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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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schlug ihr hart ins Gesicht.
    »Steck dir den Finger hinein«, sagte er. »Nein, besser gleich zwei. Sonst wird es gleich noch mehr wehtun.«
    Sie hatte plötzlich mit Tränen zu kämpfen. Ausgeliefert fühlte sie sich. Bloßgestellt. Auf seltsame Weise erniedrigt.
    »Soll ich Euer böses Mädchen sein?«, flüsterte sie in der Hoffnung, das Ruder doch noch herumreißen zu können.
    Die Maske machte den Abscheu auf den unbedeckten Gesichtszügen noch drastischer.
    »Ja, genauso seid ihr«, sagte er. »Lüstern. Läufig. Zum Huren allzeit bereit. Bis jemand kommt und euch Zucht und Ordnung lehrt. Es gibt nur einen Weg dazu. Das weiß ich längst. Aber dafür bist du nicht gut genug.«
    »Was soll ich tun?«, wisperte Marlein. »Ein gutes Mädchen sein? Ich will Euch doch nur gefallen! Sagt es mir, bitte!«
    Als er stumm blieb, machte sie einen Schritt auf ihn zu.
    Er hob seinen Fuß, trat ihr mit dem Stiefel fest in den Leib.
    Marlein krümmte sich und presste beide Hände auf den Bauch.
    »Du gehorchst nicht«, sagte er. »Nicht einmal das. Das wird dir noch leidtun.«
    »Verzeiht!«, flüsterte sie angstvoll. »Ich wollte Euch gewiss nicht wütend machen, aber es tut so weh.«
    »Nichts als Schmutz und Dreck bist du. Ein Haufen dumpfes, hässliches Fleisch – nein, du taugst wahrlich nicht zu meiner heimlichen Braut.«
    Sein nächster Tritt war noch härter.
    Sie stieß einen Schmerzenslaut aus, dann griffen ihre Hände nach oben und rissen ihm die Maske vom Gesicht.
    Er stand vor ihr wie gelähmt.
    »Ich will sehen, wer mich quält«, schrie Marlein. »Jetzt kenne ich dein wahres Gesicht, Patron!«
    Ihre Worte brachten Bewegung in ihn. Er packte den Saum ihres Kleides und riss daran. Dann zwang er ihr die Hände auf den Rücken.
    Woher kam auf einmal der Strick, mit dem er sie fesselte?
    Er musste ihn in seinem Umhang versteckt gehabt haben. Und er beherrschte, was er tat, denn im Nu waren auch Marleins Knöchel aneinandergebunden.
    Als sie abermals zu ihm aufschaute, erschrak sie.
    Sie öffnete den Mund, um Griet und die anderen herbeizuschreien, aber bevor auch nur ein Ton aus ihrer Kehle dringen konnte, hatte er ihr den Knebel in den Mund gestopft.
    Dann riss er sie an den Haaren nach oben, griff unter ihr Hinterteil, hob sie hoch und trug sie aus der Kammer.
    Er roch so streng, dass sie befürchtete, sich übergeben zu müssen. Aus Angst zu ersticken versuchte Marlein mühsam, dagegen anzukämpfen.
    Wohin brachte er sie?
    In den Keller, den sie stets nur mit einem flauen Gefühl im Magen betreten konnte?
    Doch der Patron stapfte mit ihr nach oben ins Dachgeschoss, bis sie vor einer Tür angelangt waren, von der Marlein bislang nicht einmal gewusst hatte, dass sie überhaupt existierte.
    Er ließ sie auf den Boden fallen wie ein wertloses Bündel, zog einen Schlüssel heraus und sperrte auf.
    Dann stieß er Marlein mit ein paar Fußtritten in den Raum.
    *
    Als Jan mit dicken Lidern erwachte, war der Platz neben ihm leer. Er blieb noch ein paar Augenblicke liegen, starrte auf die Kerzenstümpfe und die Blätter, die verstreut am Boden lagen.
    War alles nur ein böser Traum gewesen?
    Er musste nur auf die Zeichnungen schauen, um zu wissen, dass sein frommer Wunsch sich nicht erfüllt hatte.
    Hoffentlich hatte keiner im Schloss Dilgin zurückkommen sehen. Hoffentlich fragte sie niemand, wo sie gewesen war. Hoffentlich kreuzte nicht ihr Verlobter bei ihm auf, um ihn zur Rede zu stellen …
    Für Jans Geschmack eindeutig zu viele »hoffentlichs« an diesem frühen Morgen.
    Langsam kam er nach oben.
    Irgendwo musste die Spiegelscherbe abgeblieben sein, die er für seine Rasur verwendete, doch als er sie schließlich gefunden hatte, schreckte er vor seinem eigenen Bild zurück.
    Ein Schläger schaute ihm entgegen, mit blutunterlaufenen Augen und zahlreichen Spuren, die Dilgins Nägel offensichtlich auf Wangen und Kinn hinterlassen hatten. Die Wunde am Hals sah böse aus. Und auch seine Brust war von kaum verschorften Kratzern gezeichnet.
    Wie mochte da erst sein Rücken aussehen?
    Jan schüttelte den Kopf, alles andere als eine kluge Idee, denn sofort wurde ihm leicht übel – von den Schmerzen in der Seite bei jedem Atemzug einmal ganz abgesehen.
    In welch üblen Zustand war er da geraten?
    Er war gerade dabei, sich die Hosen überzustreifen, als plötzlich die Tür aufging und Cranach auf der Schwelle stand.
    »Moritz sagt, du …« Er hielt inne. »Wer hat dich denn so übel zugerichtet?«, fragte er. »Hast du

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