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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Feilschen.
    »Das kann doch nicht dein Ernst sein!«, rief sie. »Deine schäbigen Zunderlappen sind keinen Kreuzer wert. Und der Feuerstein, den du mir da verkaufen willst, ist mürb und splittrig. Diesen Mist kannst du anderen andrehen, aber nicht mir!«
    »Dann lass es eben bleiben«, schnappte die Händlerin zurück, die rotwangig war und mit ihren ausladenden Hüften kaum hinter den Tisch passte. »Esst meinethalben weiterhin kalte Suppe, wenn du so geizig bist.«
    Marleins Begleiterin! Die Aufpasserin aus dem Hurenhaus, auch wenn sie heute so geschickt gekleidet war, dass das vergilbte gelbe Band, das sie am Ausschnitt trug, sich kaum vom hellen Leinenkleid abhob.
    Wie war noch einmal der Name gewesen?
    Griet. Marlein hatte von einer Griet gesprochen.
    Susannas Mund wurde plötzlich trocken, so aufgeregt war sie.
    »Ich brauche Feuerstein und Zunderlappen.« Sie räusperte sich. »Aber es darf nicht viel kosten.«
    »Dann bist du an der falschen Stelle«, sagte Griet. »Denn hier regiert der Wucher.«
    »Halt sofort dein freches Maul!«, rief die Händlerin. »Ich weiß genau, dass du eine aus dem Haus am Elstertor bist, auch wenn du alles darangesetzt hast, um dein Schandzeichen zu verdecken. Unsere ganze Stadt verderbt ihr, macht unsere Männer bockig, zieht ihnen das Geld aus der Tasche und stürzt damit viele Familien ins Unglück. Mir graust vor dir, damit du es nur weißt! Und ich verachte dich. Verdammte Teufelshuren seid ihr, alle miteinander, die in den Schlund der Hölle gehören!« Sie spuckte aus. »Von mir kriegst du nichts, selbst wenn du mir den dreifachen Preis bieten würdest.«
    Susanna schielte zur Seite. Griet biss sich auf die Lippen, blieb aber stumm.
    Eine Gelegenheit, die sich so bald nicht wieder bieten würde.
    »Meine Herrin braucht Vorrat«, sagte Susanna und hoffte, dass das Geld reichen würde. Aber sie musste es einfach ver suchen. »Ich nehme vier Feuersteine und acht Zunderlappen.«
    Ohne zu handeln, zählte sie ihre Münzen auf den Tisch, die die Händlerin rasch einstrich. Dann wandte Susanna sich an Griet.
    »Ich denke, wir haben denselben Weg«, sagte sie. »Dann könnten wir ihn ja auch gemeinsam gehen.«
    Griet folgte ihr zunächst schweigend, bis sie plötzlich stehen blieb.
    »Ich kann dir die Hälfte des Feuerzeugs abgeben«, sagte Susanna. »Ich hab extra das Doppelte gekauft, weil die Alte sich so aufgeführt hat. Aber bezahlen musst du es mir. Meine Herrschaft dreht nämlich jeden Kreuzer um.«
    Griet schien zu zögern, schließlich nickte sie und klaubte ein paar Münzen aus der Tasche.
    »Wer bist du?«, sagte sie.
    »Susanna. Und du?«
    »Ich heiße Griet. Und woher ich komme, hast du ja gehört.«
    Sie setzten ihren Weg fort.
    Nach einer Weile hielt Griet abermals inne.
    »Du siehst mich die ganze Zeit so seltsam an«, sagte sie. »Weil dir Huren unheimlich oder gar widerlich sind? Sei froh, dass es sie gibt. Sonst würden die Kerle dich und deinesgleichen noch mehr bedrängen, als sie es ohnehin schon tun. Aber ich kann dich beruhigen. Ich arbeite nicht mehr in diesem Gewerbe. Ich führe lediglich das Haus.«
    Besser hätte es ja gar nicht kommen können!
    Dann musste Griet den unsichtbaren Patron kennen, von dem Marlein gesprochen hatte.
    Susanna nahm all ihren Mut zusammen.
    »Meine Herrschaft ist sehr streng«, sagte sie, »und mein Leben hart. Oftmals weine ich mich in den Schlaf.« Das Lügen fiel ihr schwer. Sie würde sich später bei der Himmelsmutter entschuldigen. »Vielleicht könnte ich bei euch …«
    »Schlägt man dich?«, fragte Griet unverblümt. »Oder wirst du auf andere Weise misshandelt?«
    »Nein, das nicht, aber mir bleibt oft die Luft weg. Dieses ständige Mahnen und Beten …« Mit jedem Wort hatte Susanna das Gefühl, Katharina und Luther zu verraten. Doch jetzt gab es kein Zurück mehr. »Ich träume von einem anderen Leben. Einem mit mehr Freude und Glanz. Tanzen will ich und lachen. Nicht immer eingesperrt sein. Kannst du mir nicht helfen?«
    »Du willst bei uns im Hurenhaus arbeiten?«, sagte Griet erstaunt und musterte Susanna von oben bis unten. »Tanzen und lachen? Freude haben? Nicht eingesperrt sein? Du bist kein Küken mehr. Du musst wissen, was das bedeutet.«
    Susanna nickte.
    »Mach den Mund auf!«, befahl Griet.
    Susanna gehorchte.
    »Du hast gute Zähne.« Ungeniert griff sie in Susannas Flech ten. »Und dichtes Haar. Das mögen viele Männer. Dein Gesicht ist gefällig, keine große Nase, die stören oder abstoßen

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