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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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der Erleichterung vergoss, als der kleine Brustkorb sich wieder regelmäßig hob und senkte.
    »Wie hast du es nur gemerkt?«, rief sie ein ums andere Mal. »Wärst du zu spät gekommen, so hätten wir sie ver loren.«
    Es war mehr eine Ahnung gewesen, die Susanna dazu gebracht hat, sich tief über Elisabeth zu beugen.
    Still war das Kind gewesen, viel zu still.
    An das, was darauf folgte, hatte sie keine genaue Erinnerung, nur dass sie den Rücken der Kleinen sanft geklopft und, als keinerlei Reaktion erfolgte, ihr den eigenen Atem in den Mund geblasen hatte.
    Während sie nun in Richtung Markt lief, hatte sie die Ge sichter der anderen vor Augen: Luther, der plötzlich um Jahre älter ausgesehen hatte, als die Anspannung vorüber war, Lene, deren Mundwinkel nun wieder nach oben strebten, Hansis Strahlen und das warme, erleichterte Glück in Katharinas Zügen. Allein Bini war wenig anzumerken gewesen – ausgerechnet Bini, die sonst so spontan Mitgefühl aufbrachte.
    Was war mit der Gefährtin geschehen? Welche unsichtbare Last machte ihr auf einmal das Leben schwer?
    Susanna nahm sich vor, es nicht länger beim Aufschieben und Mutmaßen zu belassen. Sobald sie zurück war, würde sie Bini zur Rede stellen – und nicht eher Ruhe geben, bis sie eine befriedigende Antwort erhalten hatte.
    Die Schatten wurden bereits lang, als sie das Cranach-Haus erreichte. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, aber nicht einmal das würde sie heute von ihrem Plan abbringen. Sie bog in die Einfahrt ein, betrat den Hof.
    Dann stand sie vor der Werkstatt.
    Die Tür war angelehnt; der große Raum schien leer bis auf einen jüngeren Mann, den sie noch nie hier gesehen hatte. Er arbeitete an einer Landschaft und tupfte gerade kunstvoll helles Grün auf den dunkleren Hintergrund.
    »Ihr wünscht?«, fragte er, als sie schon beinahe neben ihm stand.
    »Ich suche Jan«, sagte Susanna ohne Umschweife. »Wo kann ich ihn finden?«
    Eine auffallend große Hand deutete auf eine geschlossene Tür.
    »Unsere Farbenkammer – eigentlich. Dort drinnen vergräbt er sich schon den ganzen Tag«, sagte der Mann. »Nicht einmal essen wollte er mit uns. Angeblich auf Anordnung des Meisters. Die anderen Gesellen zerreißen sich bereits das Maul.«
    Ein kurzer Blick auf Susannas verwaschenes Kleid. Sie konnte förmlich spüren, wie er sich anstrengte, eins und eins zusammenzuzählen.
    »Aber du tust es nicht?«, sagte sie einfach.
    Er schüttelte den struppigen Kopf.
    »Ein Moritz Eiser hat sich bislang stets auf die eigenen Augen verlassen und ist gut damit gefahren. Meistens jedenfalls«, sagte er mit verschmitztem Grinsen. »Jan ist ein guter Kerl. Vielleicht ein bisschen verrückt, aber ich mag ihn.«
    »Ich mag ihn auch«, sagte Susanna und spürte, welche Wohl tat es war, diese Worte laut auszusprechen. »Deshalb bin ich hier.« Sie spähte zur Tür. »Und er ist wirklich dort drin?«, vergewisserte sie sich.
    »Bei meiner Seel«, antwortete Moritz treuherzig. »Gemocht hab ich Jan auf Anhieb. Aber jetzt beneide ich ihn auch noch.«
    Sie drückte die Klinke herunter und ging hinein.
    Der Raum war klein und wurde von der Staffelei fast ausgefüllt. Herumstehende Eimer zeugten davon, dass er sonst anderweitig verwendet wurde. Alles wirkte, als wäre schnell und lieblos aufgeräumt worden.
    Obwohl Jan ihr den Rücken zukehrte, schien er zu spüren, wer gekommen war. Das Bild, an dem er arbeitete, konnte sie nicht sehen. Eine Leinwand war darüber gebreitet, als brauchte der Maler Abstand oder Ruhe, um sein Werk später fortzusetzen.
    »Du?«, sagte er leise.
    »Ja, ich. Ich muss mit dir sprechen«, sagte Susanna. »Schon viel zu lange habe ich damit gewartet.«
    Langsam drehte er sich zu ihr um. Sie erschrak, als sie die Blessuren in seinem Gesicht sah, wunderte sich aber nicht.
    »Hör zu, ich bin zu müde, um zu streiten«, sagte Jan. »Das, was du an mir sehen kannst, hat mich doch ein wenig mitgenommen. Ja, ich bin wieder einmal aus der Haut gefahren. Ich fürchte, ich muss mein Leben ändern. Ich weiß nur noch nicht, wie.«
    Susanna spürte, wie ihre Züge sich entspannten.
    »Wir werden nicht mehr streiten«, sagte sie. »Vorausgesetzt, du hältst dich an ein paar ganz einfache Regeln. Bist du dazu bereit?«
    »Welche Regeln?«, fragte er zurück.
    »Erstens hab ich es satt, dass du dich in meiner Gegenwart mit deiner Männlichkeit brüstest«, sagte sie. »Du brauchst keine anderen Weiber anzuglotzen oder abzuschmatzen. Ich weiß auch so, dass du

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