Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Gegenpäpstin

Titel: Die Gegenpäpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
überfallen und auszurauben.
    Milan empfing ihn mit einer brennenden Kerze in der Hand und führte ihn zu seinem kranken Freund. Es stank nach Kot und Erbrochenem.
     Padrig stellte die Tüten mit den Medikamenten und Lebensmitteln ab und sah sich um. Dabei blickte er nicht nur auf einen Haufen
     Gerümpel, sondern auch in drei weitere kindliche Gesichter, die von Erschöpfung und Entbehrungen gezeichnet waren.
    »Vielleicht solltest du mal den Eimer leeren«, empfahl er Milan, bevor er sich zu dem fiebernden Jungen beugte.
    Milans Freund war bestenfalls vierzehn Jahre alt und bot ein Bild des Jammers. Abgemagert und fiebernd lag er in seinem Lumpenbett.
    »Er braucht einen Arzt«, befand Padrig.
    »Bloß nicht!« Milan war aufgeregt. »Dann erwischt uns die Polizei, und wir kommen alle ins Heim.«
    Padrig hob eine Braue und strich dem Kranken mitfühlend |219| über den Kopf. »Warte einen Moment«, sagte er und verschwand mit dem Eimer nach draußen. Als er zurückkehrte, hatte er den
     Eimer mit Regenwasser aus einer Tonne gesäubert. Anschließend verteilte er Orangen, Bananen, Brötchen und Saft an die übrigen
     Kinder. Dann kümmerte er sich erneut um den Kranken. Vorsichtig flößte er ihm ein Grippemittel ein.
    Ein kleiner Bollerofen verströmte kaum Wärme, weil es offenbar an Heizmaterial fehlte. Draußen hatte Padrig eine Axt gesehen.
     Rasch sammelte er in der feuchten Kälte ein paar Äste und zerteilte einen halbwegs trockenen, alten Lattenzaun in kleine Stücke.
    »Ihr könnt hier nicht weiter hausen«, sagte er bei seinem Abschied.
    »Du wirst uns doch nicht verraten?« Milan sah ihn in der Dunkelheit mit großen Augen an.
    »Nein«, sagte er und steckte dem Jungen noch ein wenig Geld zu. »Ich komme wieder, so bald ich kann. Und du versprichst mir,
     mich anzurufen, wenn es deinem Freund schlechter geht.«
    Kurz nach achtzehn Uhr war er zurück in der Villa. Sarah lief mit ihrem Rucksack lächelnd die Treppe hinab und war zusammen
     mit ihrer Chefin abfahrbereit. Padrig betrachtete sie nun mit ganz anderen Augen. Eine Nachfahrin von Maria Magdalena? dachte
     er bei sich. Obwohl sie so schön wie eine Heilige war, schien es ihm schwer vorstellbar, daß man den Stammbaum eines Menschen
     tatsächlich bis in die Zeit Jesu zurückverfolgen konnte. Außerdem würde das bedeuten, daß man das Grab der Zeugin der Auferstehung
     Christi nach so langer Zeit tatsächlich gefunden hatte.
    Das private Domizil der Regine von Brest lag ganz in der Nähe der Villa. Der helle Bungalow aus den siebziger Jahren war ebenso
     von einer Mauer umgeben wie die Zentrale des Beginenordens. Die Tore öffneten sich automatisch, als Padrig den Dienstwagen
     in die Einfahrt steuerte. Hohe Bäume verdunkelten den Garten |220| und sorgten in der aufflackernden Außenbeleuchtung für gespenstische Schatten. Von den Männern, die der Kommissar versprochen
     hatte, war weit und breit nichts zu sehen.
    »Wohnst du hier ganz allein?« fragte Sarah die Beginenvorsteherin, und Padrig wurde klar, daß die beiden Frauen sich noch
     nicht so lange kannten.
    »Früher habe ich hier mit meinem Mann gelebt«, erwiderte Regine mit einem Seufzer. »Er ist vor ein paar Jahren bei einem Verkehrsunfall
     ums Leben gekommen. Seitdem habe ich eine Haushälterin, die sich um meine beiden Perserkatzen kümmert. Allerdings ist sie
     nur tagsüber da. Gegen achtzehn Uhr verläßt sie das Haus.«
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, begleite ich Sie beide noch hinein«, sagte Padrig, nachdem er den Wagen geparkt hatte. Er
     war eher neugierig als besorgt, daß sich jemand im Haus aufhalten könnte. Möglicherweise würde er auf diese Weise noch mehr
     über Sarahs Geschichte herausbekommen. Schließlich wartete Erzbischof Mendez auf weitere Berichte.
    Padrig verfügte nicht unbedingt über einen sechsten Sinn, doch irgendwie fühlte er sich beobachtet, als Regine von Brest die
     Haustür öffnete. Der kalte Wind säuselte leise in den Büschen und bereitete ihm eine Gänsehaut. Der Kommissar und seine Männer
     ließen offenbar auf sich warten, was den Schutz des Hauses betraf, denn weit und breit war kein einziges Fahrzeug zu sehen.
    Regine schaltete das Licht ein. Padrig schaute sich in der Halle um. Marmorboden, Barockengel an den Wänden – die Beginenchefin
     schien Geld und Geschmack zu haben.
    »Möchten Sie etwas trinken, Padrig? Legen Sie doch ab!« Regine lächelte wie eine formvollendete Gastgeberin. »Sarah, dein
     Zimmer ist oben. Wenn du

Weitere Kostenlose Bücher