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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Katharinas Schmerz nicht ganz so bodenlos.«
    »Sie ist eine starke Frau«, sagte Bini. »Und somit auch stark in allen Gefühlen. Sie wird Elisabeth stets vermissen, doch der Allmächtige hat ihr in seiner Güte etwas geschenkt, das ihr bald Trost bringen wird.«
    »Du meinst doch nicht etwa den kleinen Hund …«
    »Nein«, sagte Bini. »Obwohl – klein ist es auch. Erinnerst du dich noch an Schwester Laetitia, die sich in den Gärtner aus dem Dorf verliebt hatte und nachts über die Mauer geklettert ist?«
    »Und ob!«, sagte Susanna. »Welch ein Aufruhr im Kloster, als herauskam, dass sie schwanger …« Sie hielt inne. »Und du bist dir sicher?«, fragte sie.
    »Ich kann es riechen«, sagte Bini einfach. »Bei manchen Frauen kann ich das. Ich weiß es schon seit einigen Tagen. Katharina wird es sicherlich auch bald bemerken.«
    Sie hielt inne, schaute Susanna besorgt an.
    »Aber was ist denn mit dir? Du bist ja ganz grün um die Nase!«
    »Ich hätte dir alles sagen sollen, von Anfang an«, sagte Susanna. »Aber ich habe mich so geschämt, und ich hatte Angst, auch dich in Gefahr zu bringen. Jener Mann, der mich in Leip zig geschändet hat – am Geruch habe ich ihn wiedererkannt. Er ist es, der mich zweimal hier in Wittenberg überfallen hat, einmal auf dem Nachhauseweg von der Cranach-Werkstatt, einmal im Schweinestall, wo er mich unter die Hufe des Ebers treiben wollte.«
    »Hast du ihn wiedererkannt?«, fragte Bini.
    »Das konnte ich nicht«, sagte Susanna. »Denn auch das habe ich dir bislang vorenthalten. Er trug jedes Mal eine Maske aus Metall …«
    Bini sprang vom Strohsack auf.
    »Das kann nicht sein«, rief sie. »Du lügst. Das hast du dir alles nur ausgedacht.«
    »Nichts habe ich mir ausgedacht«, versicherte Susanna. »Du weißt doch, dass ich nicht lügen kann. Jan haben sie eingesperrt, doch der andere ist der Schuldige. Er hat beide Frauen auf dem Gewissen. Aber was hast du denn auf einmal?«
    »Das kann ich dir nicht sagen – niemals!«
    Binis Blick wurde noch gehetzter, dann lief sie zur Tür, riss sie auf und rannte wortlos hinaus.
    *
    Bini schrie das Ufergras an, die Wellen, den Himmel, die Schwal ben – wo war ihr Rabe?
    Und was hatte er getan?
    So elend fühlte sie sich, so verloren und matt, dass sie keinen Schritt mehr weitermachen wollte.
    Sie war zur Elbe gerannt, ohne ein einziges Mal innezuhalten, getrieben von der Hoffnung, dass er doch spüren musste, wie ihr zumute war, und auftauchen wie schon die Male zuvor – doch nichts geschah.
    Kein Pferd zeigte sich. Kein Reiter, der seine Hand hob, um ihr zuzuwinken.
    Binis Verzweiflung wuchs.
    Wie konnte die Sonne einfach weiterhin ihre Bahn ziehen? Wie sich die helle Wolke über ihr zusammenballen und wie der auflösen, wo doch ihr Herz so schwer war, dass es einem riesigen schwarzen Klumpen glich?
    Ihr Rabe – oder Falk, wie sein richtiger Name lautete, falls er sie nicht abermals belogen hatte – sollte ein Mörder sein?
    Ich bin der Teufel, das hatte sie aus seinem Mund vernehmen müssen. Doch bis zu Susannas verstörender Enthüllung war da trotzdem etwas in ihr gewesen, das sich immer dagegen gewehrt hatte.
    Jetzt freilich hatte sich das Blatt gewendet, und alles schien gegen ihn zu sprechen.
    Falk sollte es also gewesen sein, der der Gefährtin in Leip zig Gewalt angetan hatte? Der Susanna hier aufgelauert, sie beim ersten Mal gewürgt und später in den Schweinekoben gelockt hatte, damit sie dort zertrampelt würde? Der die eine Frau mit dem Strick erdrosselt und am Elbufer deponiert, die zweite bei lebendigem Leib in einer Kiste begraben haben sollte?
    Die Maske war ein eindeutiges Indiz, das ließ sich nicht leugnen.
    Aber keine der schrecklichen Anschuldigungen passte zu dem Mann, dessen Mund Bini auf ihren Lippen gespürt, dessen innerer Adel sie beeindruckt und dessen Einsamkeit sie angerührt hatte.
    Sie fiel auf die Knie und versuchte zu beten.
    Doch all die Gebete und Litaneien, die sie ein Klosterleben lang auswendig gewusst hatte, waren auf einmal wie weggeblasen. In ihr herrschte nur noch Dunkelheit, klamme, kalte, endlose Dunkelheit.
    Voller Verzweiflung legte sie sich bäuchlings auf die Erde, die Arme ausgebreitet, die Beine geschlossen. So hatte sie manchmal stundenlang in der Kapelle ausgeharrt. Wenn die ande ren Schwestern von ihrer Kindheit und Jugend erzählten, blieb ihr nichts anderes übrig, als zu nicken und so zu tun, als verfüge sie über ähnliche Erinnerungen.
    Wie froh war sie über die strengen

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