über ihren dünnhäutigen Handrücken, »ohne Rücksicht
     auf unsere Herkunft und ohne Rücksicht auf unser Temperament. Und er tut es noch. Ganz gleich, was die Zukunft auch bringen
     mag.«
    »Amen«, sagte Mirjam, dann beugte sie sich vor und hauchte Jaakov einen Kuß auf die bärtige Wange.

|126| 13.
Februar 2007 – Vogelfrei
    »Du willst wohin?« Sarahs Vater saß wie vom Donner gerührt im Wohnzimmer und ließ fassungslos seine Morgenzeitung sinken.
    »Nach Deutschland«, erwiderte Sarah, so fest wie sie konnte.
    Leah, die den Frühstückstisch abräumte, bedachte Sarah mit einem ungläubigen Blick.
    Moshe Rosenthal rückte seine Brille zurecht, als ob er sich ihrer Anwesenheit nochmals versichern wollte. »Kannst du mir verraten,
     was du da willst?«
    »Aaron ist tot. Vorgestern gestorben. Die Polizei behauptet, er trage eine Mitschuld an dem Überfall auf den Universitätstransporter.
     Angeblich soll er eine Verbindung zu palästinensischen Freischärlern gehabt haben. Doch daran kann ich nicht glauben. Er wurde
     umgebracht. Sein Vater sagt, er habe vermutlich die falsche Medizin bekommen und deshalb sei er gestorben. Leider gibt es
     dafür keine Beweise. Ich war gestern abend bei Raul Morgenstern. Ich hab ihm alles erzählt, was ich weiß. Er will sich darum
     kümmern.«
    »Ich will dir keine Angst

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