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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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uns nur nehmen, dein gütiger Gott?«, fragte Katharina schluchzend. »Ist das gerecht? Ist das gnädig? Sie war doch nur ein kleiner Engel, ein unschuldiger, reiner Engel!«
    »Wir kennen Seine Gründe nicht«, sagte er. »Noch dürfen wir uns anmaßen, sie verstehen zu wollen. Du versündigst dich, Käthe, wenn du so denkst.«
    »Und wenn schon!«, fuhr sie auf. »Was bedeutet das jetzt noch für mich? Ich hab mein Kind verloren. Mein schönes klei nes Mädchen. Ist das etwa unsere Strafe? Die Strafe für eine verbotene Ehe, die die halbe Welt seit Jahren belauert?«
    »Es gibt keine Strafe«, sagte er müde. »Denn wir haben nichts Unrechtes getan. Du bist mein liebendes Weib, und ich bin dein Mann. Die Kinder, die dieser Verbindung entsprießen, stehen unter dem Schutz des Allmächtigen …«
    »Und wenn nicht? Hätte Er Elisabeth sonst sterben lassen? Was, wenn es ein Zeichen ist, das wir von Gott empfangen? Ein Zeichen, dass wir doch auf dem falschen Weg sind?«
    Sie wandte sich um, sah ihn eindringlich an.
    » Vielleicht hätten wir beide niemals das Kloster verlassen dürfen. Vielleicht war es verkehrt, das heilige Gelübde der Keuschheit zu brechen, das wir abgelegt hatten, und in irdi scher Liebe zueinander zu entbrennen. Vielleicht hätte ich bis zum Ende meiner Tage Nonne bleiben müssen und du Mönch. Wir haben gesündigt, Martin, schwer gesündigt! Ist ihr Tod der Preis? Dann ist er zu hoch!«
    Katharina fiel vornüber, als habe jegliche Kraft sie verlassen.
    Als Luther sie sanft aufheben wollte, schüttelte sie ihn ab.
    »Rühr mich nicht an!«, flüsterte sie. »Das ist mehr, als ich jetzt ertragen kann.«
    »Aber ich werde dich anrühren, Katharina!« Seine Stimme war plötzlich laut geworden. »Heute und immer wieder – denn dazu hat Gott uns verbunden. Hör auf zu zweifeln und dich zu quälen! Jedes Leben ist nur ein Geschenk, das eines Tages zurück an den Allmächtigen geht, gleichgültig, welche Fehler auch immer wir in seinem Verlauf begehen.«
    »Fehler!«, fuhr Katharina auf. »Endlich gibst du es zu – wohin ich auch schaue, ich sehe nichts als Fehler. Eine Magd, die unser Haus in Verruf bringt, weil sie sich blindlings einem Schürzenjäger an den Hals wirft. Diese kleine Hübschlerin, der wir Obdach gewähren, ohne genau zu wissen, was sie auf dem Kerbholz hat. Ein Maler, dem ich mein Vertrauen ge schenkt habe, obwohl er jedem Rock nachläuft …«
    Ihre Augen funkelten zornig im bleichen Gesicht.
    »Das ist das Leben, Katharina«, sagte Luther. »Versuche, Ir rungen, Wirrungen, Hoffnungen, Enttäuschungen. Doch stets führt uns die Hand Gottes. Und wir sollten beten, dieses Leben mit Seiner Hilfe in Würde und Anstand bestehen zu können.«
    »Ja, bist du denn ganz aus Stein?« Sie rüttelte an ihm, schlug mit Fäusten auf ihn ein. »Und hast mir nicht mehr zu sagen – in dieser schrecklichen Stunde? Dein totes Kind liegt vor dir, und aus deinem Mund fließt nichts als Belanglosigkeiten!«
    Sie warf sich über die Wiege, begann haltlos zu weinen.
    »Ich will mein Kind zurück. Gib mir mein Kind zurück!«
    Sie schrie so laut, dass die Tür aufging und Bini schüchtern den Kopf hereinstreckte.
    »Wenn ich irgendwie helfen kann …«
    »Niemand kann helfen«, schluchzte Katharina. »Niemand. Warum wart ihr nicht da, als sie euch gebraucht hätte? Keine von euch war da. Und jetzt geh! Ich will dich heute nicht mehr sehen – und Susanna erst recht nicht.«
    Bini zog die Tür wieder zu. Sie war noch nicht weit gekom men, als diese erneut aufflog.
    Katharina stürmte an ihr vorbei, die Hand vor den Mund gepresst. Sie blieb stehen, schaute sich Hilfe suchend um.
    Doch bis zum Abtritt schaffte sie es nicht mehr, sondern erbrach sich würgend in die nächste Ecke.
    *
    Sie lagen Seite an Seite, obwohl es mitten am Tag war. Im Kloster waren Berührungen dieser Art unter den Schwestern strengs tens verboten gewesen – und doch war es manchmal dazu ge kommen, wenn Heimweh oder Sehnsucht eine der Nonnen zu arg plagte und eine Mitschwester versuchte, Trost zu spenden.
    »Sie wird uns wegjagen«, sagte Susanna schließlich. »Und das ist einzig und allein meine Schuld. Sie wird mir niemals verzeihen, dass ich Elisabeth im Stich gelassen habe.«
    »Du hast sie nicht im Stich gelassen«, widersprach Bini. »Ebenso wenig wie ich. Gott hat die Kleine zu sich genommen. Ich habe schon länger damit gerechnet, du nicht?«
    Susanna nickte.
    »Ich wäre trotzdem lieber dabei gewesen. Vielleicht wäre dann

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