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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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von Katharina.
    »Man könnte sich einen Eber zur Zucht ausleihen«, schlug sie vor. »Das würde Geld sparen. Und ihn wieder zurückgeben, sobald die Sau gedeckt …« Sie verstummte, als hätte sie zu viel gesagt.
    »Ihr braucht mich nicht zu schonen!«, sagte Susanna erklärend. »Auf unserem Gut gab es viele Tiere, und die Ställe waren jene Orte, an denen wir Kinder uns am liebsten aufgehalten haben. Auch wenn ich schon als Mädchen ins Kloster gekommen bin, so habe ich doch mit eigenen Augen gesehen, wie Tiere sich fortpflanzen.«
    »Du hast bisher noch nie etwas über deine Familie erzählt«, sagte Katharina, während sie Elisabeth in ihren Armen hin und her wiegte. Die Kleine wollte nicht richtig zunehmen, war blass und mager, wohingegen ihr Bruder in ihrem Alter längst rosig und drall gewesen war.
    »Sie sind schon lange nicht mehr am Leben. Vater, Mutter, zwei Brüder – alle binnen Tagen von einer Seuche dahingerafft. Das Gut führt nun ein entfernter Verwandter, der nichts von einer ehemaligen Nonne wissen möchte, die Ansprüche anmelden könnte. So sind wir hier bei Euch gelandet.«
    »Und du, Binea?«, wollte Katharina wissen. »Wie steht es um deine Familie?«
    Bini senkte den Kopf.
    »Fragt lieber nicht!«, sagte sie. »Es tut noch immer zu weh.«
    »Dann behalt dein Geheimnis für dich!« Katharina klang enttäuscht. »Auch wenn es die Seele entlasten kann, sich anderen mitzuteilen, die es gut mit einem meinen.«
    Geheimnis – dieses Wort durchfuhr Susanna wie glühender Stahl.
    Die Schuld, die sie mit sich herumgeschleppt hatte, plagte sie nicht länger, denn sie war sich inzwischen sicher, dass sie etwas unternehmen musste, da ihr Peiniger nicht nur lebte, sondern neue, noch schrecklichere Verbrechen begangen hatte und womöglich weitere vorhatte.
    Wie nur sollte sie ihm das Handwerk legen?
    Ihre einzige Spur führte zum Haus am Elstertor.
    Schon seit Tagen zerbrach sie sich den Kopf, wie sie dort hineingelangen sollte, doch noch immer war ihr keine brauchbare Lösung eingefallen.
    Susannas Blick glitt zu Bini, die sich gerade mit dem Schlagen von Funken abquälte, weil der Feuerschwamm nicht trocken genug war. Wieder einmal beneidete sie die Gefährtin um ihr ausgeglichenes Gemüt. Wie eine Sonne machte Binea jeden Raum heller, sobald sie ihn betrat. Kein Wunder, dass Hansi ständig an ihren Röcken hing und sogar die kleine Elisabeth zu weinen aufhörte, sobald Bini sie aus der Wiege nahm.
    Doch seit Tagen war sie ungewohnt wortkarg und bedrückt, als ob etwas ihre Seele beschwerte. Welch heimlicher Kummer quälte Bini?
    Susannas vorsichtigen Fragen war sie geschickt ausgewi chen. Sie wollte nicht darüber sprechen – oder konnte es nicht.
    Nein, Susanna würde sie nicht auch noch mit ihren inneren Kämpfen belasten, jedenfalls nicht, solange sie nicht mehr herausgefunden hatte.
    »Ich könnte neues Feuerzeug besorgen«, hörte Susanna sich zu ihrer eigenen Überraschung vorschlagen. »Heute ist Markttag. Da sind viele Händler in der Stadt.«
    »Meinetwegen«, erwiderte Katharina, die ebenfalls erstaunt wirkte. »Aber dann bring auch gleich noch einen neuen Steinmörser mit. Unseren alten hat Hansi gestern beim Herumtoben zerbrochen.« Sie zog die Börse heraus. »Du gehst nicht zufällig zur Cranachin?«, fragte sie beiläufig.
    »Nein.« Susanna nahm die Münzen entgegen und steckte sie in ihre Rocktasche. »Sollte ich?«
    Katharinas beredtes Schweigen noch immer im Ohr, machte sie sich mit ihrem Korb auf den Weg, der ihr inzwischen vertraut war.
    Die Leucorea, die Collegiengasse, die stolzen Bürgerhäuser rund um den quirligen Marktplatz – begann sie etwa, in Wittenberg heimisch zu werden?
    Als Susanna am Markt angelangt war, wurde sie unruhig. Das bunte Treiben befand sich auf dem Höhepunkt; viele der roh gezimmerten Verkaufstische waren von Kauflustigen umringt. Es roch nach Kuchen, Met und Kot, nach Geschäftigkeit und Schweiß.
    Unwillkürlich lugte Susanna hinüber zum Cranach-Haus, doch alle Fenster waren zu, und sogar die Einfahrt zum Hof war geschlossen.
    Sie straffte sich, drückte den Rücken leicht durch und ging zu dem Stand, an dem Kochgeschirr und Näpfe angeboten wurden. Der neue Mörser war schnell gekauft. Anschließend machte sie sich auf die Suche nach Feuerzeug. Erst am Ende des Platzes entdeckte sie das Gewünschte und näherte sich rasch.
    Doch sie war nicht allein.
    Eine üppige Frau mit einem Zopf, so schwarz und glänzend wie Rabengefieder, war vor ihr am

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