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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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doch Unsinn! Oder weißt du doch mehr, als du bisher zugegeben hast?« Sein Blick wurde scharf, als zuckte der alte Argwohn erneut in ihm auf.
    »Ich habe lediglich gründlich nachgedacht. Was, wenn er sie an einem verschwiegenen Ort eingesperrt hat, zu dem er allein den Zugang besitzt? Dann hätte er sie dort töten und anschließend im Schutz der Nacht die Leiche zur Elbe schleppen können. Ich gehe davon aus, dass es ein Mann gewesen sein muss. Denn einer Frau dürften die Kräfte dazu fehlen.«
    »Du hast noch immer Relin im Verdacht?«
    »Ihr nicht?«, lautete Jans Antwort. »Seine übertriebene Eifer sucht ist stadtbekannt.«
    »Hatte er denn Grund dazu?«
    »Ihr wolltet doch um jeden Preis die nackten Grazien. Und ich sollte sie Euch beschaffen.«
    »Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun«, sagte Cranach bestimmt. »Relin weiß nichts von unserem Vorhaben, da bin ich mir sicher, sonst hätte er sich im Verhör verraten. Außer dem Auftraggeber wird keine Menschenseele jemals das Bild zu Gesicht bekommen. Er lässt es einzig und allein für sich malen. Und ist damit weder der Erste noch der Letzte, der sich solch einen speziellen Wunsch erfüllt. Es gibt genügend wohlhabende Herren, die die Wände ihrer Kabinette mit Nacktbildern füllen. Früher haben wir Heilige und Märtyrer dargestellt, um unser Brot zu kaufen und unser Haus zu beheizen. Heute sind neben Reformationsbildern, Porträts und Landschaften auch Venus, Amor oder die Grazien gefragt. Die Zeiten ändern sich – und mit ihnen die Motive.«
    Cranach bestand also weiterhin auf Dilgin von Thann als nackter Thalia.
    Doch wie sollte Jan an dieses lebende Modell gelangen?
    Er fuhr sich mit der Hand über die Augen. Jetzt war nicht die Zeit, um in Tagträumereien zu verfallen. Die Kulissen mussten schnellstens fertig werden. Alles andere würde sich später zeigen …
    Moritz sprang plötzlich zur Tür und riss sie eilfertig auf.
    Im Hof war eine prächtige Kutsche vorgefahren, von braunen Pferden gezogen, deren Fell so sorgfältig gestriegelt war, dass es wie poliert wirkte.
    »Ganz, ganz vorsichtig, Euer Hoheit!«, hörte Jan eine nur allzu bekannte Stimme sagen. »Und bitte bloß nicht stolpern oder gar stürzen! Euer Gatte wird mich federn und teeren lassen, sollte er von diesem heimlichen Ausflug Wind bekommen.«
    »Johann Friedrich muss ja nichts von unserem kleinen Geheimnis erfahren«, sagte die Kurprinzessin, während sie sich aus der Kutsche helfen ließ. »Und selbst wenn: Was könnte mein geliebter Mann schon dagegen einzuwenden haben, dass ich mich mit eigenen Augen von den Fortschritten bei der Vorbereitung unseres Fests überzeuge?«
    Nach ein paar Schritten stand sie inmitten von Stoffballen, Papprollen, Leinwänden. Alle, die sich in der Werkstatt befanden, hatten aufgehört zu arbeiten und schauten zu ihr.
    Auf Jans energische Gesten hin verneigten sie sich ungelenk.
    »So lasst doch dieses lästige Katzbuckeln!«, rief Sibylle von Sachsen. »Erhebt Euch, ich bitte Euch!«
    Die Maler richteten sich auf.
    »Und starrt mich nicht an wie ein seltenes Tier!« Verlegen begann sie an ihrem kurzen blauen Seidenumhang zu nesteln, als könnte er die Schwangerschaft verbergen. »Erspart uns all diese steifen Förmlichkeiten! Ich sterbe nämlich vor Neugierde. Wie niederträchtig von Euch, mich dermaßen zappeln zu lassen. Wollt Ihr mich nicht endlich aus diesem unerträglichen Zustand erlösen?«
    »Aber gewiss doch, Euer Hoheit«, sagte Jan, der sich end lich wieder rühren konnte, nachdem Dilgins silberhelle Augen ihn zunächst wie im Bann festgehalten hatten. »All das hier« – er breitete die Arme weit aus – »ist für Euer höfisches Fest bestimmt. Wälder, Auen, Tümpel, Säulen, Nixen, Nymphen …«
    »Letztere interessieren mich am allermeisten«, sagte Dilgin. »Denn auf Wunsch der Kurprinzessin wird mein Festgewand ganz ähnlich aussehen.«
    Sibylle begann zu kichern.
    »Ich könnte derzeit wohl kaum in ein paar dünnen Fetzen auftreten«, sagte sie. »Doch bei Dilgin wird es sicherlich eine wahre Augenweide sein.«
    Hans und Luc liefen rot an, während Simons Blick etwas Stures bekam. Moritz dagegen begann fachmännisch zu nicken.
    »Eine Nymphe, wie sie im Buch steht!«, sagte er schwärme risch. »Zierlich von Gestalt, das Haar lang und golden, die Augen blitzend – man müsste Euch auf der Stelle malen dürfen, holdes Fräulein!«
    Dilgin lächelte sichtlich geschmeichelt.
    »Dafür gäbe es allerdings so einige andere

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