Die Gegenpäpstin
Bruder«, begann Jochannan die Begrüßung. »Wir benötigen deine Spenden mehr als je zuvor.«
Jaakov sah ihn fragend an. Natürlich konnten sie das Geld gut gebrauchen, aber so schlecht ging es der Gemeinde auch nicht,
als daß sie dringend darauf angewiesen wäre.
»Festus ist letzte Woche am Fieber gestorben«, klärte Jochannan die Lage, »und bis der neue Statthalter aus Rom eintrifft,
kann es noch Wochen dauern.« Für einen Moment verschränkte er die Arme vor seiner Brust. »In seiner Eigenschaft als Hohepriester
fordert Hannas mit einem Mal eine Erhöhung der Tempelsteuer |226| und nutzt somit die Abwesenheit einer römischen Obrigkeit gnadenlos aus.«
Er klopfte Jaakov, der sichtlich betroffen reagierte, sanft auf die Schulter. »Keine Sorge, ich habe die Angelegenheit im
Griff. Wir werden tun, was er sagt, und wenn der neue Prokurator im Lande ist, holen wir uns das Geld von den Sadduzäern zurück.«
Dann nahm er Jaakov den Esel ab und übergab die Maultiere des Paulus an zwei weitere Begleiter, die jung und kräftig wirkten.
Gemeinsam näherten sie sich dem Stadttor, wo die römischen Soldaten jeden Ankommenden kontrollierten.
»Du solltest dein Messer unter einem der Olivenbäume vergraben.« Jochannans wissender Blick streifte Paulus, der daraufhin
errötete.
»Woher weißt du …?«
»Frag nicht, tue es.« Jochannan ließ keinen Zweifel über die Dringlichkeit seines Befehls. »Wenn sie dich erwischen, bist
du schneller im Kerker, als du denken kannst. Seit dem Tod des Festus reagieren sie wie tollwütige Füchse. Sie schnappen ohne
Warnung zu.«
Tatsächlich wurden sie von den Römern gründlich nach Waffen durchsucht. Die Getreidesäcke jedoch beachteten die Soldaten nicht.
|227| 27.
Februar 2007 – Offenbarungen
Für Sarahs Empfinden dauerte es eine Ewigkeit, bis endlich die Polizei eintraf. Die ganze Zeit saß sie auf dem Sofa und hielt
Regines Hand. Padrig hockte auf dem Sessel gegenüber. Sein Blick war mitfühlend und gleichzeitig wachsam. Niemand sagte ein
Wort. Ab und an schluchzte Regine auf.
Schließlich streifte sie Padrig mit einem zornigen Blick. »Können Sie Castor und Pollux nicht wenigstens von dieser verdammten
Wand abnehmen?«
»Es tut mir so leid, Regine«, erwiderte er mit sanfter Stimme. »Wenn ich irgend etwas anrühre, könnte ich Spuren verwischen.
Um herausfinden zu können, wer das getan hat, ist die Polizei auf jeden möglichen Hinweis angewiesen.«
»Ich befürchte, die Täter werden sich nicht so einfach aufspüren lassen«, sagte Sarah leise. Der blutige Stern ging ihr nicht
aus dem Kopf. »Das Zeichen an der Wand – ich glaube, es ist das gleiche wie auf dem Ring.«
»Welcher Ring?« Padrig war hellhörig geworden.
»Auf dem Flug von Israel nach Deutschland ist mir ein Typ aufgefallen, der ganz in Schwarz gekleidet war. Er trug einen goldenen
Siegelring mit einem fünfzackigen Stern und einem Widderkopf mit nach unten gebogenen Hörnern darauf. Allein der Blick dieses
Kerls konnte Wasser in Eis verwandeln. Mir läuft es jetzt noch kalt über den Rücken, wenn ich nur daran denke.«
Es läutete an der Tür. Padrig sprang auf. Es war die Polizei. Sarah erkannte die Stimme des Kommissars.
Hellriegel wurde von mehreren Beamten in Uniform und zwei Männern in weißen Overalls begleitet, die jeweils einen Aluminiumkoffer
mit sich trugen.
»Guten Abend«, sagte er laut, als er das Wohnzimmer betrat, |228| eine Begrüßung, die Sarah in Anbetracht der Lage als den reinsten Hohn empfand. »Das hier sind die Herrn von der Spurensicherung«,
stellte er die beiden Weißgekleideten mit dem Koffer vor. »Wo ist der Tatort?«
»Jemand hat Frau Möbius ermordet«, erklärte Regine mit schwacher Stimme. »Meine Haushälterin. Sie liegt in der Küche.« Regine
wollte aufstehen, doch ihre Beine gehorchten ihr nicht. Mit einem Seufzer sank sie auf das Sofa zurück.
Padrig war sofort an ihrer Seite. »Wir benötigen einen Krankenwagen«, sagte er zu dem Kommissar. »Das ist alles zuviel für
Frau von Brest.«
Der Kommissar nickte und gab ein paar kurze Anweisungen an seine Kollegen.
»Ich muß Ihnen leider trotzdem ein paar Fragen stellen«, erwiderte er, wobei seine Stimme einen einfühlsameren Ton anschlug.
»Bitte«, flüsterte Regine. »Wenn ich Ihnen helfen kann.«
»Wer ist die Tote?«
»Hannelore Möbius ist … war meine Haushälterin. Ich habe sie kurz nach dem Tod meines Mannes eingestellt.«
»Hat sie Familie,
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