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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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mir einen reichen, gutaussehenden Ehemann von ihm zu wünschen. Und er hat gesagt, daß er inzwischen in besseren Kreisen verkehrt…«
    »In besseren Kreisen?« Der alte Prophet spürte, wie er eine Gänsehaut bekam.
    »Vor zwei Tagen ist ein Mann eingebrochen und hat ihn gestohlen, und ich habe gehört, daß ihn jetzt die Herzogin von Valentinois hat. Ich bin erleichtert, auch wenn die Königin außer sich ist. Er – er redet nämlich nachts mit mir und läßt mich nicht schlafen. Er – er sagt, falls ich mir nichts wünsche, so soll ich ihn zumindest nicht daran hindern, Höhergestellten als mir zu gehören. Und immer, wenn ich ganz zufrieden bin, kommt er zurück und verdirbt mir alles…«
    »Demoiselle Sibille, merkt Ihr denn nicht, daß er Euch in Versuchung führen will?« fragte Anael.
    »Ich weiß, aber es ist unerträglich.«
    »Er bearbeitet immer die schwachen Stellen«, sagte Nostradamus. »Und da er unsterblich ist, hat er dazu alle Zeit der Welt. Ihr solltet ihn nicht unterschätzen, er ist hinterhältig und niederträchtig.«
    »Das sagt auch Tantchen, und sie sagt, ich soll mich des Lebens freuen, um ihm zu trotzen, aber er raubt mir alle Freude.«
    »Und so macht er weiter, bis ihr Euch etwas wünscht, und dann hat er obendrein noch Eure Seele. Ihr müßt ihm Widerstand leisten.« Nostradamus war hellauf empört, mitfühlend und brannte darauf, Menander den Unvergänglichen in diesem schmutzigen Spiel zu schlagen. Und während er das sagte, merkte er nicht, daß Anael stillvergnügt in sich hineinlächelte.
    »Zuerst hat er gespottet, daß mir meine neuen, hübschen Kleider nicht stehen und daß sie an mir vollkommen unansehnlich und lächerlich wirken. Ich sei ohnedies häßlich. Mir ist die Lust daran vergangen, in den Spiegel zu schauen, weil ich dabei jedes Mal nur Mängel erblicke – meine Nase, meine Brauen, einen Pickel –, und dergleichen mehr.
    Dann habe ich gedacht, wenigstens bin ich gesund, und da hat er mich daran erinnert, daß Gesundheit niemals von Dauer ist und daß die schlimmsten Krankheiten mit den unbedeutendsten Anzeichen beginnen. Und wenn ich jetzt eine Erkältung habe, sagt er, daß er jemanden kennt, der daran gestorben ist, und dann geht es mir noch schlechter. Als ich plötzlich zu Lesungen bei den Erbauungsnachmittagen der Königin eingeladen wurde, höhnte er, es sei alles bloß Schmeichelei, weil sie nur an ihn herankommen wolle. Hinter meinem Rücken würden alle über mich lachen.
    Und ich könnte schwören, Maistre Nostredame, auf Schritt und Tritt ist Getuschel hinter mir, und wenn jemand etwas Gutes und Nettes über mich sagt, höre ich gleich eine versteckte Kränkung heraus. Aber noch habe ich mir nichts gewünscht. Weder Schönheit noch ewige Jugend und Gesundheit und nicht einmal, daß jemand meine Schriftstellerei bewundert – ich bin stark geblieben.«
    »Aha, aha. Ihr habt länger durchgehalten als irgend jemand vor Euch…«
    »Und dann hat mir M. d'Estouville den Hof gemacht und hat Männer angeheuert, die unter meinem Fenster die Viole und Laute spielten. Könnt Ihr Euch das vorstellen? Der schönste, schneidigste Mann, den ich jemals kennengelernt habe! Rang und Vermögen, und von meinem Bruder und Vater bewundert! Ich bin auf Wolken gegangen. Menander stand auf der Kommode und sagte hämisch, er sei nur hinter dem Geld her, das Tantchen mir einmal vererbt, und er hat mir genau gesagt, wieviel Schulden d'Estouville hat und daß sein reicher Onkel viel zu gesund ist, um bald zu sterben…« Alles nur zu wahr, dachte Nostradamus, der dem schneidigen M. d'Estouville das Horoskop gestellt hatte.
    »Versteht Ihr? Tantchen will Philippe deswegen nicht im Haus haben, und selbst Ihr wißt, daß es stimmt«, fuhr Sibille fort. »Und als ich mich dazu durchgerungen habe, wenigstens noch Freude an meiner Kunst zu finden, da hat er mir eingeflüstert, sie sei gräßlich, und schon war jegliche Inspiration dahin. Meine Musen sind geflohen, eines Tages werde ich auf einem Dachboden verhungern, und man findet meine Leiche erst dann, wenn sie bereits mumifiziert ist, genau wie er gesagt hat…«
    »Das ist dummes Zeug«, sagte der Prophet.
    »Das habe ich auch geantwortet. Ich habe doch Tantchen, hielt ich ihm entgegen. Worauf er wiederum behauptete, daß sie mich Vater nur abgekauft hat, um ihn zu ärgern, und daß mich meine eigene Familie überhaupt nicht liebt. Was könne ich da schon erwarten…«
    »Euer Vater hat Euch verkauft?«
    »Sozusagen. Er war

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