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Die Gegenpäpstin

Titel: Die Gegenpäpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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möchtest, kannst du deine Sachen schon hinaufbringen. Ich schaue nur rasch nach Castor und Pollux.«
    |221| Padrig bot sich an, Sarah zu helfen, als sie sich anschickte, mit Tüten und Taschen zum Obergeschoß hinaufzugehen. Auf halber
     Treppe hörten sie einen markerschütternden Schrei.
    Augenblicklich ließ er alles fallen und sprang mit einem Satz übers Treppengeländer. Unten nahm er sich eine Vase aus schwerem
     Muranoglas und hielt sie wie eine Keule, als er sich der Küche näherte, aus der nur noch ein Röcheln zu hören war.
    Mit dem Rücken zur Wand näherte er sich der Tür.
    »Regine«, rief er. »Alles in Ordnung?« Als keine Reaktion zu vernehmen war, schnellte er herum und stürmte mit der Vase in
     den Händen in die Küche.
    »Sarah«, rief er dann und stellte die Vase ab. »Ruf die Polizei! Schnell!«
    Regine kauerte wie betäubt am Boden. Ihr Blick war starr auf die helle Wand gegenüber gerichtet.
    Jemand hatte Castor und Pollux, zwei schneeweiße Perserkatzen, an die Wand genagelt. Jeweils einen großen Nagel hatte man
     durch ihre ausgestreckten Vorderpfoten getrieben und einen weiteren durch die übereinandergelegten Hinterläufe, und als ob
     das noch nicht genug der Grausamkeit gewesen wäre, hatte man den Tieren der Länge nach die Bäuche aufgeschlitzt und mit ihrem
     Blut einen großen fünfzackigen Stern aufgemalt.
    Padrig atmete heftig durch. Regine wimmerte vor sich hin, während sie ihre Hand ausstreckte und auf etwas deutete. Einen Moment
     später entdeckte er die blutigen Spuren, die in eine Ecke führten. Dort lag, halb unter dem Küchentisch, eine etwa sechzigjährige
     Frau. Ihr ehemals weißer Kittel war voller Blut, und ihre Beine lagen seltsam abgewinkelt vom Körper. Padrig erkannte sofort,
     daß sie tot war. Trotzdem beugte er sich herab und legte zwei Finger an ihre Halsschlagader. Einen Puls konnte er nicht fühlen.
     Dann stand er auf und schaute sich kurz um. Alles lag an seinem Platz. Offenbar hatte die Frau keine Chance gehabt, sich zu
     wehren.
    |222| Behutsam faßte er Regine bei der Schulter und versuchte sie aufzurichten. Sarah stand in der Tür und hatte die Arme um ihren
     Oberkörper geschlungen. Sie war leichenblaß und brachte kein Wort über ihre Lippen.
    »Kümmere dich um Regine«, bat Padrig und wandte sich um. »Die Täter könnten noch im Haus sein. Ich gehe nachsehen.«
    »Nicht«, rief Sarah. Ihr Blick war voller Panik. »Was ist, wenn sie dir auch etwas antun?«
    »Hab keine Angst«, sagte er nur und eilte ins gegenüberliegende Wohnzimmer. Alles war durchwühlt worden. Die Schubladen waren
     herausgezogen, und die Schränke standen offen. Besteck, Geschirr, Papiere lagen achtlos beiseite geworfen auf dem Boden. Was
     immer die Täter auch gesucht hatten, an Wertgegenständen waren sie nicht interessiert gewesen.
    Die Terrassentür stand offen. Padrig nahm ein Stück von der samtigen Gardine und wickelte sie um den Türgriff, dann schloß
     er die Tür und legte den Hebel um. Danach lief er rasch in die erste Etage hinauf, jedoch fanden sich hier weder Spuren des
     Überfalls noch der Täter.
    »Gibt es einen Keller?« fragte er, nachdem er in die Küche zurückgekehrt war. Regine schüttelte wortlos den Kopf. Sie war
     noch immer nicht in der Lage, aufzustehen. Beinahe lautlos wimmerte sie vor sich hin, als Padrig in die Hocke ging und sie
     vorsichtig aufhob. Während er sie ins Wohnzimmer trug, preßte sie ihr Gesicht an seine Brust.
    Er ließ sie auf einem Sofa nieder. Sarah setzte sich neben Regine und nahm ihre zitternde Hand. Dabei schaute sie Padrig mit
     großen Augen an.
    »Wer tut so etwas?«
    »Jemand, der kein Gewissen hat«, antwortete Padrig, und dabei holte ihn sein eigenes ein.

|223| 26.
62 n. Chr. – Stadt ohne Wiederkehr
    So beredt Paulus in seinen Predigten war, so einsilbig konnte er als Begleiter sein. Jaakov fand zudem wenig Muße, seinen
     Apostelfreund zu Gesprächen aufzumuntern, und so zogen sie schweigsam am Berg Tabor vorbei bis hin zur Ebene von Jezreel,
     die jetzt im Frühling in voller Pracht erblühte, und noch weiter nach Südwesten.
    Nach Einbruch der Dunkelheit erreichten sie Sichem, wo sie mit knapper Not ein Lager erhielten, weil es schon so düster war
     und kaum noch jemand wagte, einem Fremden zu öffnen.
    Am nächsten Tag ließen sie es langsamer angehen, übernachteten in Bethel, so daß Jeruschalajim bei Sonnenaufgang nur noch
     eine viertel Tagesreise entfernt lag. Die Nacht hatten sie in einer

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