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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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beeilt Euch!« rief Nicolas' Mutter dem Berittenen vor der Sänfte zu. »Weiter, Maistre, vielleicht rettet Ihr ihn noch!« Der Feldscher mit seinem Gehilfen und seinen Instrumenten hinter dem Sattel trieb seinen knochigen Braunen vor der Sänfte zum Trab an. Das Waffengeklirr klang so, als ob das Duell kurz vor der Entscheidung stünde. Möglicherweise ein Patient, vielleicht zwei oder noch mehr, falls sich die Sekundanten einmischten, wie es oftmals geschah.
    Clarette hatte sich an diesem Morgen in fließenden weißen Musselin gekleidet, ihr dunkles Haar zu zwei Zöpfen geflochten und zu Schaukeln über ihren Ohren befestigt, jedoch so locker und flüchtig, daß sie sich im Augenblick der Anfechtung lösen und ein Bild himmlischer, flehender Weiblichkeit bieten würden, das selbst den hartherzigsten Zuschauer beeindrucken mußte. Als sich die Sänfte dem blutbefleckten Feld der Ehre näherte, stieg sie aus und postierte sich unmittelbar zwischen die berittenen Bogenschützen und die kämpfenden Duellanten, so daß sie einen unverstellten Blick hatte. Dort kniete sie nieder, betete den Rosenkranz und richtete die Augen gen Himmel.
    Doch das Geknurre, der Schweißgeruch und der Klang von Stahl lenkten sie vom Beten ab und bewirkten, daß ihre Augen wieder zur Erde zurückkehrten und den schönsten Schnauzbart aller Zeiten, ein Adlerprofil, einen hinreißend blutbefleckten Ärmel und ein verschwitztes, etwas zerrissenes ärmelloses Wams bemerkten. Und nichts davon gehörte ihrem verwöhnten und verdorbenen Bruder. Es gehörte dem unschuldigen, ritterlichen Jüngling, den ihr sündenbedeckter Bruder in seiner Bosheit umbringen wollte. Plötzlich fühlte sie den fremden Gegenstand in ihrem Mieder, ein grünes Glasfläschchen, das auf sich aufmerksam machte.
    D'Estouville war in Schweiß gebadet und atmete schwer. Sein Gegner schlug sich ungewöhnlich gut für einen Menschen, der nicht von blauem Blut war. Nummer dreizehn würde nicht so einfach werden, wie er es sich gedacht hatte. Das italienische Rapier war in Frankreich eine neue Waffe und eine harte Lehrmeisterin, die die Hiebe alten Stils, in dem alle guten Fechter ausgebildet worden waren, verhöhnte. Es belohnte seinen Besitzer mit blitzschnellen Stößen, listigen Paraden und für den Franzosen neuen, italienischen bottes, der gut gehütete Schatz hinterhältiger fremdländischer Fechtmeister. D'Estouville öffnete beim Angriff mehrfach zu weit, durch seine Hiebe war er unter dem rechten Arm, wenn auch nur für einen Augenblick, ohne Deckung. Doch der Harnisch glich die Schwächen seiner Abwehr aus, er hatte bereits zwei guten Stößen und einer schlauen riposte standgehalten, die an ihm abgeglitten waren, sich in seinem Ärmel verfangen hatten und ihm auf dem rechten Arm eine blutende, jedoch leichte Wunde zugefügt hatten. Er hatte bereits einen niedrigen Hieb – etwas unbeholfen – pariert und eine Wunde über dem linken Knie hinnehmen müssen. Das Knie gab langsam nach, doch er merkte, daß auch Nummer dreizehn sichtlich müde wurde, schwer atmete und die Schwertspitze senkte. Offensichtlich besaß er nicht die Ausdauer eines Soldaten, der täglich übte. Bald hatte er es geschafft. Ein schneller Angriff über die Spitze, diese niederdrücken und dann das Ziel in die Brust treffen, ins Herz. Liebestrank, pah! Bald würde er seine Demütigung in Blut ertränken, und Sibille würde ihm die Füße küssen.
    Doch was sollte dieser letzte, verzweifelte Angriff? Rasch, heftig und nicht gegen seinen Oberkörper gerichtet – nein, wohin? Gegen sein Schwert. Unerhört. Der Kerl war ganz nah aufgerückt, ergriff die Glocke von d'Estouvilles Rapier mit der linken Hand und stellte den rechten Fuß neben den linken des Gegners. Ihre schwitzenden Gesichter waren sich jetzt ganz nahe. D'Estouvilles Griff war fest, und er konnte sein Rapier retten, doch verlor er das Gleichgewicht, als er mit einem heftigen Ruck an der Glocke über den Fuß seines Gegners und über dessen Körper gezogen wurde, dann traf ihn ein Knie unmittelbar auf die Schamkapsel, und er ging zu Boden. Die geheime botte von Maestro Altoni. Nicht elegant, aber ungemein wirksam.
    Als nächstes hörte er den Aufschrei einer Frau, das Gewicht eines Körpers auf seiner Brust trug noch zu seiner Not und Verwirrung bei. Ein Schwertstoß durchs Herz? Nein, es war ein bleiches Mädchen in Weiß, dessen Haar sich gelöst hatte, als sie sich zwischen ihn und die Klinge des Siegers geworfen hatte.
    »Clarette, du

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