Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
Vom Netzwerk:
zu riskieren.«
    Luther sah ihn eindringlich an.
    »Hat das mit der kleinen Dirne zu tun, der wir vorübergehend Obdach gewähren? Es missfällt mir, dass mein Haus durch sie in Verruf kommen könnte. Noch viel weniger aller dings würde mir gefallen, wenn den Meinen dadurch auch nur die geringste Gefahr drohte.«
    Cranach verstummte. Denn auf einmal war ihm klar gewor den, dass er seinem Freund nicht verraten durfte, was er vor hatte. Die Gesellen, die er zu Susannas Schutz losschicken wollte, mussten sich möglichst unauffällig postieren. Wenn Luther seine Magd auf die Straße setzte, wäre die Bewachung rasch beendet.
    »Ich weiß nicht, ob man der Kleinen wirklich trauen kann«, fuhr Luther fort. »Wild und aufsässig ist sie, das hat die Muhme mir berichtet. Das Mädchen kommt mir vor wie ein ungezähm tes Waldwesen, das man am besten einsperrt, damit es kein Unheil anrichten kann.«
    »Lass sie bloß nicht raus!«, sagte Cranach. »In ihrem ureigensten Interesse. Niemand darf wissen, dass sie sich bei euch versteckt – solange dieser Mörder frei herumläuft.«
    Luther räusperte sich.
    »Sie behauptet, sein wahres Gesicht zu kennen, aber was nutzt das schon, solange er ihr nicht gegenübergestellt werden kann? Aus ihren vagen Beschreibungen sind wir bislang nicht recht schlau geworden. Außerdem muss ich jetzt zu meiner Käthe. Sie klagt schon seit Tagen über Unwohlsein. Wenn sie mir jetzt auch noch ernsthaft krank wird, wäre das mehr, als ich ertragen könnte.«
    Er ging in Richtung Leucorea, während Cranach kehrtmachte und zum Schloss lief.
    Doch je näher er gelangte, desto schwerer wurden seine Beine.
    Welche Neuigkeiten erwarteten ihn? Hatte Altensteins Rach sucht sich weiter gesteigert? Und war er womöglich schon zu spät dran, um Jan zu retten?
    Das Versprechen, das Susanna ihm abgenommen hatte, lag plötzlich wie ein Bleigewicht auf seiner Seele. Und abermals kamen ihm Barbels kluge Warnungen in den Sinn.
    Warum war er nicht bei seinen Stillleben, Radierungen und Porträts geblieben, die ihn reich gemacht hatten, anstatt sich auf ein derart waghalsiges Projekt einzulassen?
    Das Gemälde der drei Grazien hatte bisher nichts als Ärger, Leid und Tod gebracht. Sollte er das kleine Bild, das noch auf den abschließenden Firnis wartete, nicht einfach packen und in die Flammen werfen?
    Aber da gab es ja noch die stattliche Vorauszahlung, die ihm inzwischen wie Blutgeld vorkam. Und jenen Auftraggeber mit der Maske, der, wie es schien, die grausamen Morde auf dem Gewissen hatte.
    Und für die Aufklärung brauchte Cranach dieses Bild.
    Ob es dem Unbekannten gelungen war, sich ins Schloss zu flüchten? Und falls ja, wer vom Hofstaat des Kurprinzen hielt in diesem Fall seine schützende Hand über ihn?
    Was weiterhin würde das für Cranachs eigenes Schicksal und das seiner Familie bedeuten?
    Während die Türme des Wittenberger Schlosses immer näher kamen, überfiel Cranach jähe Übelkeit. Er musste stehen bleiben, das Wams aufknöpfen und den Hemdkragen lockern, so jagte sein Herz, so trocken war auf einmal sein Mund ge worden.
    Dann jedoch rief er sich die feuchten Mauern des Lochs vor Augen, in das man Jan gesteckt hatte. Keiner hielt es im Kerker des Elbetores länger als ein paar Tage aus, ob er nun schuldig war oder nicht.
    Cranach atmete tief aus, klemmte sich das Stadtbuch, in das er einige Zeichnungen gelegt hatte, unter den anderen Arm und ging entschlossen weiter.
    *
    Tölpel, wie Luther den munteren hellbraunen Hund getauft hatte, war schon den ganzen Morgen nicht von Susannas Seite gewichen, sondern ihr auf Schritt und Tritt gefolgt. Vielleicht erinnerte er sich daran, dass sie es gewesen war, die ihn aus dem Wasser gezogen hatte. Vielleicht aber hatte er auch nur Angst, weil das ganze Haus auf einmal so still war. Das Semester war zu Ende, die Burse unter dem Dach leer und die gesamte Luther-Familie auf dem Friedhof, um Elisabeth zu beerdigen.
    Es kam Susanna hart an, dass Katharina ihnen verweigert hatte, sie auf diesem schweren Gang zu begleiten. Auch Bini musste schlucken, als sie davon erfuhr, weil sie die Kleine besonders oft gehätschelt und herumgetragen hatte. Dennoch kam kein böses Wort über ihre Lippen.
    »Katharina ist todtraurig und mutlos«, sagte sie. »Da sagt oder tut man Dinge, die man später bereut. Sie findet wieder zu sich, wirst schon sehen!«
    »Und wenn sie uns rauswirft?«, fragte Susanna. »Ich kann nicht weg, solange Jans Leben in Gefahr ist.«
    Die Sorge um den

Weitere Kostenlose Bücher